Brasilien: Erzbischof, "Pädophilie-Vorwurf gegen Priester eine Mode“
Sao Paulos designierter Kardinal Odilo Scherer hat sich demonstrativ an die Seite
des Menschenrechtspriesters Julio Lancelotti gestellt, der mehrere Jahre lang von
Kriminellen mit Pädophilie-Vorwürfen erpresst wurde. Scherer sagte der brasilianischen
Presse am Donnerstag, es sei Mode geworden, katholische Priester der Pädophilie zu
bezichtigen. In anderen Ländern winkten dafür fabelhafte Entschädigungssummen. Lancelotti
sei nachweislich völlig unschuldig und habe selbst bei der Polizei Anzeige wegen Erpressung
erstattet, so der Erzbischof. „Heute ist er betroffen - morgen können es bereits andere
Priester sein.“ Scherer, der in dieser Woche vom Papst zum Kardinal nominiert wurde,
zelebrierte am Mittwoch in der Kathedrale von Sao Paulo gemeinsam mit Lancelotti einen Gottesdienst. Lancelotti,
der in Sao Paulo unter anderem die Jugendlichen- und die Obdachlosenseelsorge leitet,
wandte sich nach eigenen Angaben bereits vor eineinhalb Jahren hilfesuchend an die Sicherheitsbehörden,
ohne jedoch Unterstützung zu erhalten. Erst vor kurzem habe man ihm ein Aufnahmegerät
gegeben, damit er Anrufe der Kriminellen mitschneiden könne. Daraufhin wurde ein Verdächtiger
verhaftet; drei weitere sind noch auf der Flucht. Lancelotti zählt zu den führenden
Menschenrechts-Aktivisten Brasiliens und wurde für sein Engagement auch in Europa
ausgezeichnet. Er prangert etwa fortdauernde Folter, ungesühnte Massaker an Häftlingen
und Landlosen sowie eine nach seiner Einschätzung bestehende Sklavenhalter-Mentalität
in Brasilien an. Auf ihn wurden mehrere Anschläge verübt; zudem erhielt er immer wieder
Morddrohungen. (kna 20.10.2007 mc)