Papst trifft Präsidenten des Sudan - "Respektvolle Atmosphäre"
Papst Benedikt hat
den Präsidenten des Sudan, Omar al-Baschir, in Privataudienz empfangen. Das Gespräch,
das fast eine halbe Stunde dauerte, fand in "sehr respektvoller Atmosphäre" statt.
al-Baschir sprach anschließend auch mit dem vatikanischen "Außenminister", Erzbischof
Dominique Mamberti, der mehrere Jahre lang Nuntius im Sudan war. In der Begleitung
des Präsidenten kamen auch sechs Minister in die päpstliche Sommerresidenz Castel
Gandolfo. Thema der Gespräche war u.a. die Lage in Darfur. Der Papst ließ erkennen,
dass er sich von der Darfur-Konferenz Ende Oktober in Libyen einen Erfolg erhofft,
"um dem Leiden und der Unsicherheit der Bevölkerung ein Ende zu bereiten". Die Menschen
in Darfur hätten ein Recht auf humanitäre Hilfe. Benedikt und al-Baschir sprachen
auch über den Schutz des Lebens und der Familie und über die Menschenrechte. Beide
Seiten setzten sich für eine Zusammenarbeit von Christen und Molems "für Frieden und
Gemeinwohl" ein. Den englischen Wortlaut des Vatikan-Statements zur Audienz dokumentieren
wir am Schluß dieser Nachricht. An das Gespräch hatten vor allem Hilfswerke hohe
Erwartungen geknüpft. Kurz vor seiner Begegnung mit dem Papst versicherte Baschir,
seine Regierung sei bereit zu einem Waffenstillstand mit den Rebellen in der Massaker-Provinz
Darfur. Damit solle ein "positives Klima" für die Darfur-Verhandlungen geschaffen
werden, die Libyen im Oktober ausrichten will. Die Gesellschaft für bedrohte Völker
(GfbV) hat die Papstaudienz für al-Baschir vorab kritisiert; der Diktator sei für
die Völkermorde an mehreren Millionen Menschen im Südsudan, in den Nuba-Bergen und
in Darfur verantwortlich. Kein sudanesischer Staatschef habe mehr Bischöfe, Priester
und Gläubige inhaftieren und foltern lassen als Bashir. Der Vatikan erhofft sich,
durch diese Audienz auf den Präsidenten einwirken zu können. Aurelia Plieschke sprach
mit dem Sudan-Experten der Diakonie Katastrophenhilfe, Michael Frischmuth:
„Von
uns als eine humanitäre Hilfsorganisation, die vor Ort tätig ist, die vor Ort den
ganzen Schwierigkeiten ausgesetzt ist, die Menschen zu erreichen, da erhoffen wir
uns natürlich, dass der Papst als eine ganz andere moralische und unabhängige Instanz
mit dem Herrn Bashir die Angelegenheiten in Darfur viel direkter ansprechen kann als
das jetzt im Sicherheitarrat der vereinten Nationen möglich ist vor dem Hintergrund
der ganzen politischen Taktierungen. Die Papstaudienz bietet die Möglichkeit klar
zu machen, dass in Darfur ein sofortiger Waffenstillstand her muss und Friedensverhandlungen
mit allen Gruppen und der Zivilgesellschaft.“
Frischmuth empfindet es als
sehr wichtig, dass der Papst den sudanesischen Staatspräsidenten auf die humanitäre
Lage der Menschen anspricht:
„einerseits im Darfur aber auch in der Gesamtregion
gesehen, wo viele Regionen ja seit Jahrzehnten vernachlässigt sind und eine große
Marginalisierung herrscht, die sich ja auch in den ganzen Konflikten entladen hat,
erst im Südsudan, dann im Osten des Sudans und zuletzt in Darfur. Es heißt es muss
darauf gedrängt werden, dass der Wohlstand, der Reichtum des Sudans allen Menschen
zu Gute kommt.“
Man müsse allerdings von diesem Schwarz-Weiß-Denken Abstand
nehmen, mit den so genannten „bösen“ Arabern auf der einen Seite und den guten Schwarzafrikanern
in Darfur, so Frischmuth weiter:
„Dort herrscht mittlerweile ein Bürgerkrieg
in dem jeder gegen jeden kämpft, wo jeder gegen jeden um die Ressourcen der Region
kämpft, um die Macht in der Region. Eine Stationierung der Blauhelmsoldaten wie es
vorgesehen ist, da geht’s nicht nur darum die Reitermilizen einzugrenzen und deren
Tätigkeiten, sondern es geht darum Sicherheit in Darfur zu schaffen, Sicherheit gegenüber
und für alle Gruppen, sodass humanitäre Hilfe geleistet werden kann.“
Momentan
ist dies nicht ohne weiteres möglich. Denn die meisten Hilfsorganisationen bekommen
keinen Zugang mehr zu den hilfsbedürftigen Menschen.
„Für humanitäre Organisationen,
auch mit christlichem Hintergrund wie die unsere, ist die wichtige Maxime zu helfen,
Menschen in Not zu helfen, egal ob es Menschen mit christlichem Glauben oder Muslime
sind. Und von missionarischen Tätigkeiten muss man in dem Fall Abstand nehmen, man
darf das nicht vermischen. Wenn es Organisationen gibt, die Missionieren, dann ist
das ihre eigene Angelegenheit. Aber wenn man humanitäre Hilfe leisten will, kann man
das nicht mit missionarischem Einsatz verbinden.“
(rv 14.09.2007 ap)
Hier
dokumentieren wir die Vatikan-Erklärung im englischen Wortlaut:
This morning,
Omar Hassan Ahmed El-Bashir, president of the Republic of Sudan, was received in
audience by the Holy Father Benedict XVI in his summer residence at Castelgandolfo. The
president subsequently went on to meet Archbishop Dominique Mamberti, secretary for Relations
with States and, until last year, apostolic nuncio in Khartoum. Discussions focussed
on the country's political and religious situation, with particular reference to
the Comprehensive Peace Agreement and to the situation in Darfur. On this matter, very
positive views were expressed concerning fresh peace negotiations for Darfur, due
to be held on October 27 in Libya. It is the Holy See's heartfelt hope that these
negotiations prove successful in order to put an end to the suffering and insecurity
of those peoples, ensuring them the humanitarian assistance to which they have
the right, and initiating development projects. Attention also turned to the regional
aspects of the crisis. Other subjects of joint interest were considered, such as
the defense of life and of the family, the respect and promotion of human rights
including the fundamental right of religious freedom, the importance of inter-religious
dialogue and of collaboration between believers in all religions - in particular
Christians and Muslims - for the promotion of peace and the common good. In this context,
the positive role of the Catholic Church and her institutions in Sudanese society
was reiterated, especially in the field of education.