Schwimmt gegen den
Strom! So der Appell Papst Benedikts XVI. vor rund 500.000 Jugendlichen bei Loreto.
In der Eucharistiefeier auf dem freien Feld in der Nähe des Marienwallfahrtsortes
rief er zu einer bedingungslosen Christusnachfolge auf, zum Einsatz für eine gerechtere
Welt und zum Schutz der Umwelt. Der Gottesdienst war der Abschluss des zweitägigen
nationalen Jugendtreffens. Die sogenannte Agora gilt als italienischer Auftakt zum
Weltjugendtag in Sydney im Juli 2008.
„Schwimmt gegen den Strom: Hört nicht
auf die interessanten und schmeichelnden Stimmen“, betonte Benedikt, auf die Stimmen
der Massenmedien, „die einen Lebensstil der Arroganz und der Gewalt anpreisen“, einen
Lebensstil der „Erfolg um jeden Preis“ wolle, der mehr „auf das Scheinen und Haben“
aus sei, „auf Kosten des Seins“. „Habt keine Angst!“ diesen Satz kennen die Jugendlichen
von Benedikt. In Loreto ging er weiter: „Seid wachsam! Seid kritisch! Schwimmt
nicht mit auf der Welle, die von dieser Überzeugungsmaschinerie angetrieben wird.“
Und dann doch: der väterliche wie dringende Zuspruch: „Habt keine Angst, liebe
Freunde…“ Die Liebe Gottes biete eine echte Alternative: „Einen einfachen und
solidarischen Lebensstil: aufrichtige und reine Beziehungen; ehrlicher Einsatz in
Studium und Arbeit; tiefes Interesse für das Gemeinwohl.“ Benedikt machte Mut
zum Anderssein. Noch einmal: „Habt keine Angst, für das kritisiert zu werden, was
falsch scheint oder unmodern.“ Die Altersgenossen, aber auch die Erwachsenen,
und vor allem die, die mit ihrer Mentalität dem Evangelium fern schienen, bräuchten
Menschen die es wagen, die „Fülle der Menschlichkeit“ zu leben, so wie Jesus
Christus es gezeigt hat. Christ sein könne jedoch nur, wer die Kirche liebe. „Die
Kirche ist unsere Familie…. In der Kirche lernen und lieben wir, indem wir uns gegenseitig
dazu erziehen, die Annahme des Nächsten, die hilfsbereite Aufmerksamkeit gegenüber
dem, der in Schwierigkeiten, gegenüber den Armen und den Ausgestoßenen.“ Der
Papst begrüßte neben den 150 Bischöfen und 2000 Priestern ausdrücklich den italienischen
Vize-Premier Francesco Rutelli. Das Jugendtreffen sei die Gelegenheit, betonte der
Politiker später, zu zeigen, dass der Katholizismus in Italien ein „tiefliegendes
Phänomen“ und im Volk verwurzelt sei. Doch Benedikt XVI. wollte nicht nur zu Italien
und seinen Jugendliche sprechen. Seine Botschaft war Vorbote zum Weltjugendtag in
Sydney und war ein Auftrag an die Welt. „Eines der Felder, in denen ein Einsatz
dringend notwendig ist, ist ohne Zweifel der Schutz der Schöpfung. Den neuen Generationen
ist die Zukunft des Planeten anvertraut.“ Der Fortschritt sei nicht immer im Gleichschritt
mit der Natur gegangen. „Bevor es zu spät ist“, müsse man mutige Entscheidungen
treffen, „die wieder einen festen Bund zwischen Mensch und Erde schließen können“.
Dazu brauche es „ein entschiedenes Ja zur Bewahrung der Schöpfung und großes Engagement“.
Die zerstörerischen Tendenzen seien sonst unwiderruflich. In Loreto, unweit vom
„Haus Marias“, das der Legende nach Engel im 13. Jahrhundert aus dem Heiligen Land
an die Adria gebracht haben sollen, durfte der Verweis auf die Gottesmutter nicht
fehlen: Ihr bescheidenes und demütiges „Ja“ empfahl Benedikt den Jugendlichen als
Beispiel. „Auch wir können so das Ja Gottes an die Menschheit erfahren, aus dem
jedes Ja unseres Lebens erwächst.“ Demut sei damit keine Niederlage, sondern „ein
Sieg der Liebe über den Egoismus“. Applaus für klare, kurze Sätze - voller Glauben,
aber in einfacher Sprache. Benedikt war nachsichtig, wenn die Liturgie unterbrochen
wurde, lächelte den Jugendlichen aufmunternd zu. In Loreto wurde in den zwei Tagen
eine Beziehung greifbar, die in den vergangenen Jahren gereift war. Der Papst und
die Jugendlichen verstehen sich: „Mir hat besonders gut gefallen, als er gesagt
hat, alle Jugendlichen mit ihren Problemen und Zweifeln, sind hier um ihren Glauben
zu zeigen, den wir alle gemeinsam haben. - Mich hat die Kraft seiner Gedanken beeindruckt.
Mich die Begeisterung, mit der er da war, und seine Worte der Hoffnung. - Sie haben
uns ein Beispiel gegeben. Wir Jungen müssen Zeugen sein, dass das Leben schön ist.
- Dank dieser Gemeinschaft hier habe ich mehr Freude mit Gott zu sprechen, als wenn
ich alleine bin. - Der Papst legt Wert auf uns Jugendliche. Er achtet nicht darauf,
was allüberall über die jungen Menschen gesagt wird. - Mir bleiben ganz viele Emotionen
hängen, die ich durchlebt habe. Das ist das erste Mal, dass ich so etwas erlebe und
es war wunderschön.“ Loreto soll nicht alles gewesen sein. Das italienische
Jugendpastoralprojekt mit Namen Agora läuft noch zwei Jahre weiter. Beim Weltjugendtag
in Sydney wird man sich wiedersehen. Doch der Papst wollte nicht nur zu den Jugendlichen
auf dem Feld an der Adriaküste sprechen. In Anlehnung an die Aussendung der 72 Jünger
beauftragte Benedikt 72 Jugendliche aus verschiedenen Diözesen und Gemeinschaften.
Stellvertretend für alle sollen sie den Glauben in den Alltag tragen. Sie können den
Mut beweisen, anders zu sein. (rv 02.09.2007 bp)