Die Kirche gedenkt
heute des Heiligen Dominikus: Er lebte im 13. Jahrhundert und gründete den so genannten
„Orden der Predigerbrüder“, besser bekannt als Dominikanerorden. Eins seiner Mitglieder
arbeitet seit gut einem Jahr hier bei Radio Vatikan: Pater Max Cappabianca OP. Silke
Schmitt hat mit ihm über den Heiligen Dominikus und den von ihm gegründeten Orden
gesprochen.
Wer war der Heilige Dominikus?
Dominikus war – anders
als der charismatische Franz von Assisi – jemand, der ganz hinter sein Werk zurücktritt.
Aus den Zeugnissen derer, die ihn kannten, erschließt sich, dass er ein sehr sensibler
Mann gewesen sein muss. Er hat sich von der Situation der Menschen anrühren lassen:
„Mitleid“ – das ist ein ganz wichtiges Wort für ihn! Ein anderer wichtiger Aspekt
drückt sich in dem Motto des Ordens aus, den er gegründet hat: Wahrheit.
Wahrheit
– hängt das mit der Inquisition zusammen?
Oft werden Inquisition und Dominikaner
in einen Topf geworden, obwohl die Geschichte viel komplexer ist. Aber in der Tat
wurden der Dominikanerorden im Zusammenhang mit den Katharern gegründet – einer häretischen
Bewegung mit dualistischem Weltbild. Dominikus wollte die Irrlehre aber nicht mit
dem Scheiterhaufen bekämpfen, sondern mit der Kraft des Wortes und mit dem Vorbild
des eigenen Lebens. Deswegen hat er den „Prediger“-Orden gegründet, um sich ganz der
Wortverkündigung zu verschreiben. Seine Bettelmönche sollten in einer übersättigten
Kirche wieder glaubwürdig Zeugnis geben.
Warum war
Dominikus eigentlich so ein toller Typ?
Nun, wie gesagt, wir wissen sehr
wenig vom Heiligen Dominikus. Er hat keine einzige Schrift hinterlassen. Es gibt ein
paar Zeilen an Nonnen in Madrid – wir würden vielleicht sagen, ein Postkarte. Er tritt
eigentlich völlig hinter seinem Orden zurück. Er hat uns unsere Konstitution, also
unsere „Regierungsform“ hinterlassen, und da merkt man am ehesten seinen Geist. Ich
glaube, die Sensibilität für die Menschen, das Mitleid und immer dranzubleiben an
der Wahrheit; die Freude am Gemeinschaftsleben, sich nicht zurückzuziehen, sondern
für andere da zu sein, im Orden, aber auch draußen – das ist es, was den Dominikus
für mich ausmacht.
Zur Zeit tagt in Bogotà in Kolumbien das Generalkapitel
des Dominikanerordens. Was wird da gemacht?
Unser Orden ist auf allen Kontinenten
vertreten, außerdem ist die Regierungsform konsequent demokratisch. Deswegen gibt
es alle drei Jahre solche Kapitel, auf denen alle wichtigen Fragen zusammen diskutiert
werden. Beim jetzigen Kapitel geht es u.a. um Neugründungen in Thailand und in Äthiopien.
Aber unser Ordensmeister Carlos hat zum Beispiel auch darauf hingewiesen, dass die
Mission in Ostdeutschland – wir deutschen Dominikaner haben in Leipzig ein traditionsreiches
Haus – eine Priorität des ganzen Ordens sein muss. Wir sind auf den Impuls von Bogotà
gespannt!
Warum gibt es denn noch heute Dominikaner?
Ich glaube,
dass das Ursprungscharisma auch heute noch absolut aktuell ist. Wir Dominikanerinnen
und Dominikaner vertrauen auch heute noch auf die Kraft des Zeugnisses und glauben
– gegen die Beliebigkeit der Postmoderne –, dass Kommunikation wahrheitsfähig ist
und daher gelingen kann. Den Grund hat dies in der Menschwerdung Jesu – ich würde
sagen einem Dreh- und Angelpunkt der dominikanischen Spiritualität. Zwar war und ist
für uns das Studium immer sehr wichtig, aber niemals, um über den Köpfen zu schweben,
sondern um bei den Menschen sein zu können – so wie es Jesus vorgemacht hat! Auch
ein Thomas von Aquin, einer der größten Dominikaner aller Zeiten, hat das Studium
nie als Selbstzweck angesehen. Das ist, glaube ich, der Grund, weswegen wir Dominikaner
manchmal so ausgefallene Dinge treiben.
Was denn zum Beispiel?
Es
gab beispielsweise sehr viele Dominikaner, die mit Künstlern und Literaten zu tun
hatten. Ich kenne einen Mitbruder, der ein Café in Paris geführt hat und daher vor
allem nachts gearbeitet hat, oder einen anderen, der als Seelsorger für Prostituierte
tätig war. Wir versuchen aber auch im Medienbereich stark zu sein… Aber es gibt auch
viele „normale“ Brüder und Schwestern, die man – glaube ich – immer an ihrer Art zu
predigen erkennen kann. Ich hoffe das jedenfalls!
Was ist das besondere
an der dominikanischen Predigt?
Es gibt eine andere „Maxime“ unseres Ordens,
die das eigentlich sehr schön ausdrückt: „Contemplari et Contemplata aliis tradere“.
Zu Deutsch: „Beten und das im Gebet Geschaute den anderen weitergeben“.Das
meint, dass die Quelle unserer Spiritualität die Gottesbegegnung ist und wir das einfach
nicht für uns behalten können. Ich glaube, so eine Begeisterung für Gott, der in Jesus
auf unserer Seite steht: Das ist das Markenzeichen für die dominikanische Predigt
- sensibel für die Menschen, wie der Heilige Dominikus.
Was
war deine originellste Predigt?
Ich habe einen Fernsehgottesdienst zum
Thema „Salz der Erde“ gehalten. Ich hatte einen riesengroßen Salzsack vor dem Altar
stehen und habe dann erklärt, dass wir Salz geben müssen und auch Salz sein können.
Dass wir sozusagen das Salz in der Suppe sein können. Das hat die Leute sehr angesprochen,
viele haben gefragt, ob in dem Sack wirklich so viel Salz drin war. Es waren wirklich
100 Kilo Salz.
Bist Du gerne Dominikaner?
Ja klar, ich bin mit
22 eingetreten und jetzt schon seit über zehn Jahren dabei. Ich habe das keinen einzigen
Tag bereut! Wir sind manchmal ein ganz schön chaotischer Haufen, aber ein liebenswürdiger.
Warum
bist du eigentlich Dominikaner geworden? Was war ausschlaggebend für Deine Entscheidung
zu sagen, „Ich werde Dominikaner und nicht Franziskaner“? Es ist
immer so eine Sache mit der Berufung. Ich denke, es war eine Blitzentscheidung, ich
habe irgendwann gemerkt „die sind es“. Ich hatte auch überlegt Jesuit zu werden, ein
toller Orden, Franziskaner habe ich mir angeschaut, Weltpriester, also in einer Pfarrei,
aber irgendwann merkte ich, dass Gott das von mir wollte. Und dann musste ich das
machen.
Warum hast du gesagt, „die Dominikaner, die
sind es“? Es gibt eine ganze Reihe von Gründen. Zum einen ist es
ein Predigerorden. Ich predige sehr gerne und wie gesagt, ich kann das einfach nicht
für mich behalten, ich muss den Leuten einfach davon erzählen, was mir im Glauben
wichtig ist, was Jesus bedeutet. Ich glaube das hat eine Bedeutung für Alle. Das Zweite
ist das Studium. Unser Orden hat eine große Tradition im Studium, mich hat die Theologie
schon immer fasziniert. Wir sollen ein ganzes Leben lang studieren. Ich wohne auch
in einer Hochschule und studiere auch immer noch weiter, obwohl ich schon 35 Jahre
alt bin. Dann war auch das gemeinsame Leben wichtig, wir haben Observanzen, das heißt,
wir haben ein Habit, wir haben ein Chorgebet, der Tag wird strukturiert, wie bei Benediktinern
auch. Das hat mir beispielsweise bei den Jesuiten weniger gefallen: Die beten nicht
zusammen, sondern jeder für sich. Dann unsere Regierungsform, die sehr demokratisch
ist. Alle Oberen werden von unten nach oben gewählt. Viele wissen gar nicht, dass
mitten in der Kirche ein völlig demokratischer Orden existiert. Einer der wichtigsten
Gründe ist die Tradition, in der ich stehe. Es gibt neben Thomas von Aquin jemanden
wie Meister Eckert, ein großer Mystiker, Katharina von Siena, die den Mut hatte auch
dem Papst den Marsch zu blasen, als sie merkte, „der macht das nicht richtig“. Oder
auch heutige Menschen, wie Frei Betto in Brasilien, der sich gegen Ungerechtigkeit
wendet….ich könnte jetzt ewig weiter aufzählen. Einfach in diesem Strom der
Tradition zu stehen und ein Stück die Fackel weiterzugeben, das ist das, was ich gerne
möchte. Deswegen bin ich Dominikaner geworden. Was bedeutet das
OP hinter dem Namen?
„Ordo Praedicatorum“ – das heißt „Predigerorden“. Das
heißt aber nicht „Ohne Predigtbegabung“, wie die Jesuiten immer behaupten!
Wie
ist das als Dominikaner bei Radio Vatikan, das ja von Jesuiten geleitet wird?
P.
Lombardi und P. von Gemmingen sind als Chefs super! Wenn ich manchmal in meinem weißen
Habit komme, dann ziehen mich die Jesuiten schon mal auf - man wird dann im Vatikan
leicht mit dem Papst verwechselt… Aber ich freu mich, mit den Kolleginnen und Kollegen
zusammen vom Papst und der Weltkirche zu berichten.
Die Dominikaner hier
in Rom leben sehr exquisit. An der „Via Nazionale“, es ist sehr hübsch dort. Ist das
überall so? Haben die Dominikaner immer so ein schönes Fleckchen, wo sie leben? Und
kannst du uns ein bisschen von deinem Alltag erzählen?
Wir Dominikaner leben
eigentlich immer da, wo die Menschen uns brauchen. Das ist dann der Grund für die
Gründung von Klöstern. Das Kloster, in dem ich jetzt wohne, ist ein altes Nonnenkloster,
das noch zurückgeht auf eine Gründung von Papst Pius V., der dort um die Ecke wohnte,
nämlich auf dem Quirinal. Das ist der Grund, und es ist mehr oder weniger zufällig,
wobei ich mich natürlich freue, einen schönen Blick auf das Forum Romanum zu haben.
Das Entscheidende ist, das wir dort sind, wo die Menschen uns brauchen. Hier in Rom
betreiben wir eine Hochschule. Damit bilden wir Menschen für die ganze Weltkirche
aus. Bei uns sind viele Afrikaner, Inder und Südamerikaner, das ist der Dienst, den
wir leisten. In Deutschland sind wir an anderen Orten, wie zum Beispiel in Leipzig,
weil wir für die Menschen dort da sein wollen. Oder in Berlin, etwa in der Nähe des
Regierungsviertels, weil wir glauben, dass da ein Engagement wichtig ist. Hier in
Rom ist es exquisit, aber es gibt auch Wohnungen in Vororten von Paris, wo man nicht
unbedingt wohnen möchte, aber wir Dominikaner finden, dass es wichtig ist, dort zu
sein. Mein Alltag sieht so aus wie bei allen Dominikanern, ich fange mit
einem Morgengebet an, dann geht es an die Arbeit, wenn es möglich ist, gehe ich mittags
nach Hause, das ist bei mir selten der Fall, zum Mittagsgebet und dem Mittagessen.
Dann wieder an die Arbeit, Studium oder, in meinem Fall, die Arbeit für das Radio.
Den Tag schließt mit einem Abendgebet, und wenn noch gemeinsame Aktionen mit Menschen
oder unter den Brüdern anstehen, dann mache ich das. Ansonsten gibt es auch Freizeit
bei uns.
Du hast gesagt, mit 22 Jahren hast Du dich entschlossen Dominikaner
zu werden, jetzt bist du „geschlagene 35“. Was war denn so ein Höhepunkt in den letzten
Jahren?
Für mich ist jedes Mal ein Höhepunkt, wenn ein Mitbruder Profess
macht. Das heißt, ein Versprechen abgibt und sagt „ich möchte bis zum Tod in dieser
Gemeinschaft leben“. Das ist so ein bisschen wie heiraten. Obwohl ich natürlich nicht
mit denen verheiratet bin. Es gibt auch Brüder, mit denen ist es, gelinde gesagt,
schwer zusammenzuleben. Aber wenn Leute den Mut haben, so einen Schritt zu wagen,
wie ich es vor vielen Jahren auch gemacht habe – das ist jedes Mal ein Höhepunkt.
Und Gott sei Dank, haben wir eigentlich jedes Jahr Professen.