Die Mariensäule in
der Wiener Innenstadt ist die erste Station Papst Benedikts. Wir dokumentieren hier
seine Ansprache im Wortlaut, die er wegen Mikrofonausfalls jedoch nach der Hälfte
abbrechen musste:
Verehrter Herr Kardinal, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe
Brüder und Schwestern!
Als erste Etappe auf meinem Pilgerweg nach Mariazell
habe ich die Mariensäule gewählt, um mit Ihnen einen Augenblick nachzudenken über
die Bedeutung der Muttergottes für Österreich einst und jetzt sowie über ihre Bedeutung
für einen jeden von uns. Von Herzen begrüße ich Sie alle, die Sie sich hier zum Gebet
an der Mariensäule eingefunden haben. Ihnen, lieber Herr Kardinal, danke ich für Ihren
herzlichen Willkommensgruß zu Beginn dieser unserer Feier. Ich begrüße den Herrn Oberbürgermeister
und alle anwesenden Vertreter des öffentlichen Lebens. Mein besonderer Gruß gilt den
Jugendlichen und den Vertretern der anderssprachigen katholischen Gemeinden in der
Erzdiözese Wien, die sich im Anschluss an diesen Wortgottesdienst in der Kirche versammeln
und bis morgen in Anbetung vor dem Allerheiligsten verharren werden. Damit verwirklichen
sie ganz konkret, was wir alle in diesen Tagen tun wollen: mit Maria auf Christus
schauen.
Mit dem Glauben an Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn
Gottes, geht seit frühesten Zeiten eine besondere Verehrung für seine Mutter einher,
für die Frau, in deren Schoß er Menschennatur annahm und sogar ihren Herzschlag teilte,
die einfühlsam und respektvoll sein Leben begleitete bis zu seinem Tod am Kreuz und
deren Mutterliebe er am Ende den Lieblingsjünger und mit ihm die ganze Menschheit
anvertraute. In ihrer Mütterlichkeit nimmt Maria auch heute Menschen aus allen Sprachen
und Kulturen unter ihren Schutz, um sie in vereinter Vielfalt miteinander zu Christus
zu führen. An sie können wir uns wenden in unseren Sorgen und Nöten. Von ihr sollen
wir aber auch lernen, einander so liebevoll anzunehmen wie sie uns alle annimmt: einen
jeden in seiner Eigenart, von Gott gewollt und geliebt. In der weltweiten Familie
Gottes, in der für jeden Menschen ein Platz vorgesehen ist, soll jeder seine persönlichen
Gaben zum Wohle aller entfalten.
Die Mariensäule, die Kaiser Ferdinand
III. zum Dank für die Befreiung Wiens aus großer Gefahr auf diesem Platz errichten
ließ und vor genau 360 Jahren einweihte, soll für uns auch heute ein Zeichen der Hoffnung
sein. Wie viele Menschen haben seither vor dieser Säule innegehalten und betend zu
Maria aufgeschaut! Wie viele haben in persönlichen Nöten die Kraft ihrer Fürsprache
erfahren! Doch unsere christliche Hoffnung umfasst noch weit mehr als die Erfüllung
unserer kleinen und großen Wünsche. Wir schauen auf zu Maria, weil sie uns zeigt,
zu welcher Hoffnung wir berufen sind (vgl. Eph 1,18), weil sie das verkörpert,
was der Mensch eigentlich ist!
Wir haben es vorhin in der Lesung (an
dieser Stelle fiel die Mikrophonanlage aus) aus dem Brief an die Epheser gehört:
Schon vor der Erschaffung der Welt hat Gott uns in Christus erwählt. Jeden von uns
kennt und liebt er von Ewigkeit her! Und wozu hat er uns erwählt? Um in Liebe heilig
und untadelig vor ihm zu leben! Und das ist keine unerfüllbare Aufgabe: In Christus
hat er uns die Verwirklichung schon geschenkt. Wir sind erlöst! Durch unsere Gemeinschaft
mit dem auferstandenen Christus hat Gott uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet.
Öffnen wir unser Herz, nehmen wir das kostbare Erbe an! Dann werden wir mit Maria
das Lob seiner herrlichen Gnade anstimmen. Und wenn wir weiter unsere alltäglichen
Sorgen vor die makellose Mutter Christi hintragen, wird sie uns helfen, unsere kleinen
Hoffnungen immer zu öffnen auf die große, die eigentliche Hoffnung hin, die unserem
Leben Sinn gibt und uns mit tiefer, unzerstörbarer Freude erfüllen kann.
In
diesem Sinne möchte ich nun mit Ihnen aufschauen zur Immaculata, ihrer Fürsprache
die Bitten anvertrauen, die Sie vorhin vorgetragen haben, und sie um ihren mütterlichen
Schutz für dieses Land und seine Bewohner bitten:
Heilige Maria, makellose
Mutter unseres Herrn Jesus Christus, in dir hat Gott uns das Urbild der Kirche und
des rechten Menschseins geschenkt. Dir vertraue ich das Land Österreich und seine
Bewohner an: Hilf uns allen, deinem Beispiel zu folgen und unser Leben ganz auf Gott
auszurichten! Lass uns, indem wir auf Christus schauen, ihm immer ähnlicher, wirklich
Kinder Gottes werden! Dann können auch wir, erfüllt mit allem Segen seines Geistes,
immer besser seinem Willen entsprechen und so zu Werkzeugen des Friedens werden für
Österreich, für Europa und für die Welt. Amen.