2007-12-15 12:12:09

Vatikan: Zweite Adventspredigt


Die Kirche verkündet nicht ein fernes, zukünftiges Heil, sondern die verborgene Gegenwart Christi in der Welt. Das hob P. Raniero Cantalamessa OFM Cap. am Freitagvormittag während seiner zweiten Adventpredigt in der Kapelle Redemptoris Mater des Apostolischen Palastes vor.
Vor Papst Benedikt XVI. und den Mitarbeitern der Römischen Kurie ging der Prediger des Päpstlichen Hauses zunächst auf Johannes den Täufer ein, der eine neue Ära der prophetischen Rede eingeleitet habe: jene der Kirche, die in Christus das nahe Heil erkennt, das alle erreichen können. Sie verfüge auch über die entsprechenden Mittel zu diesem Heil, die Sakramente oder „Heilsmittel“.
(zenit 15.12.2007 mg)

Hier die Zweite Adventspredigt (Übersetzung von Zenit)

 
Freut euch, der Herr ist nahe
Wir wol len bei unserer Betrachtung von den Worten ausgehen, mit denen Jesus im Evangelium die Jünger des Johannes des Täufers hinsichtlich der Tatsache beruhigt, dass er der Messias ist: „Den Armen wird das Evangelium verkündet.“ Das Evangelium ist eine Botschaft der Freude: Dies verkündet die Liturgie des dritten Adventsonntags, der nach den Worten des Paulus im Eröffnungsvers den Namen „Gaudete-Sonntag“ angenommen hat: „Sonntag der Freude“. Die erste Lesung aus dem Buch des Propheten Jesajas ist ein einziger Hymnus an die Freude: „Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen, die Steppe soll jubeln und blühen… Jubeln soll sie, jubeln und jauchzen… Ewige Freude ruht auf ihren Häuptern. Wonne und Freude stellen sich ein, Kummer und Seufzen entfliehen.“
Alle wollen glücklich sein. Könnten wir uns die ganze Menschheit in den Blick nehmen, mit ihren tiefsten Anliegen, s o würden wir eine unendliche Schar vor uns haben, die sich um einen Obstbaum sammelt, sich auf die Zehenspitzen stellt und die Arme in der Hoffnung ausstreckt, eine Frucht zu ergatten, die allerdings jedem entflieht. Das Glück, so sagte Dante, ist „die süße Frucht, die auf so vielen Zweigen / der Sterblichen Bemühung pflegt zu suchen -quel dolce pomo che per tanti rami / cercando va la cura dei mortali“ (Fegefeuer, XXVII, 115 – 116): jene süße Frucht, die der Mensch in den Zweigen des Lebens zu erlangen trachtet.
Wenn aber alle das Glück suchen, warum sind dann so wenige wirklich glücklich? Und warum sind jene, die tatsächlich glücklich sind, es nur für so kurze Zeit? Ich glaube, dass der Hauptgrund darin besteht, dass wir beim Aufstieg zum Gipfel des Glücks den falschen Weg einschlagen – jenen, der nicht zum Gipfel führt.


Die Offenbarung sagt: „Gott ist die Liebe.“ Der Mensch aber meinte, diesen Satz umkehren und sagen zu können: „Die Liebe ist Gott“ (Diese Aussage ist von Feuerbach). Die Offenbarung sagt: „Gott ist das Glück.“ Der Mensch kehrt erneut die Ordnung um und sagt: „Das Glück ist Gott!“ Was aber geschieht damit? Auf Erden kennen wir nicht das Glück in seinem reinen Zustand, ebenso wenig wie wir die absolute Liebe kennen; wir kennen nur Bruchstücke des Glücks, die oft nur vorübergehende Trunkenheit der Sinne sind. Wenn wir deshalb sagen: „Das Glück ist Gott!“, so vergöttlichen wir unsere kleinen Erfahrungen; wir nennen „Gott“, was Werk unserer Hände oder unseres Geistes ist. Wir machen aus dem Glück ein Götzenbild. Dies erklärt, warum der, der Gott sucht, immer die Freude findet, während der, der die Freude sucht, nicht immer Gott findet. Der Mensch begnügt sich damit, das Glü ;ck im quantitativen Sinn zu suchen und geht daher immer intensiveren Leidenschaften und Emotionen nach oder er fügt der einen Lust noch eine andere hinzu - wie der Drogensüchtige, der eine immer höhere Dosis braucht, um denselben Grad an Wohlgefühl zu erreichen.
Nur Gott ist und macht glücklich. Deshalb sagt der Psalm: „Suche die Freude im Herrn, er wird die Wünsche deines Herzens erfüllen“ (Ps 4). Mit ihm bewahren auch die Freuden des gegenwärtigen Lebens ihren süßen Geschmack und werden nicht zu Ängsten, und zwar nicht nur die geistlichen Freuden, sondern auch jede ehrliche menschliche Freude: die Freude, seine Kinder großzuziehen; die Freude über die glücklich zu Ende gebrachte Arbeit; die Freude über die Freundschaft, die wieder gewonnene Gesundheit, die Kreativität, die Kunst, die Entspannung mitten in der Natur.


Nur Gott allein vermochte den Lippen eines Heiligen jenen lauten Ausruf zu entlocken: „Es reicht mit der Freude, o Herr. Mein Herz kann nicht noch mehr aufnehmen.“ In Gott findet sich all das, was der Mensch gewöhnlich mit Glück verbindet, aber noch unendlich mehr. Denn „wir verkündigen, wie es in der Schrift heißt, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“ (1 Kor 2,9).
Es ist an der Zeit, mutiger die „Frohbotschaft“ zu verkünden, dass Gott das Glück ist und dass das Glück – nicht das Leid, die Entsagung, das Kreuz – das letzte Wort haben wird. Dass das Leid nur dazu dient, die Hindernisse zum Glück aus dem Weg zu räumen und die Seele zu weiten, damit sie eines Tages für das größtmögliche Maß an Freude empfänglich ist.
 
[ZENIT-Übersetzung des italienischen vom Autor z ur Verfügung gestellten Originals]







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