Zum ersten Mal in
der 477-jährigen Geschichte der Jesuiten tritt ein Ordens-General zu Lebzeiten zurück.
Am Montag kommt die General-Kongregation des größten katholischen Männerordens zusammen,
um den Verzicht des nach 24 Dienstjahren amtsmüden Niederländers Peter Hans Kolvenbach
(79) anzunehmen und einen Nachfolger zu bestimmen. Die Wahl des Nachfolgers wird auch
die Marschrichtung des Jesuitenordens insgesamt bestimmen, sagt Pater Kolvenbach:
„Wenn
sie den einen oder anderen aus den Tausenden von Jesuiten wählt, die es werden könnten,
damit sagt die Gesellschaft Jesu, was sie sich für die Zukunft erhofft: einen Prophet
oder einen Weiser, einen Erneuerer oder einen Maßhalter, einen Kontemplativen oder
einen Aktiven, einen der auf den Punkt bringt oder einen, der die Einheit sucht.“
Gewählt wird der „Schwarze Papst“ nach einem konklaveähnlichen Modus hinter
verschlossenen Türen – ohne Kandidatenliste, Fraktionen oder Wahlkampf. Ganz im Sinne
der ignatianischen Spiritualität gehen die Delegierten von den Herausforderungen der
Wirklichkeit aus:
„De facto beginnt die Kongregation mit einer Bewertung
der gegenwärtigen Situation, mit einer Unterscheidung, was in der Gesellschaft hell
und was eher dunkel ist in ihrem Dienst an Kirche und Welt. Und von dieser Bewertung
muss der Funke ausgehen: Schaut, das ist der Jesuit, den wir brauchen, um auf dem
Weg Gottes zu gehen.“
Möglich geworden ist die Neuwahl durch eine Dispens
des Papstes. Denn eigentlich wird Jesuitengeneral auf Lebzeiten gewählt. Benedikt
XVI. signalisierte Verständnis für den Wunsch des amtsmüden Niederländers. Im Grundsatz
beließ er es aber bei den Ordens-Statuten, die eine lebenslängliche Dienstzeit des
Jesuiten-Generals vorsehen.
Eine bleibende Priorität des Ordens bleibt die
Mission in China, schon ganz zu Beginn waren Jesuiten wie Franz Xaver und Matteo Ricci
nach China gegangen, um Christus mit der Sprache der chinesischen Kultur und Mentalität
zu verkünden. Ein gelungenes Beispiel von Inkulturation, so Kolvenbach.
„Diese
Tradition drängt uns, unseren Blick nicht von der chinesischen Welt abzuwenden. Tatsächlich
hat die Gesellschaft nie auf den Wunsch verzichtet, dem chinesischen Volk in seinen
geistlichen Hoffnungen zu dienen und den Obersten Lehrer zu verkünden, den die Chinesen
in der edlen Figur ihrer Philosophen erkennen.“
Als die Jesuiten 1949 aus
China vertrieben wurden, blieben viele von ihnen in Nachbarländern und warteten auf
einen guten Augenblick, um auf ihren Platz zurückzukehren. Zahlreiche junge Jesuiten
haben chinesisch gelernt und hoffen, dass sich eines Tages die Türen Chinas wieder
öffnen.
„Für die Gesellschaft Jesu ist – abgesehen von einer gegenwärtig
mäßigen Präsenz in China – immer noch Wartezeit. Wir warten darauf, dass die Bemühungen
des Heiligen Stuhls um diplomatische Beziehungen zu China uns erlauben, zu einer Sendung
zurückzukehren, die so sehr mit der Geschichte der Gesellschaft Jesu verbunden ist.“
Um
den 19. Januar dürfte die Entscheidung fallen, über die als Erstes der Papst informiert
wird. Erst nach dessen Placet veröffentlicht die Gesellschaft Jesu den Namen.