2008-01-15 12:31:28

D: Kardinal Lehmann im Interview


RealAudioMP3 Kardinal Karl Lehmann tritt als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz zurück. Aus diesem Grund dokumentieren wir hier noch einmal ein Interview, das unser Mitarbeiter Aldo Parmeggiani im Mai 2006 mit Lehmann über dessen Leben und Denken führte. Anlass war Lehmanns 70. Geburtstag.

Karl Lehmann wurde am 16. Mai 1936 in Sigmaringen als Sohn des Volksschullehrers Karl Lehmann und seiner Frau Margarete geboren. Nach seiner Schulzeit studierte Lehmann zwischen 1956 und 1964 Philosophie und Theologie in Freiburg und Rom. 1963 wurde er in der Ewigen Stadt von Julius Kardinal Döpfner zum Priester geweiht. Karl Lehmann erwarb sich Doktorentitel in Philosophie und Theologie. Als Assistent von Karl Rahner arbeitete er an den Universitäten München und Münster, erlebte aber auch das Zweite Vatikanische Konzil in Rom aus nächster Nähe mit. 1983 wurde Prof. Dr.Dr. Karl Lehmann zum Bischof von Mainz geweiht und vier Jahre später zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gewählt. Ein Amt, das er ununterbrochen bis heute wahrnimmt. 2001 wurde Bischof Karl Lehmann von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt.

*Was ist geschehen? Es wird allgemein wieder von einer Zunahme der Zahl der Katholiken, der Kircheneintritte gesprochen. Handelt es sich um eine Momentaufnahme oder um einen richtigen und wahren Trend?

“Es ist schon bei der schnelllebigen Zeit ein Stück weit die Gefahr, dass es eine Momentaufnahme sein könnte, zumal eine Erneuerung dieses religiösen Interesses nicht automatisch in die Kirche führt. Aber wir haben viele Anknüpfungspunkte: - das Leiden und vorbildliche Sterben von Johannes Paul II., die Art und Weise, wie der jetzige Papst das Amt fortführt, der Weltjugendtag, auch die große Gestalt von Roger Schütz ist noch immer am Horizont und auch die Nachdenklichkeit von Intellektuellen wie Habermas, Pera oder wer immer, weisen in diese Richtung.- Die Frage geht ja bis in die Politik hinein; woher nehmen eigentlich die Menschen die Motive, um größere Änderungen ihres individuellen und ihres kollektiven Lebens bewerkstelligen zu können? Das alles sind so Hinweise, auch vielleicht einzelne Faktoren, wenn man die bündeln kann, dann könnte schon sein, dass dieser Trend nachhaltiger erfolgen wird.“

*Sie kennen die Zeichen der Zeit besser als viele andere Menschen. Was brauchen die Menschen heute, um sich von der Kirche angezogen zu fühlen, sich in ihr womöglich geborgen zu fühlen? Wie stehen die Chancen, dass die Kirche heute wieder zur ersten Adresse wird?

“Die Menschen spüren, dass wir mit vielen Wandlungen unseres gesellschaftlichen und individuellen Lebens rechnen müssen. Vieles wird anders, vieles wird vielleicht auch etwas enger. Es wird uns auch mancher Verzicht abverlangt, und deswegen kommt die Frage schon etwas dringlicher: was macht eigentlich unser Leben überhaupt aus? Was ist der Sinn des Lebens? Man sucht deswegen inmitten dieser Wandlungen auch nach einer verlässlichen Orientierung und da, glaube ich, hat Religion eine neue Chance, zumal man auch sieht, dass es eben Lebensrätsel des Menschen gibt, wie Leid und Tod, aber auch das Glück, - die in einem größeren Zusammenhang gesehen werden müssen.“

*Kommen wir zur Jugend: Da gibt es einerseits ein offenkundiges Desinteresse an kirchlichen Angeboten, eine steigende Zahl junger Menschen, die ohne Bezug zu Glaube und Religion aufwachsen, andererseits eine offene Sinnsuche, eine wachsende Neugierde bei vielen Jugendlichen auf Religion, wie nicht zuletzt der Weltjugendtag in Köln gezeigt hat. Auf den Punkt gebracht: hat die Kirche der Jugend etwas zu sagen und umgekehrt, sagt die Jugend auch etwas der Kirche?

“Beides ist wichtig und richtig. Die Jugend hat der Kirche etwas zu sagen, das würde ich sogar an die erste Stelle setzen. Und die Kirche hat der Jugend etwas zu sagen. Die Jugend hat ja oft heute das Gefühl, sie geht in eine dunkle Zukunft hinein. Umso wichtiger ist es, dass sie einen verlässlichen Sinn in ihrem Leben hat, sodass sie auch weiß: Œes gibt eine Begleitung in meinem Leben. Komme was da wolle¹. Auf der anderen Seite: die Kirche muss immer das Evangelium den einzelnen Generationen verkünden. Das hat nichts zu tun mit einem modischen Sichanpassen, sondern das hat damit zu tun, dass man die Botschaft immer ausrichten muss am konkreten Menschen. Da lernt man eben von dem, was junge Menschen heute als wichtige Dinge in ihrem Leben empfinden. Da kann man von ihnen durchaus lernen, weil sie auch nicht nur alte Werte unter Umständen etwas kritisch beiseite legen, sondern die Jugend entdeckt auch neue Werte. Ich denke, dass die Verantwortung für die Welt und die Schöpfung, die Armut und ihre Not in der Welt, die Ethik auch für die fernen Völker, die Dinge sind, für die junge Leute heute besonderes Interesse empfinden.“

*Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden, Menschenwürde: ethische Grundbegriffe, die zu Schlagwörtern geworden sind. Kann man sagen, dass die Soziallehre der katholischen Kirche zu einem neuen Nachdenken über diese etwas strapazierten Grundbegriffe führen kann?

“Ganz sicher. Ich glaube auch, dass das in mehreren Sprachen jetzt neu erschienene Kompendium der Soziallehre der Kirche mit sehr gut ausgewählten Zeugnissen und Kernstellen aus der Soziallehre eine Hilfe an die Hand gibt. Aber wir spüren auch, dass wir in unserem Zusammenleben viel stärker noch auf diese Grundkräfte angewiesen sind: Zusammenhalt der Generationen, aber auch der Zusammenhalt unter sehr unterschiedlichen Menschen und ihren sehr unterschiedlichen Lebenschancen. Wir haben ja manchmal ein starkes Auseinandergehen von unten und von oben und von verschiedener Schichten und Klassen. Wenn man an die Langzeit-Arbeitslosen denkt, auch unter den Jugendlichen, und auf der anderen Seite auf die immensen Gewinne, die gemacht werden: das darf nicht zu weit auseinandertriften! Insofern ist es ganz wichtig, dass man als Kirche mithilft, damit diese Grundkräfte zusammenbleiben.“

*In Deutschland und in Europa leben heute durch Zuwanderung mehrere Kulturen nebeneinander. Kulturen, in denen verschiedene Wertvorstellungen herrschen. Wie geht die Kirche mit diesen Differenzen um? Welche Gefahren aber auch welche Chancen können sich daraus ergeben?

“Die Kirche musste sich ja immer schon zurechtfinden. Wenn sie wirklich Weltkirche ist. Sodass verschiedene Kulturen, verschiedene Sprachen, verschiedene Menschen in ihr wirklich zu Hause sind. Deswegen ist es ja schon eine gewisse Sensation, wenn zum Beispiel die Bibel zwar in griechischer und hebräischer Sprache geschrieben ist, auch andere Kulturräume und Sprachen wie die lateinische, die romanische, die germanische, die slawische Sprache sozusagen erobert hat. Wir sind eigentlich nie an eine bestimmte Kultur oder an eine bestimmte Form der Gesellschaft gebunden. Das ist ja auch das wirklich Katholische: dass es für alle ein Heimatrecht gibt. Natürlich gibt es auch Probleme. Es ist zwar schnell gesagt: in der Kirche gibt es keine Ausländer. Wenn man aber richtig in unsere Gemeinden hineinschaut, dann tun sich die Leute, mit allem, was fremd ist und fremd erscheint, schwer. Wir müssen für die sogenannte Integration mehr leisten. Dazu gehört auch, dass wir viel mehr besorgt sind, dass die Menschen wenn sie bei uns länger bleiben zunächst einmal unsere Sprache lernen. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird das eine ganz wichtige Frage werden: Dass wir uns hier stärker öffnen. Das steht nicht im Widerspruch dazu, dass wir uns auch etwas mehr Gedanken machen und uns programmatisch fragen müssen, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Man spricht in Deutschland zur Zeit von einer Leitkultur. Es ist kein ungefährliches Wort. Weil auch Platz sein muss für andere Kulturen, die nicht untergeordnet, unterbewertet werden dürfen.“

*Weltweit gesehen: bringt die Globalisierung die Kulturen einander näher oder besteht die Gefahr eines Kulturkampfes zwischen den verschiedenen Gesellschaftssystemen und Religionen?

“Auch wenn gerade in letzter Zeit viele neue Spannungen entstanden sind, ob das der Karikaturenstreit ist oder andere Ereignisse wie die Todesstrafe für einen konvertierten Muslim in Afghanistan, so glaube ich selber nicht an einen Zusammenstoß in einem militärischen Sinne. Manche Fachleute sind der Meinung, dass für den islamistischen Fundamentalismus vielleicht sogar ein gewisser Zenith schon überschritten sein könnte. Sicher bin ich mir nicht. Sorgen mache ich mir eher darüber, dass eine relative Minderheit Millionen von Menschen manipuliert und auf die Strasse bringen kann. Aber ich glaube nicht an einen Crash der Kulturen.“

*Ihr Wahlspruch lautet:“State in fide“ Steht fest im Glauben. War und ist dieser Leitspruch auch heute noch der Schlüssel zu Ihrem Suchen und Finden?

“Ich glaube, dass man den Glauben immer wieder vertiefen muss, denn bleiben kann man im Glauben nur, wenn man ihn vertieft. Das ist unbedingt notwendig. Ich glaube, dass der Mensch, selbst wenn er durch eine Zeit geht, wo ihm der Glaube schwer fällt, ihm dann doch treu bleibt. Für die große christliche Tradition war es immer auch selbstverständlich, dass der Mensch manchmal auch durch die Nacht geht, durch die Wüste, dass Gott auch manchmal den Menschen verborgen bleiben kann. Gott suchen ist ein ganz entscheidender Auftrag im alten Testament und auch in der Mystik, sodass ich sagen würde: Steht fest im Glauben ist eine notwendige Ermutigung für mich.“

*Zu Ihrem 70. Geburtstag eine ganz besondere Frage: Die Frage nach dem Glück. Sie haben darüber gerade einen Essay geschrieben. Sagen Sie uns Herr Kardinal, was ist das, wonach sich alle Menschen sehnen? Was ist das Glück?

“Das ist zunächst einmal die Erfüllung der verschiedenen Sehnsüchte des Menschen. Man möchte eine Erfüllung haben, die bleibt, und die einem nicht wieder genommen werden kann. Man weiß ja auch um das Zufällige und das Okkasionelle des Glücks. Schon der Heilige Augustinus sagt in einer seiner Schriften: es gäbe zu seiner Zeit 188 verschiedene Definitionen von Glück! Wenn es in dieser Zeit damals schon eine solche Vielfalt gegeben hat, um wieviel mehr haben wir heute eine unglaubliche Bandbreite des Glückverlangens. Mir kommt es darauf an, dass man das Œkleine¹ Glück des Menschen nicht schlecht redet: Wenn einer am Abend im Alltag seines Lebens zufrieden sein kann, wenn er Freude hat an Kindern, wenn er Freude hat am Gelingen seiner Arbeit, wenn er getragen wird von der Liebe in einer Familie und in einer Ehe, dieses kleine Glück ist für die allermeisten Menschen zunächst der Boden, wo sie Glück erfahren. Und wenn dieses Glück gut ist, dann kann es auch helfen, das große Glück zu erfahren: nämlich dass wir nicht mehr enttäuscht werden, dass wir nicht nur glücklich sind für den Moment, sondern selig für immer.“

* Hatten Sie in Ihrer Jugend einmal den Wunsch, etwas anderes zu werden? Sie sind ein bedeutender Kirchenmann geworden, aber hatten Sie noch andere Ziele vor Augen?

“Ja, ich habe bis ein halbes Jahr vor dem Abitur noch nicht gewusst, dass ich Priester werden will. Ich wusste, dass ich einen Beruf ausüben möchte mit zwei Zielen: ich wollte erstens konkret mit Menschen zusammenarbeiten, mein Vater war Zeitlebens ein begeisterter Lehrer, davon habe ich also irgendwo etwas mitbekommen. Und zweitens wollte ich einen Beruf ausüben, wo es um die Sinnfragen des Menschen geht: woher kommt der Mensch, wohin geht der Mensch, was ist mit dem Leib, was ist mit der Seele? Wie wird der Mensch glücklich? Ich hatte einen wunderbaren Lehrer in Deutsch und Philosophie und Französisch. Von dem habe ich über diese Fragen fast mehr gelernt, als in der Religion allein. Ich hätte also auch Philosophie studieren können, Lehrer werden können. Aber eines Tages hatte ich den Eindruck: diese beiden Dinge, Menschennähe und Sinnfrage kannst du vielleicht am besten erreichen, wenn du Priester wirst.“

* Sie sind nicht nur Theologe, Wissenschaftler und Hochschullehrer und Philosoph, Sie sind auch ein Mann der schönen Künste: Welche Form der Kunst liegt Ihnen, Ihrem Wesen am nächsten? Literatur, Musik, Malerei, Theater?

“Also leider ist im Alltag für diese schönen Dinge zu wenig Zeit, aber ich lese gerne, auch wenn ich Abends müde bin, noch eine Gedicht. Ich lese gerne gut geschrieben Historie, Gott sei Dank haben wir heute Historiker, die gut schreiben können, ich erfreue mich ganz besonders an gelungener Malerei und Plastik, ich bin da kein Spezialist, auf diesem Gebiet freue ich mich, ein Laie sein zu dürfen, ich gehe auch ab und zu gerne ins Theater. Kirche und Kultur haben immer eng zusammengehört. Das darf man auch heute nicht auseinander sprengen.“

* Muss im Leben eigentlich alles mit Vernunft hinterfragt werden oder gibt es etwas, das einfach ohne kritische Nachfrage angenommen werden kann?

“Für mich ist beides wichtig: für mich ist wichtig, dass man ein Fundament hat, auf dem man steht, was den ganzen Menschen angeht. Das sind die Emotionen, das ist die Vernunft, das ist der Wille, das ist das Handeln, Dazu gehört von Kindheit an schon das, was die Psychologie in unserer Zeit das Urvertrauen des Menschen nennt. Ich brauche eine Urzuversicht zum Leben, einJa zum Leben. Das ist ein Geschenk, wenn man als Mensch immer wieder dieses JaSagen behalten kann. Trotz gegenteiliger Erfahrungen. Für mich ist wichtig, dass das nicht nur so ein Gefühl aus dem Bauch heraus ist, dass das einfach nicht nur Lebensinstinkt ist, sondern dass man das auch begründen kann. Dass man anderen Auskunft geben kann, was einem trägt. Alles, was mir wichtig ist, möchte ich auch, dass andere es kennen lernen. Deshalb gehört für mich das Begründen und das Verstehen zum Menschen.“

* Sie haben viele wichtige Auszeichnungen erhalten, weltweit. Unter anderem auch den Orden wider den tierischem Ernst. Für einen Kardinal nicht alltäglich. Welchen Stellenwert messen sie dem Humor bei?

“Ich bin eigentlich kein so witziger Mensch. Deswegen wundere ich mich selbst, dass ich so einen Orden bekommen habe. Aber wichtig ist für mich, dass man lachen kann. Richtig lachen können, setzt schon auch voraus, eine richtige Distanz zu den Dingen zu haben. Setzt voraus, dass man eine gewisse Distanz hat zu den Dingen im Leben, dass man sich nicht verkrallt in einzelnen Dingen, von denen man nicht mehr los kommt. Insofern ist eine Leichtigkeit des Daseins notwendig, die man glaube ich am Ende doch nur hat, wenn man weiß, ja, ich sag¹s Mal mit der Bibel: Gott ist größer als unser Herz.Und das schenkt uns denk ich mir ein Vertrautsein mit den Dingen, das gibt uns aber auch eine Distanz, wo man dann auch selbst Mal über sich lachen kann.“

*Zu Ihrer Biografie gehört auch Ihr besonderes Verhältnis zum Vatikan. Wie fühlt sich ein Bischof, wenn er in Rom manchmal eine andere Haltung vorfindet, als die eigene? Ich spreche hier etwa Ihre Position zu den Themen Kommunion an Wiederverheiratete, die Schwangerenberatung, Domus vitae an, die seinerzeit als Hindernis für Ihre dann später erfolgte Kardinalswürde interpretiert wurde.

“Für mich liegt das sehr viel tiefer. Ich habe in den Jahren 1957 bis 1964 in Rom studiert. Ich habe den Aufbruch hin bis zum 2. Vatikanischen Konzil als junger Mensch mitbekommen. Der Aufbruch war genau so wichtig wie das Konzil selber. Ich habe das Glück gehabt, dass ich dann ein Jahr lang Pius XII., die ganze Zeit von Johannes XXIII., Paul VI. und so fort erleben konnte. Dadurch, dass ich Assistent wurde bei Karl Rahner, habe ich auch das Glück gehabt, dass ich vom Konzil etwas mehr mitbekommen konnte, aus einer gewissen Nähe, wenn auch nicht aus einer intimen Kenntnis. Von da aus gesehen, hat sich mein Verständnis von Theologie und von Kirche von Anfang an an der Weltkirche orientiert, zu der der Papst ganz zentral gehört. Wenn es deswegen gelegentlich einmal ich würde es gar nicht Konflikte, sondern Meinungsverschiedenheiten nennen gegeben hat über die Gestaltung einzelner Fragen und Probleme, dann darf das den ganz fundamentalen Konsens, den ich mit der Kirche, den ich mit den Päpsten, den ich mit den Verantwortlichen in Rom habe, nicht verdecken. Das wäre einfach gar nicht wahr. Für die Medien sind natürlich nurschlechte¹ Nachrichten interessant, deswegen steht das immer wieder im Vordergrund. Ich war mir aber etwa bei der Schwangerenberatung oder bei der Frage Geschiedene-Wiederverheiratete immer klar, dass wir einen Vorschlag machen, dass wir aber nicht letztgültig entscheiden über diesen Vorschlag. Und dass ich auch weiß, dass man uns Einwände machen kann. Deswegen habe ich auf jeder Pressekonferenz vor den endgültigen Entscheidungen immer wieder gesagt, ich weiß auch, dass anders entschieden werden könnte, als ich es selber sehe. Aber ich empfand es auch als meine Aufgabe und meine Sendung, bestimmte Dinge, die den Menschen auf den Nägeln brennen, zu Bewusstsein zu bringen, also Vorschläge zu machen. Und ich bin auch sehr gut damit gefahren. Der verstorbene Papst und auch der jetzige Papst haben mir es nie übel genommen, dass ich Freiheit und Respekt schließlich auch im Gehorsam gesucht habe, aber auch die Entscheidung angenommen habe. Beides zusammen gehört für mich zur richtigen Kirchlichkeit.“

*Die Kirche gibt dem Gewissen eine Stimme. Dieser bildhafte Ausspruch klingt wie ein Fanal und stammt aus einer Ansprache von Papst Benedikt XVI., vor wenigen Tagen. Welche Stimme muss oder soll dieses Gewissen im Neuen Jahrtausend haben?

“Das Gewissen ist so sagt das 2. Vatikanische Konzil einmal ist das Heiligtum des Menschen. Ohne Gewissen, ohne einen ethischen Kompass in unserem Leben, können wir uns in dieser Welt noch weniger zu Recht finden, als je. Und deswegen ist die Pflege des Gewissens, das Wachrütteln des Gewissens, das Schärfen des Gewissens, eine ganz wichtige Aufgabe der Kirche. Das Gewissen ist zwar unvertretbar. Keiner kann an meiner Stelle entscheiden, wenn es um das Gewissen geht. Keine Autorität in der Welt kann das. Ich finde es großartig, dass es in der Geschichte der Kirche und in der Geschichte des Denkens so ist, dass auch ein irriges Gewissen bindet. Und das die Kirche sich dazu stellen konnte. Thomas von Aquin hat gesagt: Auch ein irriges Gewissen bindet. Das zeigt, wie hoch man das Gewissen als Heiligtum des Menschen eingeschätzt hat. Aber auch im Gewissen ist man nicht ein Robinson im Meer der Welt. Sondern, da muß man sich orientieren, sensibel werden. Deswegen gibt es die zehn Gebote. Deswegen gibt es viele andere Gesetze ich sage nicht so gern Gesetze, das Wort hat einen schlechten Klang aber im Alten Testament sind alle Gesetze Weisungen, Pfade zum Leben, und nicht einfach nur Verbote. Das braucht man, um auch das Gewissen, gerade auch in seiner Einmaligkeit nicht verkommen zu lassen. Auch das Gewissen muss sich orientieren, auch das Gewissen braucht Leuchttürme, dann erst kann es auch wirklich gelingen, einen einmaligen Spruch des Gewissens zu vollziehen.“

… Zum Schluss dieses Gesprächs, vielleicht die allerwichtigste Frage: Worin besteht das bleibende Geheimnis Gottes?

“Das bleibende Geheimnis Gottes besteht für mich darin, dass Er immer frischer und immer reicher ist, als alles was in unserem Leben auf uns zukommt und was uns vielleicht manchmal im Augenblick etwas behext und einnimmt. Zu wissen, besonders um Gottes Liebe zum Menschen, dass Er besonders durch seinen Sohn zu den Menschen gesprochen hat, das kann nicht überholt werden. Da bin ich also in dem Sinne konservativ, dass ich sage: Jesu Leben, sein Wort und sein Werk sind das Äußerste und das unwiederholbare Zeichen Gottes für die Welt. Und dafür sich einzusetzen, ist ein Leben wert.“







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