Die Antwort des Papstes
an die 138 Islamgelehrten, die in einem offenen Brief an Benedikt XVI. und andere
christliche Religionsführer einen Dialog vorgeschlagen hatten, läutet eine neue Ära
in den Beziehungen zwischen Islam und Christentum ein. Davon ist Kardinal Jean-Louis
Tauran überzeugt, der Präsident des päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog.
„Ich glaube wirklich, dass wir damit ein neues Kapitel aufschlagen. Natürlich
ist damit noch nichts gelöst, und es wäre geradezu schädlich, wenn man nun angesichts
dieses Briefes sagen würde: Endlich gibt es keine Probleme mehr. Ich denke, die Probleme
existieren. Wichtig ist jetzt vor allem, Relativismus zu vermeiden, also zu sagen:
nun, im Grund sind alle Religionen gleich, es ist derselbe Gott – nein. Was wir sagen,
ist: Alle, die Gott suchen, haben die gleiche Würde. Darin liegt der Sinn des interreligiösen
Dialogs.“
Papst Benedikt hatte vor zwei Tagen in seiner Antwort auf den
Brief der Islamgelehrten einen direkten Gedankenaustausch vorgeschlagen – mit ihm
selbst, aber auch auf Arbeitsebene. Daran sollen von vatikanischer Seite der Dialograt,
das päpstliche Institut für Islamwissenschaften und die Gregoriana-Universität mitwirken.
Für die Abwicklung dieser Gespräche hat Tauran bereits konkretere Vorstellungen:
„Nach
dieser Sitzung wird der Heilige Vater wohl alle jene in Audienz empfangen, die an
dieser Initiative beteiligt waren, um sie zu ermuntern, den Dialog fortzusetzen. Und
eines Tages dann, denke ich, muss man wohl anfangen, sich über die Frage der Menschenrechte
und das Prinzip der Gegenseitigkeit auszutauschen. Was also für einen Gläubigen in
einem Land recht ist, muss auch für einen Gläubigen in einem anderen Land billig sein.
So wie die Moslems in Europa Moscheen haben, um zu beten und ihren Glauben zu praktizieren,
was völlig normal ist, muss Ähnliches auch für Christen gelten, die in Ländern mit
islamischer Mehrheit leben. Das ist seit vielen Jahren ein Wunsch.“
Tauran
denkt überdies, dass der Heilige Stuhl unter Benedikt XVI. den interreligiösen Dialog
als eine seiner Prioritäten ansieht.
„Wenn man die Summe aus allen Äußerungen
des Papstes zieht, steht fest, dass die Ökumene und der interreligiöse Dialog Prioritäten
sind. Sowie es auf diplomatischen Feld der Nahe Osten und China sind.“ (rv
01.12.1007 gs)