Nahost: Patriarch gegen Teilung der Palästinensergebiete
Die Situation im Gazastreifen
spitzt sich weiter zu. Kirchenvertreter haben Militärs auf beiden Seiten wiederholt
zu Mäßigung und Schonung der Zivilbevölkerung aufgerufen. Zu den Kritikern eines Boykotts
des Gazastreifens gehört auch der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah.
Auch die politische Isolation führe nicht weiter, so der Bischof der palästinensischen
Katholiken mit westlichem Ritus. Er plädiert für eine schnelle Wiederzusammenführung
beider palästinensischen Gebiete, um neue Unruheherde zu vermeiden: „Ich glaube
nicht, dass es eine solide Lösung nur für die Westbank, losgelöst vom Gazastreifen
gibt. Aus praktischen Gesichtspunkten hat es zwar etwas für sich. Nur befürchte ich,
dass die Hamas unterdessen in Gaza neue Strukturen schafft, und dass diese unterschiedliche
Entwicklung eine spätere Wiedervereinigung sehr schwer macht. Das müssen nicht nur
die internationalen Verhandlungspartner im Blick haben, sondern auch die beiden verfeindeten
palästinensischen Gruppierungen selbst. Nur so wird eine Wiedervereinigung der beiden
Gebiete möglich sein.“ Auch mit der vom Westen geächteten islamistischen Hamas
müsse verhandelt werden, fordert Sabbah: Die internationale Staatengemeinschaft müsse
im Nahost-Friedensprozess gerechte Maßstäbe anlegen: „Man kann nicht immer den
Palästinensern die Schuld zuzuschieben. Man kann einem Volk, das durch die politischen
Umstände in Anarchie versinkt, nicht vorwerfen, es sei kein seriöser Verhandlungspartner.
Wenn der palästinensische Präsident jedes Mal eine israelische Genehmigung braucht,
wenn er sich fortbewegen will, wenn Minister und Abgeordnete von jedem beliebigen
israelischen Soldaten bei einer Fahrt durch palästinensisches Gebiet gestoppt werden
könnten – was sind das dann für Präsidenten und Minister? Wie sollen sie von ihrem
Volk als Führer respektiert werden.“ Anarchie sei die natürliche Folge, meint
der Patriarch. Gleichzeitig fordert er Israel, Zusagen einzuhalten: „Wir müssten
uns auch auf den Verhandlungspartner verlassen können. Wenn die israelische Regierung
uns verspricht, Straßensperren in der Westbank abzubauen, und sie stattdessen noch
aufstockt – wie glaubwürdig sind dann solche Verhandlungen für das Volk? Dann respektieren
die Menschen ihre Politiker natürlich nicht mehr.” (rv 02.10.2007 bp/gf)