Ein Jahr nach Regensburg: Wie ist die Papstrede in islamischen Ländern aufgenommen
worden?
Ein Jahr ist es nun
her, dass Papst Benedikt nach Bayern gereist ist – Für den meisten Wirbel hat – global
gesehen – die Regensburger Rede gesorgt. An der Katholischen Universität in Eichstätt
fand jetzt eine Tagung statt, auf der im Rückblick diskutiert wurde, wie die Rede
in der islamischen Welt aufgenommen worden ist. Organisiert wurde die Tagung unter
dem Titel „Ruhe nach dem Sturm?“ u.a. von Carsten Walbiner vom Nahostreferat des Katholischen
Akademischen Ausländer-Dienstes in Bonn. Es sei auf westlicher Seite deutlich geworden,
dass Glauben und Religiosität im Islam eine ganz andere Rolle spielen als in der doch
letztlich säkular geprägten westlichen Welt, so Walbiner. Andererseits habe es im
islamischen Raum Verständnis dafür gegeben, dass im Westen auch Religiöses kritisch
hinterfragt werde. Ein Dialog über theologische Fragen ist aber auch nach Regensburg
schwierig, meint Carsten Walbiner:
„Es muss ein Dialog des Lebens sein.
Ich glaube auch, dass es schwierig ist, über bestimmte theologische und dogmatische
Fragen mit der Hoffnung auf eine Lösung ins Gespräch zu kommen. Das ist nun mal der
Charakter der Religion, dass sie hier einen gewissen Vertretungsanspruch für ihre
eigene Wahrheit in Anspruch nehmen. Aber ich glaube, dass Vertreter beider Seiten
über viel mehr ins Gespräch kommen können, als das bisher der Fall gewesen ist. Hier
gab es einige sehr hoffnungsvolle Zeichen aus einem Land, das wir gemeinhin für sehr
abgeschlossen halten, oder sehr konservativ, nämlich dem Iran, wo die Debatte über
die Rede Benedikts erstaunlich offen geführt wurde , durchaus auch kontrovers und
vor allem – das ist sehr wichtig – nicht gewalttätig. Es gab keine Aufforderungen
zum Beispiel dem Papst körperliche Gewalt anzutun, was in der Vergangenheit immer
wieder einmal vorgekommen ist. Und hier gibt es auch eine interessante Entwicklung
in der theologischen Szene des schiitischen Islam, wo sich Geistliche Fragen öffnen,
denen sich auch Kirche öffnen musste und zum Beispiel im II. Vatikanum zu einigen
innovativen Positionen gekommen ist. Das ist etwas, wo auch der Islam etwas von der
Kirche lernen kann in ihrer Anpassung an die Forderungen der modernen Welt.“
Allerdings,
die überhitze Stimmung vor einem Jahr ist zum Teil auch den Gesetzen des Internet-
und Fernsehzeitalters geschuldet:
„Die Papstrede ist ja ein Zeichen wie
Medien auch Meinung machen: Der ägyptische Teilnehmer hat sehr überzeugend vor Augen
geführt, dass die ersten, die die islamische Welt als beleidigt dargestellt haben,
nicht die Muslime selbst gewesen sind, sondern die liberale zum Teil etwas papstkritische
Presse in England und den USA. Es gibt natürlich gewisse Bedenken und Positionen,
die man durchaus als richtig anerkennt auch in einer breiten Öffentlichkeit darzustellen,
weil sie auch missverstanden werden können.“
Wie ist die Wirkungsgeschichte
der Regensburger Rede zu beurteilen? Das Resümee Walbiners ist gemischt:
„Situation
ist nach wie vor schwierig, das hat nicht unmittelbar mit der Rede zu tun. Vielmehr
sollte man die Rede und sie wird auch von einigen wenigen Autoren und Intellektuellen
in der islamischen Welt so aufgefasst, sie wirklich zu einer Einladung zu einem ernsthaften
Dialog der Kulturen, zu einem kritischen Dialog der Religionen auffassen. Das heißt
allerdings nicht, dass ein anderes Ereignis auch wieder zu Eruptionen, Missverständnissen
und Auseinandersetzungen führen kann.“