2007-08-22 14:58:44

Österreich: Papst kommt nicht mit erhobenem Zeigefinger


RealAudioMP3 Nur eine einzige Reise ins europäische Ausland unternimmt Papst Benedikt XVI. in diesem Jahr. Sie führt ihn von 7.-9. September nach Österreich, zum 850-Jahr-Jubiläum des Wallfahrtsortes Mariazell. In seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo empfing der Papst letzten Samstag zu einer Art Schlussbesprechung den Wiener Kardinal Christoph Schönborn und den Grazer Bischof Egon Kapellari. Welche Themen wird Papst Benedikt bei seinem Österreich-Besuch setzen? Europa? Lebensschutz? Die sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich? Die Fragen gehen an Bischof Kapellari.

„Ich möchte generell sagen, gerade weil ich ein christlicher Realist sein will, dass die Kirche und die Gesellschaft in Österreich im Vergleich zur Situation in vielen mittel- und westeuropäischen Ländern viel besser dasteht, was kein Grund zur Selbstzufriedenheit ist – aber das ist einmal so. Auch die ökonomische Situation ist bei aller Problematik in der Existenz mancher Gruppen und Schichten ziemlich solid. Der heilige Vater wird sicher nicht als Sozialprediger kommen müssen, um die Fragen der Güterverteilung in Österreich zu klären, das ist eher eine Frage in globaler Dimension, eine Frage des Nord-Süd-Gefälles – das ist sicher nicht das Hauptthema."

Ein Hauptthema muss stattdessen auch in Österreich die Frage des Lebensschutzes bleiben, betont Bischof Kapellari.

„Und zwar dort, wo das Leben am meisten bedroht ist, nämlich am Anfang und am Ende. Deshalb wird der Heilige Vater das Christsein als Lebensfreund und Schützer des Lebens vorstellen, aber natürlich wird er das spezifisch christlich vertiefen ins Ewige Leben hinein, in die Perspektive auf Gott hin. Auf Christus schauen ist das Leitwort, das verhindert, dass man in einem noch so wichtigen ethischen Thema stecken bleibt und einem dann die Luft ausgeht, sozusagen, die ethische Energie ausgeht, weil man sich an die Quelle der spirituellen Energie, nämlich Jesus Christus, nicht angeschlossen hat.“

Wichtig findet Kapellari aber darüber hinaus die Frage: Warum sind so viele Menschen des Glaubens müde?

„Das ist kein Spezialfall für Österreich, sondern eine Frage der mittel- und westeuropäischen Gesellschaft, die der Heilige Vater bestens kennt, wo er nichts Neues sagen kann, wo er aber versucht, Worte der Weisung, der Ermunterung und auch Grenzziehungen, wo es Not tut, zu sagen."

Kapellari meint allerdings, dass Papst Benedikt nicht als großer Mahner kommen wird – das entspreche ihm nicht.

„Sein Ansatz von der Enzyklika „Deus Caritas est“ her ist klar ein positiver Ansatz: Man öffnet die Quelle des Glaubens, um zu sagen: Was tun Christen, was sollten oder könnten sie tun. Aber man dreht die Reihenfolge nicht um – was Christen nicht tun können und nicht tun dürfen. Das ist sehr wichtig heute für eine säkulare Gesellschaft, dass wir zunächst sagen, wofür wir stehen, und dann sagen, wogegen wir stehen und gehen. Aber nicht umdrehen, denn das Umdrehen wird uns gerne nachgesagt, um dann schwerhörig zu werden gegenüber der christlichen Botschaft.“

Warum kommt Benedikt ausgerechnet nach Mariazell? Aus der Perspektive der Weltkirche ist das in der Tat ein Fragezeichen. Es gibt größere und bedeutendere Wallfahrtsorte rund um den Globus – weiß auch Hausherr Kapellari.

„Es war auch für mich ein bisschen positiv rätselhaft – er war ja als Kardinalspräfekt 2004 dort, und ich habe ihn als Ortsbischof dort auch begrüßen können, und damals war noch keine Rede davon, dass er sich die Zeit nehmen würde, wiederzukommen. Er hat sicherlich so nebenher gesagt, der Ort ist so schön, da sollte man öfter herkommen, aber da war er halt Kardinal, und er wusste nicht, dass er Papst werden würde, niemand wusste das.“

Die österreichischen Bischöfe haben dann bei ihrer Vollversammlung im Juni 2005 offiziell beschlossen, Benedikt zur 850-Jahr-Feier nach Mariazell einzuladen. Viel Hoffnung, dass der Papst kommen würde, hatten die Bischöfe damals nicht.

„Wir wussten als Rahmenbedingung, dass er wenig Zeit hat und dass er viele Einladungen bekommen würde, auch außerhalb Europas. Wir haben eine herzliche und ernst gemeinte Einladung ausgesprochen, aber wir wussten natürlich, dass wir nicht der Nabel der Welt sind. Auch nicht der Nabel der Weltkirche. Dass der Papst sich trotzdem die Zeit nimmt herzukommen, war eine Überraschung und für uns ein geistliches Geschenk! Ich werde ihn auch als Ortsbischof einleitend mit den Worten begrüßen: Mit großer geistlicher Freude darf ich Sie hier an diesem uralten Gnadenort willkommen heißen.“
(rv 22.08.2007 gs)







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