Papst Benedikt XVI.
hat am Montagvormittag die Mitglieder des Diplomatischen Corps empfangen. Traditionell
nutzt der Papst seine Nejahrsansprache an die Vertreter der am Heiligen Stuhl akkreditierten
Länder, um eine politische „Tour d’Horizon“ zu machen.
„Diplomatie ist in
gewisser Weise die Kunst der Hoffnung. Sie lebt von der Hoffnung und versucht, selbst
kleinste Zeichen dieser Hoffnung zu entdecken.“
So Papst
Benedikt XVI. an die Botschafter der 174 Staaten, mit denen der Heilige Stuhl diplomatische
Beziehungen unterhält. Im ersten Teil lenkte der Papst seinen Blick auf die fünf Kontinente.
Einen Schwerpunkt setzte Benedikt auf die Situation im Nahen Osten. Er lobte
die Ergebnisse der Friedenskonferenz in Annapolis (USA) und appellierte an Israelis
und Palästinenser, ihre Friedensbemühungen zu intensivieren. Mit Blick auf den Irak
unterstrich der Papst die Dringlichkeit von Versöhnung.
„Es ist offensichtlich,
dass in gewissen politischen Fragen der Knoten noch gelöst werden muss. In diesem
Rahmen muss eine Verfassungsreform besonders die Rechte der Minderheiten schützen.
Es besteht ein großer Bedarf an humanitärer Hilfe für die vom Krieg betroffene Bevölkerung;
ich denke besonders an die Flüchtlinge im Inneren des Landes, unter denen zahlreiche
Christen sind. Ich appelliere an die internationale Gemeinschaft, sich großzügig zu
zeigen gegenüber ihnen und gegenüber den Ländern, in die sie geflohen sind, denn die
Aufnahmekapazitäten dieser Länder sind erschöpft.“
Der Papst lenkte den
Blick außerdem auf Lateinamerika und erwähnte hier besonders Kuba, wohin vor
zehn Jahren Papst Johannes Paul II. gereist war. Die Völker Lateinamerikas sollten
verstärkt zusammenarbeiten und die Spannungen im Innern der Länder überwinden. In
diesem Zusammenhang erwähnte er die Naturkatastrophen in Mexiko, Peru und Mittelamerika,
aber auch in Bangladesh und Ozeanien. Hier sei ein gemeinsames und starkes Engagement
notwendig, denn das Maß der Menschlichkeit zeige sich in seinem Umgang mit dem Leid
und dem Leidenden (Spe Salvi 38).
Neben den Krisenherden in Asien, wo
der Papst besonders Pakistan, Afghanistan, Sri Lanka und Burma nannte, wies Benedikt
mit Blick auf Afrika vor allem auf die prekäre Situation in Darfur hin, die
ihn mit „tiefem Schmerz“ erfülle. Der Papst lancierte Friedensappelle an die Konfliktpartner
in Somalia, im Kongo, in Kenia und Äthiopien.
In Europa erwähnte Benedikt
lobend die Fortschritte auf dem Balkan. Für den Kosovo müsse allerdings noch ein definitiver
Status gefunden werden. Sein Besuch in Österreich im vergangenen Jahr sei Ausdruck
des Beitrags der katholischen Kirche, am „Haus Europa“ mitzubauen. Der EU-Vertrag
von Lissabon sei hierfür eine wichtige Etappe. Allerdings dürfe Europa seine christlichen
Wurzeln nicht verneinen.
Den ersten Teil seiner Rede schloss Benedikt mit einer
Reflektion über menschliche Freiheit. Diese sei nicht absolut:
„Sondern
es handelt sich um ein Gut, das miteinander geteilt wird, und für das alle Verantwortung
tragen. Daher sind Ordnung und Recht die Garanten dafür. Aber das Recht ist nur dann
eine wirksame Kraft des Friedens, wenn ihre Fundamente fest im Naturrecht verankert
sind, das vom Schöpfer gegeben ist. Auch deswegen darf man niemals Gott aus dem Horizont
der Menschen und der Geschichte ausschließen. Der Name Gottes ist ein Name der Gerechtigkeit;
er stellt einen dringenden Appell zum Frieden dar.“
Im zweiten Teil seiner
Rede an die Diplomaten setzte Benedikt die Schwerpunkte auf die Bedeutung des interreligiösen
und interkulturellen Dialogs, auf den Schutz der Menschenrechte und des Lebens und
auf die Bewahrung von Frieden und Sicherheit. Der Vatikan messe der UNO-Initiative
zum Dialog zwischen den Religionen und Kulturen eine sehr hohe Bedeutung bei:
„Um
echt zu sein, muss dieser Dialog klar sein und Relativismus und Synkretismus vermeiden,
und er muss von einem ehrlichen Respekt für die anderen und einem Geist der Versöhnung
und der Brüderlichkeit beseelt sein. Die katholische Kirche engagiert sich hierin
sehr intensiv, und gerne möchte ich erneut den Brief erwähnen, den mir am 13. Oktober
138 muslimische Persönlichkeiten geschrieben haben und meine Dankbarkeit für die edlen
Gedanken in dem Brief ausdrücken.“
Die Kirche stehe am Dienst an den Menschenrechten,
die nicht nur verkündet, sondern auch umgesetzt werden müssten. Das bedeute besonders
den Schutz des menschlichen Lebens:
„Ich kann nicht anders, als wieder
einmal die ständigen Angriffe auf das menschliche Leben auf allen Kontinenten zu beklagen.
So möchte ich, gemeinsam mit vielen Forschern und Wissenschaftlern, daran erinnern,
dass die neuen Möglichkeiten der Bioethik uns keineswegs vor die Wahl „Wissenschaft
oder Moral“ stellen - sondern sie verlangen vielmehr einen moralischen Gebrauch der
Wissenschaft.“
Positiv erwähnte positiv Benedikt das Moratorium der UNO-Vollversammlung
vom 18. Dezember zur Abschaffung der Todesstrafe. Bedauern äußerte er über
die Bedrohung der auf die Ehe von Mann und Frau gegründeten Familie. Ein wesentliches
Menschenrecht sei außerdem die Religionsfreiheit, die nicht an allen Orten
gegeben sei. „Der Heilige Stuhl verteidigt sie und fordert ihre
Respektierung gegenüber allen. Er ist besorgt über die Diskriminierungen von Christen
und von Anhängern anderer Religionen.“
Frieden
sei keine illusorische Hoffnung, sondern eine Lebensweise, in der alle Menschen Zugang
haben zu den Grundgütern wie Nahrung, Wasser und Energie. Daher sei „Entwicklung ein
neuer Name für Frieden, sagte der Papst, eine Formulierung Pauls VI. aufgreifend.
Daher müssten die reichen Länder die Fortschritte vieler Entwicklungsländer im vergangenen
Jahr unterstützen.
Die internationale Staatengemeinschaft forderte das Kirchenoberhaupt
auf, sich gemeinsam für Sicherheit einzusetzen und Terroristen am Zugang zu
Massenvernichtungswaffen zu hindern. Er begrüßte das Einlenken Nordkoreas im Streit
um sein Atomprogramm und appellierte an die Staaten, konventionelle Waffen abzubauen
und das Problem der Streubomben anzugehen.