Kenias Kirchen und
Religionsgemeinschaften haben sich als Vermittler zwischen den politischen Lagern
von Mwai Kibaki und Herausforderer Raila Odinga angeboten. Der umstrittene Präsident
Kibaki lehnte externe Interventionen bisher ab. In ihrer Erklärung „Meinen Frieden
gebe ich euch“ hat die katholische Bischofskonferenz zum Jahresbeginn Politiker und
Bürger beschworen, sich für Versöhnung, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit einzusetzen.
Eine unabhängige Untersuchung des Wahlergebnisses forderte der Generalsekretär des
Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Samuel Kobia. Die Lage in Kenia ist „sehr
sehr ernst“, sagt Kobia, gebürtiger Kenianer gegenüber Radio Vatikan.
„Die
Situation ist schwierig und fordert den Einsatz aller, die in irgendeiner Weise Einfluss
nehmen können auf Raila Odinga und Mwai Kibaki, damit sie einlenken und sich an den
Verhandlungstisch begeben. Ich hoffe wirklich auf einen Dialogprozess und Verhandlungen
zwischen diesen beiden politischen Führungskräften.“
Wie kann Kenia diese
scheinbar ausweglose Situation überwinden? „Es wäre falsch, von
,es gibt kein Zurück mehr’ zu sprechen. Ich würde vielmehr sagen: Wir sind am Ende.
Und das macht die Lage so kritisch. Politiker und ihre Art der Regierungsführung müssen
genau überprüft werden, denn in erster Linie braucht es jetzt Politiker, die erhaben
sind über politische Vetternwirtschaft und ethnische Zugehörigkeiten.“
Die
Kirchen und Religionsgemeinschaften Kenias machen sich seit jeher in Flüchtlingslagern
und den Slums der Großstädte stark. Jetzt drängen sie die Politiker nach friedlichen
Lösungen zu suchen. Welchen Einfluss haben die Kirchen? „Die Kirchen
in Kenia spielen eine sehr wichtige Rolle. Christen stellen die Mehrheit der Bevölkerung,
ausgenommen in Nordostkenia und einigen Küstenregionen, wo überwiegend Moslems leben.
Ich habe kirchliche Entscheidungsträger dazu aufgerufen, in diesem kritischen Augenblick
für unser Land über ihre ethnische Zugehörigkeit hinauszuwachsen und das Land vor
einer Katastrophe zu bewahren. Leider gibt es im Moment viele Kirchenführer, die dafür
bekannt sind, dass sie voll hinter den politischen Führern ihrer jeweils eigenen Volksgruppe
stehen. Ich glaube, wir dürfen darum mit unseren Appellen nicht müde werden, dass
Kenia jetzt an einem Punkt sein müsste, an dem die Leute sagen: Stellen wir alles
andere zurück. Wir müssen zuerst die Gewalt stoppen, Frieden herstellen und den Weg
zu Versöhnung und Heilung einschlagen. Ich sehe niemanden in Kenia, der diese Rolle
so gut spielen könnte wie die Kirchenführer.“
Glauben Sie an eine friedliche
Zukunft für Kenia? „Ich denke, dass die Kenianer die Fähigkeit besitzen,
das Feld zurückzuerobern, das wir in den gewalttätigen Auseinandersetzungen nach den
Wahlen verloren haben. Wir brauchen den politischen Willen dazu. 1990/1991 haben wir
eine ganz ähnliche Situation erlebt; die ethnischen Konflikte vor allem im Rift Valley
haben uns politische und kirchliche Führer zusammengeführt. Ich war damals Generalsekretär
der Methodisten in Kenia, und wir haben mit der katholischen Kirche zusammengearbeitet.
Ich denke, dass wir viel dazu beigetragen haben, dass die Bevölkerung zu einem vereinten
und friedvollen Weg gefunden hat. Aufgrund dieser Erfahrung glaube ich daran, dass
in Kenia Frieden wieder möglich ist.“
Eine Delegation des Weltrats will
in den kommenden Wochen Kenia besuchen, um den Kirchen vor Ort ihre Solidarität zu
zeigen. Er bestärkte vergangene Woche Kenias Bischöfe in ihrem Bemühen, den „brudermörderischen
Konflikt“ zu beenden. Die Politiker sollten auf den „Weg der Gerechtigkeit und des
Friedens“ zurückkehren und schnellstmöglich die Gefahr eines ethnischen Krieges
bannen.