Bis zu 30.000 Menschen sind während der Militärdiktatur in Argentinien entführt, gefoltert
und ermordet worden. Das sagt der Länderreferent für Argentinien bei dem katholischen
Hilfswerk Adveniat, Thomas Wieland. Für diese Gräueltaten in der Zeit zwischen 1976
und 1983 wurde nun auch ein katholischer Priester verurteilt. Der ehemalige Polizei-Pfarrer
Christian von Wernich bekam lebenslange Haft: Er war nach Urteil der Richter während
der argentinischen Militärdiktatur an schwerwiegenden Verbrechen an linksgerichteten
Regimegegner beteiligt. Dazu Thomas Wieland gegenüber dem Kölner domradio:
„Christian
von Wernich wird zur Last gelegt, bei 7 Morden, 32 Entführungen und 42 Folterfällen
mitgearbeitet zu haben. Man muss sich das so vorstellen: Er hatte als Polizeipfarrer
Zugang zu den geheimen Folterzentren, die in Krankenhäusern, in Polizeiposten, in
Schulen und öffentlichen Gebäuden eingerichtet waren; und als Priester ist er aufgetreten
unter dem Vorwand, dass er den Menschen helfen kann, und hat ihnen Informationen entlockt,
die zur Verhaftung und Ermordung der Menschen geführt haben.“
Nach Aussagen
von Überlebenden hat Wernich seine Opfer psychologischer und moralischer Folter unterzogen.
Der Prozess ist in Argentinien auf großes Interesse gestoßen. Bei der Urteilsverkündigung
während der Live-Fernsehübertragung jubelten viele der Opfer und Hinterbliebenen.
„Die Zeit der Militärdiktatur ist eine offene Wunde der argentinischen
Gesellschaft - und sie wurde zugepflastert mit dem Schlusspunktgesetz nach der Diktatur.
Das heißt, die Täter waren juristisch nicht belangt worden. Die gegenwärtige Regierung
hat dieses Gesetz aufgehoben, so dass eine juristische Aufbereitung dieser Taten jetzt
möglich ist. Von Wernich ist der dritte Verurteilte. Und das sorgt natürlich dafür,
dass die Angehörigen der Opfer sich endlich Recht verschaffen können. Da sitzen in
der ersten Reihe die Mütter, die regelmäßig vor dem Präsidentenpalast demonstriert
haben und nach dem Verbleib ihrer entführten Kinder gefragt haben. Das sie jubeln,
wenn sie sehen, dass die Täter, die für die Taten verantwortlich sind, juristisch
zur Rechenschaft gezogen werden, ist nachvollziehbar.“
Die argentinische
Bischofskonferenz ist einhellig der Meinung, dass die Aufarbeitung der Diktatur und
die Versöhnung des argentinischen Volkes sehr wichtig sei, betont Wieland weiter.
(domradio 11.10.2007 ap)