Der Vatikan, Kirchenvertreter
aus aller Welt und die Europäische Union kritisieren die Schwarz-Weiß-Politik Israels
gegenüber den Palästinensern. Nach der Kürzung von Treibstofflieferungen an den Gazastreifen
warnte die EU jetzt vor einer „Kollektivstrafe“ für die Palästinenser in dem Gebiet.
Die neuen Sanktionen hätten schwerwiegende Konsequenzen für die Menschen vor Ort,
sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. Kirchenvertreter im Heiligen
Land klagen seit Monaten über zunehmende Probleme mit Aufenthaltsgenehmigungen für
ihr arabisches Personal. An diesem Wochenende hat das israelische Innenministerium
bestätigt: Ja, die Visa-Ausgabe für arabische Kirchenleute werde neuerdings restriktiver
gehandhabt. Als Grund wurde genannt: Sicherheitsbedenken. Gabi Fröhlich berichtet:
Das
größte Problem mit der Entwicklung hat das Lateinische Patriarchat von Jerusalem,
sprich: die Katholiken mit westlichem Ritus. Rund 200 Priester und Ordensleute aus
arabischen Ländern beschäftigt das Patriarchat. Die meisten sind aus Jordanien, viele
aber auch aus dem Libanon, Syrien und dem Irak. Sie sind einfach die einzigen Ausländer,
die Arabisch können – die Muttersprache der palästinensischen Gläubigen im Heiligen
Land. Bislang bestreiten diese Kleriker den Löwenanteil der katholischen Seelsorge
in der Heimat Jesu. Unter anderem liegt das daran, dass die einheimischen, palästinensischen
Geistlichen schon seit Jahren immer mehr Beschränkungen hinnehmen müssen: Haben sie
einen israelischen Pass, dürfen sie nicht ins besetzte Westjordanland. Haben sie keinen,
müssen sie für jeden Aufenthalt in Jerusalem und Israel eine Genehmigung beantragen,
die jedoch meistens nicht für Übernachtungen gilt. Das Problem haben übrigens alle
Konfessionen: So hat der lutherische Pfarrer von Bethlehem, Mitri Raheb, seit Jahren
weder Nazareth noch den See Genezareth gesehen. Er ist Palästinenser aus der Westbank
und kann deshalb nur mit Sondererlaubnis des Militärs die israelische Sperranlage
passieren. Die ausländischen Kleriker hingegen konnten sich bisher Dank ihrer für
mehrere Jahre gültigen Visa relativ frei zwischen Israel, Jerusalem und den besetzten
Gebieten bewegen. Nach dem Libanonkrieg im vergangenen Jahr jedoch wurde diese Bewegungsfreiheit
zunehmend eingeengt. So wurde der griechisch-katholische Pfarrer von Ramallah nach
einem Familienbesuch vor einem Monat in seiner Heimat Jordanien von israelischen Grenzsoldaten
an der Rückkehr in seine Pfarrei gehindert. Ramallah liegt zwar in palästinensischem
Autonomiegebiet, aber Israel kontrolliert die Ein- und Ausreise in allen besetzten
Gebieten. Auch im Lateinischen Patriarchat stöhnt man über ähnliche Fälle: Tagelang
hatte man in der Jerusalemer Zentrale etwa nach den Sommerferien damit zu tun, zehn
Seminaristen aus Jordanien zurück ins Seminar von Beit Jala zu holen. Die 14 bis 16-Jährigen
waren an der Grenze gestoppt worden. Die Begründung auch hier: Die arabischen jungen
Männer stellten ein Sicherheitsrisiko für Israel dar. Obwohl auch das Seminar von
Beit Jala in palästinensischem Gebiet liegt. Und obwohl Israel und Jordanien einen
Friedensvertrag abgeschlossen haben. Das Patriarchat hat sich mittlerweile in einem
Schreiben an das Innenministerium beschwert. Es weist darauf hin, dass der Grundlagenvertrag
zwischen Israel und dem Heiligen Stuhl den katholischen Seelsorgern Unterstützung
für ihre Arbeit garantiert. Statt dessen würden ihnen neuerdings nur noch Visa gegeben,
mit denen sie nicht ein- und ausreisen könnten. Und zwar auch solchen Priestern, die
seit Jahrzehnten ohne jegliche Auffälligkeiten ihren Dienst versähen. Ganz zu schweigen
davon, welchen administrativen Aufwand die ständigen Ersuche um neue Visa bei jeder
Reise bedeuten. Die Sprecherin des Innenministeriums, Sabine Haddad, erklärte nun,
dass die Beschränkungen auf ausdrücklichen Wunsch der Sicherheitsbehörden erfolgten.
Man suche jedoch nach Wegen, wie man es den Klerikern „leichter machen könne“. (rv
29.10.2007 gf/bp)