Interview mit P. Karl Wallner OCist, Rektor der Päsptlichen Hochschule Heiligenkreuz
P. Karl Wallner OC
ist ist Rektor der päpstlichen philosophisch-theologischen Hochschule Heiligenkreuz.
Gudrun Sailer sprach mit dem Professor über das Leben und das Profil der theologischen
Arbeit dieser päpstlichen Hochschule:
Der Ausdruck "Theologie auf Knien"
stammt von Kardinal Hans Urs von Balthasar, aus einem Aufsatz von 1949, wo er einmahnt,
dass in der frühen Kirche ein Theologe zugleich ein Heiliger war. Es genügt nicht,
objektiv über Gott zu reden, man muss auch subjektiv mit Gott verbunden sein. Das
ist die Botschaft des Wortes kniende Theologie, denn Theologie darf nicht zur Religionswissenschaft,
zu einem Wissen über Gott und historischen Prozessen verkommen, sondern muss sich
immer im Gespräch mit Gott befinden. Dieses Defizit versuchen wir zu überwinden, indem
wir nicht nur Spiritualität lehren, sondern auch Spiritualität leben.
Wie
sieht das aus?
Dass die Studenten erstens in Gemeinschaften eingeordnet
sind, Orden oder Seminaristen, aber auch die privat lebenden versuchen wir geistlich
zu betreuen. Wir schauen uns die Studenten auch gut an, wir wollen auch Studenten,
die um der Frömmigkeit, um der Spiritualität wegen bei uns studieren, und die Studierenden
können uns Professoren ja auch immer erleben als Betende, als Priester, die die Heilige
Messe feiern, die auch den Studierenden zur Verfügung stehen in der geistlichen Begleitung.
Warum ist es wichtig, dass es einen Ort wie diesen gibt?
Unsere
Theologie wird nicht getragen von einem bewussten Kritisch-Sein-Wollen gegenüber der
Kirche, sondern dort, wo theologische Entwicklungen aufgezeigt werden müssen, wo historisch-kritische
Methode in der Exegese betrieben werden muss, spürt man auch bei uns in Heiligenkreuz
einen großen Respekt und eine große Liebe zu dem, was der katholische Glaube lehrt.
Deshalb bin ich glücklich, dass unser Herr Abt mit der Erhebung der Hochschule zur
päpstlichen Hochschule ihr den Namen des Papstes verliehen hat, sie heißt philosophisch-theologische
Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz, denn unser jetziger Heiliger Vater steht im
ganzen Stil so wie er Theologie treibt, nicht nur aufgrund seines großen enzyklopädischen
Wissens, sondern auch sein Stil, wie er Theologie treibt – das ist wirklich Dialog
mit der Welt von heute, das ist verantwortete Intellektualität, die aber genau hineinführt
in dieses Zentrale, nämlich was der katholische Glaube wirklich ist.
Welche
Defizite haben Sie noch an der Hochschule? Unser Defizit ist die
Forschung. Wir sind in den letzten 30 Jahren dramatisch gewachsen, 1975 war die Hochschule
kurz vor dem Zusperren, da gab es noch zehn Studierende, jetzt haben wir 170, und
wir waren ganz konzentriert darauf beim Auftreiben vom Lehrpersonal solche zu finden,
die in einer guten Weise Theologie den Studenten vermitteln können. Was wir noch nicht
schaffen, ist dass wir auch den Zweig der Forschung betonen. Die meisten unserer Dozenten
sind zugleich vielfach anderweitig beschäftigt, als Priester in der Seelsorge, von
daher haben wir zuwenig Kapazitäten, um die Forschung voranzutreiben, und wir müssen
uns durch eine Verjüngung der Lehrer in den nächsten Jahren eine Neuqualifizierung
der Lehre uns bemühen, um bessere Fundamente zu errichten.
Papst Benedikt
kommt zum 850. Jahrestag von Mariazell, welche Beziehungen gibt es zwischen Heiligenkreuz
und Mariazell?
Das passt ganz gut, denn Heiligenkreuz ist die wichtigste
Pilgerstation an der via sacra zwischen Wien und Mariazell. Wir hier in Heiligenkreuz
erleben täglich, wie Pilger bei uns starten, um nach Mariazell zu gehen, es sind 120
Kilometer von hier, die Kreuzreliquie verehren, den Kreuzweg beten, das erleben wir
täglich, und wenn der Heilige Vater nach Mariazell pilgert, ist es ein schönes Symbol,
dass er an dieser wichtigsten Pilgerstation noch vorbeikommt.
Heiligenkreuz
erlebt als Kloster eine außerordentliche Blüte, fast 80 Mönche wirken hier. Wie kam
es dazu?
Wir sind in vielerlei Hinsicht beschämt. Dass ein Papst kommt,
ist durch nichts gerechtfertigt, so eine Übergnade, möchte ich sagen, auch durch die
Berufungen sind wir beschämt. Ich würde sagen, dass wir in einer großen Normalität
versuchen, aus unseren Traditionen heraus zu leben. Wir sind nicht nur fromm, darauf
legen wir Wert, und dieser Ausdruck fromm, der im Deutschen altmodisch klingt, ist
mir ein großes Anliegen. Dass wer wirklich sagt, ich möchte mich Gott leben, mit ihm
verbunden sein, ihn nicht verstecken, das nenne ich fromm. 6:55 Wir sind fromm, wir
sind aber gleichzeitig auch normal. Unsere jungen Leute betreiben Sport, dürfen auch
ihre Hobbys haben. Nur so kann man ein geistliches Leben, das von jedem Mönch gefordert
ist, auch wenn er volle Tätigkeiten hat untertags, dass er um 5 Uhr 15 beim Chorgebet
ist, nur so kann man ein solches Leben durchhalten. Mit psychischer Gesundheit, seelischer
Gesundheit, körperlicher Gesundheit, und ich glaube, dass dies Kombination
zudem eine Fülle von Aufgaben bringt, hier können sich Menschen in den verschiedensten
Aufgaben entfalten, wir haben jetzt einen Künstler aus Berlin, der eingetreten ist,
und der vom Herrn Abt den Auftrag erhalten hat, als Künstler weiter zu wirken. Er
hat schon schöne Sachen geschaffen, u.a. ein Glasfenster, das dem Hl Vater geschenkt
werden wird, also diese Fülle an Faktoren wirkt sicher zusammen. Im letzten muss man
aber sagen, jede Berufung heute ist ein unerklärbares Wunder der Gnade Gottes, und
wir werden hier einfach beschenkt, offensichtlich aber auch, weil Gott von uns erwartet,
dass wir in Zukunft viel für Ihn und Seine Kirche tun.
Es gibt eine große
Begeisterung von Jugendlichen für Ihre Form des Lebens. Wie äußert sie sich? Ich
bin dem Herrn Abt sehr dankbar, dass er mich auch zum Jugendseelsorger gemacht hat,
wir haben hier in den letzten Jahren wirklich erstaunliches erlebt, dass unser altes
Kloster junge Menschen anzieht, dass diese Atmosphäre automatisch apostolisch oder
bekehrungsfördernd auf sie wirkt, und wir machen deshalb bewusst einmal im Monat ein
großes Jugendgebet, wo bis zu 300 Jugendliche kommen, wo wir versuchen Elemente unsere
klösterlichen Lebens einzubeziehen. Die Jugendlichen kommen und beschenken uns, indem
sie bei uns beten. Wir haben ganz große Gnadendinge, dass junge Leute sich hier kennen
lernen, dass Paare sich bilden und Ehen geschlossen werden, aber auch eine große Zahl
von Berufungen, die ohne diese Jugendseelsorge nicht wären. All das ist wieder gnadenhaft,
aber ich würde alle anderen Klöster dazu ermutigen, sich selbst zu entdecken als ein
Oase, die von den Leuten heute, die in einer Fast food- und Computer- und Internetwüste
leben, durchaus geschätzt wird. Die jungen Leute suchen das Andere, und sie finden
in einem Kloster das Andere, und nehmen es gerne an, wenn wir in den Klöstern ihnen
die Möglichkeit bieten, zu uns zu kommen.
Sie haben in Heiligenkreuz seit
wenigen Wochen ein neues Chorbuch. Wie kam es dazu? Wir haben nach
dem Konzil hier in Heiligenkreuz unsere zisterziensische Liturgie reformiert, mit
dem großen Wunsch in der Tradition des Ordens zu bleiben, dass das Latein als Liturgiesprache
erhalten bleibt, aber die neue lateinische Übersetzung, die Neovulgata fürs Gebet
zu übernehmen. Jetzt erst nach vielen Jahrzehnten ist es gelungen, die alten Chorbücher,
aus denen wir unser Chorgebet halten, auch in dieser großen Form – ein Buch ist 66
Zentimeter hoch und wiegt 14 Kilo - in dieser Weise herzustellen, dazu mussten eigene
Computerprogramme entwickelt werden, um die Noten im gregorianischen Choral zu setzen,
das ist jetzt gelungen, und wir werden dem Heiligen Vater ein solches Chorbuch als
Symbol auch unseres Willens, das 2. Vatikanum zu konkretisieren, schenken.
Inwiefern
ist Heiligenkreuz marianisch? Der Zisterzienserorden ist vom Ursprung
her marianisch, der Heilige Bernhard hat sogar den Beinamen Doktor Marianus, alle
Zisterzienserklöster wurden von Anfang an der Gottesmutter geweiht, so auch Heiligenkreuz.
Dieses marianische Element ist auch ein Element der Emotionalität. Heute ist Charismatik
sehr modern, ich würde sagen wir haben eine 900 Jahre alte Charismatik, die uns mit
jener Frau verbindet, die uns Christus geboren hat, und als Mönche brauchen wir keine
Scheu zu haben, dieser Mutter, unserer hohen Frau täglich zu sagen, dass wir sie lieben,
und das ist ein erstaunlicher Effekt, den ich auch in anderen Bewegungen in der Kirche
und anderen Orden feststelle, dass dort, wo eine gesunde, auch emotionale Marianität
vorhanden ist, verbunden mit einer eucharistischen Jesusfrömmigkeit, dass dort Frühling,
Leben Aufbruch, Berufungen sind.