Dass Amnesty International den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in Fällen wie Vergewaltigung
in Zukunft fordern will, hat zu Widerspruch von Lebensschützern und von Vertretern
der katholischen Kirche geführt. Katholische Theologen sind sich einig, dass Abtreibung
in jedem Fall nicht legalisiert werden dürfen. Ob aber in Extremfällen wie Vergewaltigungen
jede Abtreibung schuldhaft ist, ist eine Frage, die diskutiert wird. Hier handele
es sich nämlich um ein besonderes moraltheologisches Dilemma, sagt Eberhard Schockenhoff,
er ist Professor für Moraltheologe an der Universität Freiburg und katholischer Priester.
„Im Fall der Vergewaltigung ist es ein wirkliches Dilemma, denn hier ist
die Frau selbst das erste Opfer eines Verbrechens geworden. Jetzt gibt es nur noch
dann eine moralisch einwandfreie Auflösung des Konflikts, wenn die Frau, die gerade
Opfer eines Verbrechens wurde, eine übermoralische, heroische Anstrengung vollbringt
und dieses Kind, das in ihr heranwächst, das sie an das Verbrechen erinnert, dessen
Opfer sie wurde, annehmen und lieben kann. Das übersteigt den Bereich dessen, was
man als Pflicht bezeichnen kann. Das ist die einzige Antwort einer hochherzigen Liebe,
die diesen moralischen Konflikt wirklich bestehen und auflösen kann. Aber zu solch
einer hochherzigen Liebe sind viele Frauen nicht in der Lage, in dieser, für sie sehr
dramatischen Situation.“