2007-09-02 14:04:18

Italien: Papst ermuntert zu Engagement und Liebe


RealAudioMP3 Die Kirche kenne keine Randgruppen, schließe niemanden aus. Das hat Papst Benedikt XVI. gestern Abend vor mehr als 300.000 Jugendlichen in Loreto betont. Auf einem Feld in der Nähe des italienischen Marienwallfahrtsortes begann am Samstag abend das Jugendtreffen, das als Auftakt zum Weltjugendtag 2008 in Sydney gilt. Benedikt war gestern Nachmittag nach Loreto aufgebrochen und feierte gemeinsam mit den Jugendlichen eine Gebetsvigil:


Es waren dann noch viel mehr Jugendliche als erwartet, die bei sommerlichem Wetter an der Gebetsvigil in Loreto bei Ancona teilnahmen. Der Papst antwortete in freier Rede auf Fragen von Jugendlichen und ermunterte sie zu gesellschaftlichem Engagement und zu einem Leben ohne Zukunftsängste. Christen müssten Zentren bilden…


„in der Peripherie und so helfen, die Dinge zu bewältigen, die die große Politik offensichtlich nicht bewältigen kann. Gleichzeitig müssen wir daran denken, dass ungeachtet der großen Machtkonzentration gerade in der Gesellschaft von heute das Bedürfnis groß ist nach Solidarität, dem Sinn nach Gerechtigkeit und dem Engagement und der Kreativität aller.“

 
Viele Jugendlichen fühlten sich in ihrem Glauben allein gelassen, die kirchliche Gemeinschaft schenke den Jugendlichen Kraft:


„Es ist heute schwierig zu seinen Freunden über Gott zu sprechen, und vielleicht noch schwieriger, wenn es um die Kirche geht, weil sie in Gott nur die Beschneidung unserer Freiheit sehen, einen Gott der Gebote und der Verbote und in der Kirche sehen sie ein Institution, die unsere Freiheit einengt und die uns Verbote auferlegt. Aber wir müssen vielmehr die lebendige Kirche sichtbar machen, nicht diese Idee eines Machtzentrums in der Kirche mit diesen äußeren Etiketten, sondern eine Weggemeinschaft, in der – trotz aller Probleme des Lebens, die es gibt – man erlebt, wie für alle die Freude des Lebens hervorgeht.“

 
In seiner Predigt betonte der Papst einmal mehr den Wert von Ehe und Familie. Von Maria sollten die jungen Christen die Schönheit der Liebe lernen, sagte der Papst und warnte vor egoistischen Auffassungen von Beziehungen.


„Im Blick auf Maria werdet ihr die Schönheit der Liebe entdecken, allerdings nicht einer Liebe im Sinne eines „Wegwerfartikels“, vergänglich und trügerisch, gefangen in einer egoistischen und materialistischen Mentalität, sondern die Schönheit der wahrhaftigen und tiefen Liebe.“

Eigens wandte er sich an Jugendliche aus Scheidungsfamilien. Mit dem Beistand Gottes und der Gottesmutter sollten sie sich von Trennungserfahrungen in ihrem Umkreis nicht entmutigen lassen.


„Wie oft sehen wir in unserm Umfeld das Scheitern der Liebe! Wie viele Paare lassen das Haupt hängen, geben auf und trennen sich! Wieviele Familien gehen in die Brüche. Wie viele Jugendliche auch unter euch, haben die Trennung und Scheidung ihrer Eltern miterlebt.
Ich möchte am heutigen Abend dem sagen, der sich in einer solch delikaten und komplexen Situation befindet: Die Muttergottes, die Gemeinschaft der Glaubenden, der Papst stehen euch zur Seite und beten, dass die gegenwärtig zu beobachtende Krise der Familie nicht ein endgültiges Scheitern bedeutet.“


„Habt keine Angst! Jeder von euch kann, wenn er mit Christus vereint bleibt, große Dinge verbringen“, so der Papst weiter. Vielen Heranwachsenden erscheine heute ein glückliches Leben wie ein nahezu unerfüllbarer Traum. Dagegen verwies er auf die Gottesmutter Maria, die als junge Frau mit ihrem Ja ihr Leben und die gesamte Menschheitsgeschichte verändert habe. „Nichts ist für den unmöglich, der sich Gott anvertraut“, so der Papst.


Das „Haus Marias“, das der Legende nach Engel 1294 aus Nazareth nach Loreto getragen haben, sei Ort der „friedvollen Begegnung“ und „authentischer Freude“. „Der Papst ist euch nahe“, rief Benedikt den seit Stunden feiernden und singenden Jugendlichen zu. „Er teilt eure Freuden und eure Leiden, vor allem teilt er eure innersten Hoffnungen und für jeden erfleht er beim Herrn ein erfülltes und glückliches Leben, ein Leben das reich ist an Sinn, ein wahrhaftiges Leben.“

Benedikt verabredete sich mit den Jugendlichen für Sydney im nächsten Jahr, auch wenn er wisse, so der Papst, dass für viele Australien am anderen Ende der Welt liege. In der Hafenstadt findet vom 15. bis 20. Juli der nächste Weltjugendtag statt.


Internationales gab es auch in Loreto, nicht nur in der Vorausschau auf Sydney. Benedikt segnete ein Kreuz, das für eine Kirche in Äthiopien bestimmt ist. Mit einer SMS-Aktion sammelten die Jugendlichen die ganze Nacht auch via Fernsehen Geld für den Bau einer Kirche in der kleinsten Diözese Äthiopiens.

Am Abend besuchte Benedikt gemeinsam mit einigen Bischöfen das Marienheiligtum von Loreto. Via Fernsehschaltung war er mit den inzwischen fast 400.000 Jugendlichen auf dem Feld verbunden. Dort begann eine große Glaubensfeier mit Musik und Tanz. Ein junger Mann erzählte von seiner Mafiavergangenheit. Der erst im Juli aus philippinischer Geiselhaft befreite Missionar Giancarlo Bossi sprach zu den Jugendlichen und rief sie dazu auf, niemals ihren Traum aus den Augen zu verlieren.


„Heiliger Vater, ich bin glücklich, heute abend bei ihm zu sein und meinen Dank ausdrücken zu können: Dank an Gott, der voll Liebe mein Leben in seinen Händen gehalten hat, Dank an Sie, weil sie mich während meiner Geiselhaft in Ihrem Herzen bewahrt haben, Dank an alle diese Jugendliche, wie sie durch ihre Gebete und ihre Liebe mir den Mut gegeben haben, Christus, seiner Kirche, meiner missionarischen Berufung und meinen Angehörigen treu zu bleiben. Danke im Namen Gottes.“

Die Feier wurde vom Staatsfernsehen übertragen und gestaltet von national bekannten Schauspielern. Mit dabei auch der Tenor Andrea Bocelli, der Liedermacher Lucio Dalla und sein eigens geschriebener Song INRI, und der italienische Cantautore Claudio Baglioni, der landesweit Stadien füllt. Sein Bekenntnis:


„Spiritualität ist der ,Treibstoff’, ist das Licht, das die Straße erhellt. Ist eine Leuchtrakete, die das erleuchtet, was wir noch nicht sehen. Spiritualität ist also eine Notwendigkeit, wie die Luft. Wir nehmen sie nicht wahr, sie ist immer da, aber ohne sie könnten wir nicht atmen, geschweige denn leben.“

Höhepunkt des Abends war ein Gebet zur Gottesmutter. Benedikt hatte es eigens Anfang des Jahres für das Treffen in Loreto verfasst:


Maria, Mutter des »Ja«, du hast auf Jesus gehört
und kennst den Klang seiner Stimme und den Schlag seines Herzens.
Du Morgenstern, sprich zu uns über Ihn,
und erzähle uns, wie du Ihm auf dem Weg des Glaubens nachfolgst.

 
Maria, die du in Nazaret mit Jesus zusammengewohnt hast,
präge unserem Leben deine Gefühle ein,
deine Fügsamkeit, dein Schweigen, das zuhört
und das Wort in wahrhaft freien Entscheidungen zum Erblühen bringt.

 
Maria, erzähle uns von Jesus, damit die Frische unseres Glaubens
in unseren Augen erstrahle und die Herzen jener erwärme, die uns begegnen,
wie du es beim Besuch bei Elisabeth getan hast,
die sich in hohem Alter mit dir über das Geschenk des Lebens gefreut hat.

 
Maria, Jungfrau des »Magnifikat«,
hilf uns, die Freude in die Welt zu bringen, und ermutige wie in Kana
alle jungen Menschen, die sich im Dienst an den Brüdern engagieren,
nur das zu tun, was Jesus sagt.

 
Maria, richte deinen Blick auf die Agora der Jugendlichen,
damit sie zu einem fruchtbaren Boden der italienischen Kirche werde.
Bitte dafür, daß Jesus, der gestorben und auferstanden ist, in uns neu geboren wird
und uns verwandle in einer Nacht voller Licht, die erfüllt ist von Ihm.

 
Maria, Gottesmutter von Loreto, du Pforte des Himmels,
hilf uns, den Blick nach oben zu richten.
Wir wollen Jesus sehen. Mit ihm sprechen.
Allen seine Liebe verkünden.

(rv/kna 02.09.2007 bp / mc)








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