Die politische Situation
in Bolivien ist auch unter dem linksgerichteten Präsident Evo Moralez instabil und
zerbrechlich. Im August 2006 nahm die Verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit auf.
Einen Diskussionsschwerpunkt bildet die Schaffung eines laizistischen Staates und
damit eine Neudefinition der Rolle der Kirche im Staat. Am Montag soll die Entscheidung
fallen, ob und wo die Verfassungsgebende Versammlung ihre Arbeit wieder aufnehmen
soll.
Die Beziehungen zu den USA haben sich durch den stärkeren Kontakt Boliviens
zu Kuba und Venezuela abgekühlt, die einzelnen Departamentos streben nach mehr Autonomie
und der Ruf nach einer gerechten Verteilung der Rohstoffe wird immer lauter. Aber
auch die Situation der Kirche ist angesichts der geplanten Laisierung im pluriethnischen
Staat schwieriger geworden. Michael Meyer ist Mitarbeiter der bolivianischen Bischofskonferenz
in La Paz. Er erläutert, mit welchen Schwierigkeiten sich die Kirche in dem linksgerichteten
Staat konfrontiert sieht: „Es gibt einige Fragen der katholische Kirche, zum Beispiel
welche Rechtssicherheit besteht für die vielen katholischen Schulen, Krankenhäuser
und kirchlichren Stellen im Staat Bolivien. Ab und an gibt es Tendenzen im Staat Bolivien,
alle Schulen und kirchlichen Stellen zu laisieren. Insgesamt ist die Situation der
Kirche in Bolivien ambivalent. Wir haben auch viele Mitarbeiter, die in der Kirche
engagiert waren. Sei es, dass sie in Sozialpastoral, in der Bischofskonferenz gearbeitet
haben oder bei der Caritas waren. Viele von ihnen sind zur Regierung gewechselt, weil
sie gesagt haben: `Auf Regierungsebene können wir uns besser für unsere Leute im Land
einsetzen.`“ Die bolivianische Kirche konzentriert sich in ihrer Tätigkeit
besonders auf die Armenhilfe. Schließlich ist der Andenstaat das ärmste und exportschwächste
Land ganz Lateinamerikas. Die Bevölkerung erhält aber nicht nur von der bolivianischen
Kirche Unterstützung, sondern auch von der amerikanischen Bischofskonferenz. Auch
wenn sich die politischen Beziehungen zu den USA abgekühlt haben, sind die Beziehungen
zwischen den Landeskirchen sehr gut. Das ist ein Zeichen, dass die bolivianische Kirche
im Staat ihre eigene Position bezieht. Michael Meyer erklärt, wie er sich die Beziehung
von Kirche und Staat in Bolivien vorstellt: „Wir als Kirche wollen keine Privilegien,
wir wollen einen Staat, in dem verschiedene Religionen auch vom Staat anerkannt werden.
Wir wollen als katholische Kirche keine Sonderrolle spielen. Es gibt andere Länder,
beispielsweise Frankreich. Das ist ein laikaler Staat, in den sich die Kirche gut
einbringen kann. Das dient hier in Bolivien als Vorbild. In diesem Sinne sehen wir
den laikalen Staat nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung.“ Michael
Meyer stammt aus dem Bistum Hildesheim, das eng mit der Kirche in Bolivien zusammenarbeitet.
Meyer leitet bei der Bischofskonferenz dort die Partnerschaftskommission. (rv
29.10.2007 so)