2007-10-17 14:00:28

Der tote Kardinal: Ein Nachruf auf Ignacy Jeż


RealAudioMP3 „Die Vorsehung Gottes macht eigene Rechnungen.“ Das sagte der polnische Altbischof Ignacy Jeż in seinem letzten Interview mit Radio Vatikan. Wie wahr: Heute wäre er Kardinal geworden - gestern ist der Emeritus von Koszalin-Kolobrzeg (Köslin-Kolberg) im Alter von 93 Jahren in Rom verstorben. Noch am Montag hatte er in der Basilika Santa Sabina auf dem Aventin einen Pilgergottesdienst gefeiert. Jeż galt als Brückenbauer zwischen Polen und Deutschland. Ein Nachruf von Birgit Pottler:


Er war ein Zeitzeuge der seligen wie unseligen Geschichte zwischen Deutschland und Polen. 1942 wurde er als junger Kaplan von der Gestapo verhaftet. Der Grund: Er wird beschuldigt, eine Kundgebung organisiert zu haben – in Form eines Trauergottesdienstes für den in Dachau ermordeten polnischen Pfarrer Józef Czempiel. Jeż wurde im Oktober 1942 selbst in das Konzentrationslager Dachau eingeliefert und bleibt dort bis zur Befreiung durch die Amerikaner - er überlebt.
Ignacy Jeż war beteiligt am denkwürdigen Brief der polnischen Bischöfe an die deutschen Amtsbrüder zum Ende des II. Vatikanischen Konzils. Der Kernsatz: „Wir gewähren Vergebung und bitten um Vergebung“. Die Polen luden ihre Amtsbrüder damit zur 1000-Jahr-Feier der Christianisierung Polens ein. Jeż erinnert sich: „Damals wussten wir gar nicht, wie das weiter gehen wird. Die waren doch böse, dass wir uns einmischen in die Außenpolitik der Regierung, der kommunistischen Regierung. Die Jugend vor allem hat man gehetzt gegen die Bischöfe und das dauerte doch lange. Gegen den Kardinal Wojtyla haben die Arbeiter auch geschimpft. Und heute? Ich sage immer, nicht so sehr die Verträge werden hier Einfluss haben, wie die persönlichen Kontakte.“
Dafür stand er selbst ganz besonders. Als Jeż im Herbst 2005 in Fulda beim Festakt zum 40. Jahrestag des Briefwechsel seine Unterschrift unter eine neue gemeinsame Erklärung setzt, applaudiert der ganze Saal, alle erheben sich von ihren Plätzen. Der damals 91-jährige Jez hat als Häftling im Konzentrationslager gelernt, „dass dort auch die Deutschen sind, deutsche Priester zum Beispiel. Da waren viele da. Da habe ich gesehen, dass nicht alle Deutsche so denken, wie die Propaganda vorgibt, manche denken auch so wie wir, sind also auch Feinde von Hitler. Man kann also nicht sagen, dass alle Deutschen gleich sind. Das hat uns geholfen mit anderen Augen auf Deutschland zu schauen.“
Missverständnisse, zum Teil auch Vorurteile belasten das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen bis heute. Jez hatte gute Kontakte in deutsche Diözesen, war Ehrendomherr in Würzburg und hat beobachtet: „Wenn man von Osten nach Westen geht, sehen wir, hier wird alles intellektuell gedacht. Doch bei uns im Osten da sind die Gefühle, die Emotionen wichtig. Und gegen Emotionen sind keine Argumente wichtig. Da kann man das nicht mehr ändern, nur die Argumente immer wieder wiederholen und warten, ob sie Früchte bringen.“
Dass auf den Papst aus Polen ein Deutscher folgte, war für Bischof Jeż ein besonderes Zeichen der Versöhnung, das so niemand geplant habe, denn: „Die Vorsehung Gottes macht eigene Rechnungen.“
(rv 17.10.2007 bp)








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