Der Regensburger Bischof
Gerhard Ludwig Müller hat den mutmaßlichen Fall sexuellen Missbrauchs in seiner Diözese
scharf verurteilt. Gleichzeitig erklärte er, wie es zu einem neuerlichen Einsatz des
Priesters in einer Pfarrei kommen konnte: Ein therapeutisches Fachgutachten habe bescheinigt,
es bestünden keine Bedenken gegen einen solchen Einsatz. Müller wörtlich: „Ich
wünschte, ich könnte das Geschehene rückgängig machen.“ Der Bischof zeigte sich
erschüttert und äußerte sich heute in einer Pressekonferenz öffentlich zur Verhaftung
des Pfarradministrators von Riekofen, der wegen des Verdachts auf wiederholten Kindesmissbrauch
seit 30. August in Untersuchungshaft sitzt. „Es besteht leider der begründete
Verdacht, dass er sich an einem Kind Übergriffe in dessen Intimsphäre hat zuschulden
kommen lassen. Unabhängig von der notwendigen Strafverfolgung durch die Justiz, handelt
es sich dabei um eine schwere Sünde gegen das sechste Gebot, die „vom Reich Gottes
jeden ausschließt“ (1 Korinther 6,9), wenn er nicht vorher Vergebung bei Gott erlangt.
… Für mich persönlich ist es auch ein unerträglicher Gedanke, dass ein Geistlicher,
der im Namen Jesu Christi täglich die Heilige Messe feiert und ein Vorbild an Liebe
sein soll, ein Kind sexuell missbraucht haben soll. Dieser Widerspruch schreit zum
Himmel!” Der Priester war nach der Verhaftung mit sofortiger Wirkung suspendiert
worden. Im Jahr 2000 war er bereits wegen sexueller Handlungen an einem Jungen unter
14 Jahren zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt worden; die
Bewährungszeit betrug drei Jahre. 2004 wurde der Mann daher als Pfarradministrator
wieder eingesetzt, die Bewährungszeit verbrachte er als Seelsorger in einem Altenheim. Müller
heute: „Das siebenseitige sehr detaillierte Fachgutachten, das der gerichtlich
angeordnete, keineswegs kirchlich bestellte Therapeut zum Abschluss vorlegte, bescheinigte,
dass der Geistliche keine pädophile Fixierung habe und dass die Tat in Viechtach auf
ein einmaliges, regressives Verhalten zurückzuführen sei. Es bestünden keine Bedenken
gegen einen Wiedereinsatz.“ Der Regensburger Bischof nannte seine Entscheidung
„verantwortet“, doch sei das „wohlbegründete Vertrauen auf schreckliche Weise missbraucht“
worden. Die deutsche Bischofskonferenz hatte im Jahr 2002 Leitlinien zum Vorgehen
bei sexuellem Missbrauch verabschiedet. Darin wird festgehalten, dass „Geistliche,
die sich des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig gemacht haben, nach Verbüßung
ihrer Strafe nicht mehr in Bereichen eingesetzt [werden], die sie mit Kindern und
Jugendlichen in Verbindung bringen“. Müller wolle jetzt erneut mit seinen Bischofskollegen
über dieses Thema sprechen: „Für mich gibt es hier null Toleranz.“ (pm/rv) (pm/rv
21.09.2007 bp) Im Audiofile hören Sie einen Beitrag von Stefan Kempis.