2007-10-07 13:17:27

Italien: „Europäer brauchen Kirchen“


Die Internationale Theologische Dialogkommission von katholischen und orthodoxen Kirchen tritt ab Montag, in der italienischen Adria-Stadt Ravenna zu ihrer zehnten Vollversammlung zusammen. Im Mittelpunkt der Beratungen, die bis zum 15. Oktober dauern, stehen Fragen nach dem Kirchenverständnis. Dabei soll es um das hierarchische und das synodale Prinzip in den Kirchen gehen, um die Rolle des Bischofs und die Bedeutung des Bischofs-Kollegiums – und damit letztlich auch um die strittige Frage nach dem Petrusamt.
Der russisch-orthodoxe Bischof von Wien und Österreich, Hilarion Alfeyev, sieht die Ökumene im Augenblick in einem guten Zustand.

„Ich denke, dass wir in der Beziehung zwischen den Christen verschiedener Konfessionen von einem Fortschritt sprechen können. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass es verschiedene Tendenzen gibt, die uns Orthodoxe nicht gleichgültig lassen.“

Und in welchen Bereichen sind Verbesserung zu verbuchen?

„Es betrifft besonders die Beziehungen zwischen der katholischen und orthodoxen Kirche. Gleichzeitig gibt es beunruhigende Tendenzen; sie betreffen vor allem die protestantischen Kirchen. Denn es gibt bei einigen protestantischen Kirchen eine Ablehnung der traditionellen christlichen Werte, und diese Kirchen ziehen statt dessen den Säkularismus vor. Die russisch-orthodoxe Kirche wird diesen Prozess sicherlich nicht unterstützen, und wir protestieren dagegen.“

Kürzlich fand in der rumänischen Stadt Sibiu (Hermannstadt) die Dritte Ökumenische Versammlung statt. Was ist von einer solchen Veranstaltung zu halten?
 
„Jede große interkonfessionelle Versammlung kann dazu beitragen, die christlichen Werte in Europa zu verteidigen. Es ist auch sehr wichtig, dass eine solche Versammlung nicht nur „leeres Gerede“ produziert. Damit meine ich, dass man unendlich lange Reden hält und am Schluss keine konkreten Resultate vorweisen kann. Diese Resultate können wir nur dann erreichen, wenn wir nicht nur politisch korrekte Themen ansprechen wie Solidarität oder Toleranz. Das sind Sachen, die jeder bereits kennt. Wir müssen vielmehr der Welt zeigen, dass wir Werte verteidigen, die nicht nur innerhalb des kirchlichen Lebens wichtig sind. Es handelt sich um eine Wahrheit, die alle angeht. Eine solche Versammlung gibt jeder Kirche die Möglichkeit, ihre Tradition und Moralvorstellung aufzuzeigen. Gleichzeitig müssen wir gemeinsam die Menschen in Europa dazu aufrufen, ihre christlichen Wurzeln nicht zu vergessen. Es geht dabei um Werte in den Bereichen Ehe, Familie, Geburt und andere moralische Belange. All das ist der Grundstein unserer Gesellschaft.“

Und welche Rolle spielen dabei die Kirchen in Europa?

„Die Kirchen in Europa können den einzelnen Staaten, den Familien bis hin zu jedem Individuum den Sinn des Lebens aufzeigen. Wir erleben heutzutage ein Phänomen in Europa, dass paradox erscheint: Die Menschen führen hier ein gutes Leben, da es ihnen finanziell gut geht. Doch die meisten Europäer fühlen sich innerlich leer. Es gibt eine hohe Suizidrate. Das beweist, dass Menschen nicht nur einen materiellen Wohlstand benötigen. Die Seele sehnt sich nach einem spirituellen Sinn und einer spirituellen Fülle. Die säkulare Welt kann diese spirituelle Fülle nicht bieten. Doch wir Christen können unseren Mitbrüdern ein Zeugnis geben über unsere Erfahrung der Gnade Gottes im Leben eines jeden Menschen. Ich denke, dass solche Versammlungen wie in Sibiu uns diese Möglichkeit geben.“

(rv 07.10.2007 mg)








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