Die Kirche verkündet nicht ein fernes, zukünftiges Heil, sondern die verborgene Gegenwart
Christi in der Welt. Das hob P. Raniero Cantalamessa OFM Cap. am Freitagvormittag
während seiner zweiten Adventpredigt in der Kapelle Redemptoris Mater des Apostolischen
Palastes vor. Vor Papst Benedikt XVI. und den Mitarbeitern der Römischen Kurie
ging der Prediger des Päpstlichen Hauses zunächst auf Johannes den Täufer ein, der
eine neue Ära der prophetischen Rede eingeleitet habe: jene der Kirche, die in Christus
das nahe Heil erkennt, das alle erreichen können. Sie verfüge auch über die entsprechenden
Mittel zu diesem Heil, die Sakramente oder „Heilsmittel“. (zenit 15.12.2007 mg)
Hier
die Zweite Adventspredigt (Übersetzung von Zenit)
Freut
euch, der Herr ist nahe Wir wol len bei unserer Betrachtung von den Worten
ausgehen, mit denen Jesus im Evangelium die Jünger des Johannes des Täufers hinsichtlich
der Tatsache beruhigt, dass er der Messias ist: „Den Armen wird das Evangelium verkündet.“
Das Evangelium ist eine Botschaft der Freude: Dies verkündet die Liturgie des dritten
Adventsonntags, der nach den Worten des Paulus im Eröffnungsvers den Namen „Gaudete-Sonntag“
angenommen hat: „Sonntag der Freude“. Die erste Lesung aus dem Buch des Propheten
Jesajas ist ein einziger Hymnus an die Freude: „Die Wüste und das trockene Land sollen
sich freuen, die Steppe soll jubeln und blühen… Jubeln soll sie, jubeln und jauchzen…
Ewige Freude ruht auf ihren Häuptern. Wonne und Freude stellen sich ein, Kummer und
Seufzen entfliehen.“ Alle wollen glücklich sein. Könnten wir uns die ganze Menschheit
in den Blick nehmen, mit ihren tiefsten Anliegen, s o würden wir eine unendliche Schar
vor uns haben, die sich um einen Obstbaum sammelt, sich auf die Zehenspitzen stellt
und die Arme in der Hoffnung ausstreckt, eine Frucht zu ergatten, die allerdings jedem
entflieht. Das Glück, so sagte Dante, ist „die süße Frucht, die auf so vielen Zweigen
/ der Sterblichen Bemühung pflegt zu suchen -quel dolce pomo che per tanti rami /
cercando va la cura dei mortali“ (Fegefeuer, XXVII, 115 – 116): jene süße Frucht,
die der Mensch in den Zweigen des Lebens zu erlangen trachtet. Wenn aber alle das
Glück suchen, warum sind dann so wenige wirklich glücklich? Und warum sind jene, die
tatsächlich glücklich sind, es nur für so kurze Zeit? Ich glaube, dass der Hauptgrund
darin besteht, dass wir beim Aufstieg zum Gipfel des Glücks den falschen Weg einschlagen
– jenen, der nicht zum Gipfel führt.
Die Offenbarung sagt: „Gott ist die
Liebe.“ Der Mensch aber meinte, diesen Satz umkehren und sagen zu können: „Die Liebe
ist Gott“ (Diese Aussage ist von Feuerbach). Die Offenbarung sagt: „Gott ist das Glück.“
Der Mensch kehrt erneut die Ordnung um und sagt: „Das Glück ist Gott!“ Was aber geschieht
damit? Auf Erden kennen wir nicht das Glück in seinem reinen Zustand, ebenso wenig
wie wir die absolute Liebe kennen; wir kennen nur Bruchstücke des Glücks, die oft
nur vorübergehende Trunkenheit der Sinne sind. Wenn wir deshalb sagen: „Das Glück
ist Gott!“, so vergöttlichen wir unsere kleinen Erfahrungen; wir nennen „Gott“, was
Werk unserer Hände oder unseres Geistes ist. Wir machen aus dem Glück ein Götzenbild.
Dies erklärt, warum der, der Gott sucht, immer die Freude findet, während der, der
die Freude sucht, nicht immer Gott findet. Der Mensch begnügt sich damit, das Glü
;ck im quantitativen Sinn zu suchen und geht daher immer intensiveren Leidenschaften
und Emotionen nach oder er fügt der einen Lust noch eine andere hinzu - wie der Drogensüchtige,
der eine immer höhere Dosis braucht, um denselben Grad an Wohlgefühl zu erreichen. Nur
Gott ist und macht glücklich. Deshalb sagt der Psalm: „Suche die Freude im Herrn,
er wird die Wünsche deines Herzens erfüllen“ (Ps 4). Mit ihm bewahren auch die Freuden
des gegenwärtigen Lebens ihren süßen Geschmack und werden nicht zu Ängsten, und zwar
nicht nur die geistlichen Freuden, sondern auch jede ehrliche menschliche Freude:
die Freude, seine Kinder großzuziehen; die Freude über die glücklich zu Ende gebrachte
Arbeit; die Freude über die Freundschaft, die wieder gewonnene Gesundheit, die Kreativität,
die Kunst, die Entspannung mitten in der Natur.
Nur Gott allein vermochte
den Lippen eines Heiligen jenen lauten Ausruf zu entlocken: „Es reicht mit der Freude,
o Herr. Mein Herz kann nicht noch mehr aufnehmen.“ In Gott findet sich all das, was
der Mensch gewöhnlich mit Glück verbindet, aber noch unendlich mehr. Denn „wir verkündigen,
wie es in der Schrift heißt, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem
Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn
lieben“ (1 Kor 2,9). Es ist an der Zeit, mutiger die „Frohbotschaft“ zu verkünden,
dass Gott das Glück ist und dass das Glück – nicht das Leid, die Entsagung, das Kreuz
– das letzte Wort haben wird. Dass das Leid nur dazu dient, die Hindernisse zum Glück
aus dem Weg zu räumen und die Seele zu weiten, damit sie eines Tages für das größtmögliche
Maß an Freude empfänglich ist. [ZENIT-Übersetzung des italienischen
vom Autor z ur Verfügung gestellten Originals]