Er mag Menschen, Tennis
und Karaoke, ist Ordensmann, Experte für den christlich-islamischen Dialog und nicht
zuletzt, sagen wir: Halb-Österreicher. Pater Markus Solo stammt zwar aus Indonesien,
hat aber die vergangenen 15 Jahre fast ganz in Österreich verbracht. Vor wenigen Tagen
ist Pater Solo nach Rom übersiedelt, wo er eine Stelle am päpstlichen Rat für den
interreligiösen Dialog angetreten hat. Hier ein Porträt des Steyler Missionars, den
man in Österreich am liebsten gar nicht hätte weggehen lassen.
„Als ich
nach Österreich kam, konnte ich Guten Morgen sagen, danke, und ich habe Hunger. Und
auf Wiedersehen.“
Das liegt hörbar schon eine Weile zurück. Markus Solo
Kewuta SVD kam 1992 nach Österreich – aus dem fernen Indonesien.
„Ich habe
im Gymnasium auf der Insel Flores in Indonesien ganz wenig Deutsch gelernt, nur um
zu überleben bei der Prüfung!“
In der Zwischenzeit hat Pater Solo nicht
nur ein ausgezeichnetes Deutsch nebst Englisch und Arabisch gelernt, sondern auch
Theologie studiert, die Priesterweihe empfangen, als Kaplan und Seelsorger gearbeitet.
Und das, was sein vatikanischer Auftrag sein wird, nämlich der Dialog zwischen Christen
und Muslimen, hat er in ganz kleinem Kreis begonnen: in einer Pfarre im 10. Wiener
Gemeindebezirk, der einen hohen Ausländeranteil aufweist.
„Ich habe im
ersten Jahr viele Vorträge gehalten in Gruppen, Schulen, und natürlich tauchten viele
Fragen auf, und das alles hat mir sehr geholfen, um die Lage des christlich-islamischen
Dialogs in Wien und Österreich kennen zu lernen und zu verstehen.“
„Sozialer
Brennpunkt“ würde der 10. Bezirk wohl heißen, wären wir in Paris oder London. Doch
sind wir in Wien. Hier ticken die Uhren anders. Irgendwie gelassener.
„Der
Dialog zwischen Christen und Muslimen in Österreich funktioniert. Zum einen denke
ich, dass Österreich ein gemütliches und friedliches Volk ist. Die Österreicher legen
Wert auf Harmonie, Verständnis dem Fremden gegenüber. Zum anderen darf ich auch erwähnen,
dass die Muslime in Österreich auch ein friedliches Leben führen. Sie verhalten sich
irgendwie gut und friedlich, und das trägt auch dazu bei, dass keine Provokation entsteht.“
Auch eine Rolle spielt, dass schon Kaiser Franz Joseph in seinem Vielvölkerstaat
Österreich die Muslime rechtlich anerkannte.
„Seit 1912 gibt es ein Abkommen
auf der institutionellen Ebene zwischen Österreich und den zugewanderten Muslimen
im Land. Sie sind anerkannt seit dem Zeitpunkt, und das ist die konstitutionelle Grundlage
für sie, und sie wissen das zu schätzen. Es ist anders als in anderen Ländern.“
Markus
Solo hat zuletzt in Wien das Afro-Asiatische Institut, kurz AAI, geleitet, ein von
Kardinal Franz König gegründetes Studien- und Kulturzentrum, an dem junge Leute aller
Herren Länder wohnen. Nicht zuletzt aufgrund seiner Vielsprachigkeit ist der 38-jährige
Pater ein Brückenbauer zwischen den Kulturen. Deshalb findet er es unerlässlich für
Einwanderer, die Sprache des Gastlandes zu lernen. Verpflichtende Kurse für Immigranten
sind politisch nicht unumstritten - Pater Solo hat kein Problem damit.
„Ich
lege Wert darauf, dass die Einwanderer die einheimische Sprache beherrschen müssen.
Das ist die erste große Voraussetzung, um Menschen zu verstehen und ihre Kultur, ihre
Gewohnheiten. Die Kommunikation ist das wichtigste. Ohne die Beherrschung der Sprache
funktioniert die Integration, das große Wort, in Europa nicht. Die Länder Europas
sollen wirklich drauf schauen, um auf konstitutioneller Ebene zu fixieren, dass die
Beherrschung der Sprache ein wichtiger Punkt sein soll für die Einwanderer.“
Zwar
könne man Dialog nicht erzwingen. Aber wo Sprachkenntnisse fehlen, ist Dialog gar
nicht erst möglich.
„Dialog muss von innen her entstehen und wachsen. Dialog
kann man nicht erzwingen, Dialog ist eine feine Sache, eine empfindliche Sache, man
muss eine gewisse Überzeugung haben und gewinnen, das ist ein Prozess, und braucht
auch einen Reifungsprozess. Dazu braucht man auch die Beherrschung der Sprache, um
manche Unannehmlichkeiten oder Empfindlichkeiten zu beseitigen. Wenn man die Sprache
des Landes nicht versteht, ist man schnell empfindlich und schnell blockiert.“
Schon
P. Solos Herkunft prädestiniert ihn als Fachmann für den christlich-muslimischen Dialog.
Indonesien ist das größte muslimische Land der Welt.
„Dialog in Indonesien
befindet sich immer wieder in einem Reifungsprozess. Es ist ein Ziel, das sehr weit
weg liegt, wenn man die gegenwärtige Situation betrachtet. Ich bin in einer Region
geboren, wo die Katholiken die Mehrheit sind. Flores ist die einzige Große Ausnahme
in Indonesien, wo sehr viele Katholiken leben aufgrund des Kolonialismus durch Spanier
und Portugiesen. Aber es gibt doch auch Muslime auf der Insel Flores.“
Lange
Jahre galt Indonesien als Paradebeispiel für ein friedliches Zusammenleben von muslimischer
Mehrheit und nichtmuslimischen, nicht zuletzt christlichen Minderheiten. Doch das
Bild hat sich gewandelt: muslimische Organisationen drängen auf eine stärkere Islamisierung
der Gesellschaft; immer wieder kommt es zu blutigen Konflikten mit religiösem Hintergrund.
„Das Zusammenleben funktioniert irgendwie, weil wir Indonesier sind. Wir
sprechen Indonesisch, die gleich Sprache, erben dieselben zwei großen Kulturen, Hindu
und Buddha. Es gibt leider Gottes immer wieder Menschen, die meinen, sie sind viel
gescheiter als die anderen, viel origineller im Glauben und der Religion als die anderen.
Und sie zwingen die anderen, ihnen zu folgen. Diese Menschen kommen normalerweise
nicht direkt von den kleinen Inseln und Regionen Indonesiens, sondern meistens von
außerhalb.“
Die Arbeit des Heiligen Stuhles in Sachen interreligiösem
Dialog, die P. Solo bisher aus der Entfernung betrachtete, wird er nun an verantwortlicher
Stelle mitbestimmen. Seine Berufung an die römische Kurie geht noch auf den früheren
Präsidenten des Dialogrates, den englischen Erzbischof Michael Fitzgerald zurück.
Ihn lernte der Steyler Missionar beim Studium am päpstlichen Institut für Islamwisssenschaften
in Rom kennen. Später traf man sich bei einem Symposion der Steyler Missionare in
Mödling wieder.
„Anfang des Jahres wurde ich angerufen, um hier mitzuarbeiten.
Ich war sehr überrascht, vor allem wenn man den Anruf beantwortet und dabei heißt
es hier ist Vatikan…! Ich habe das weitergeleitet an meinen Oberen, und an den Kardinal
Schönborn, weil ich unter Schönborn im AAI gewirkt habe. Die Verhandlung hat ziemlich
lang gedauert, von Januar bis März. Das war nicht leicht, weil ich erst ein paar Monate
begonnen habe im AAI, erst vier Monate. Man hat versucht, zu verhandeln, ob es noch
machbar wäre dazubleiben, aber mein Orden hat gründliche Argumente, warum ich dieses
Angebot annehmen sollte. Die Erzdiözese Kardinal Schönborn hat auch Verständnis gezeigt
und mich gehen lassen.“
Das finden seine Freunde, und das sind viele,
schade. P. Markus ist ein geselliger Zeitgenosse, zum Bürodienst allein fühlt er sich
wenig berufen.
„Der Kontakt mit den Menschen fehlt mir wirklich. Im lauf
meiner Ausbildung in Österreich habe ich immer wieder mit vielen Menschen zu tun gehabt.
Ich bin gerne unter den Menschen, in den Pfarreien, habe Kontakt gehabt mit den Kindern,
von den Babies bis zu den alten Menschen, kann mich gut erinnern, dass meine Abschiedszeremonien
so lang gebracht haben, weil alle Menschen wollen sich verabschieden, auf irgendeine
Art und Weise. Wenn ich jetzt daran denke, dass ich in einem Büro sitze und um mich
herum sind nur Gebäude, das tut mir schon ein bisschen weh!“
Die neuen
Kollegen am Dialograt haben alles getan, um Pater Solo den Neustart in Rom so angenehm
wie möglich zu machen - vom ersten Arbeitstag an.
„Ich bin am Montag hier
angekommen. Vorher hatte ich Sorge, Hemmung, sogar Angst, ob ich wirklich wahrgenommen
werde in diesem großen Büro im Vatikan. Ich kam her und war ganz angenehm überrascht,
wie sehr offen und herzlich ich empfangen wurde sowohl von den Mitarbeitern als auch
vom Sekretär. Um elf Uhr kam der Präsident, Kardinal Paul Poupard, hat mich gleich
aufgesucht und herzlich empfangen, mir sogar Geschenke überreicht, u.a. die Landkarte
Indonesiens auf einer silbernen Platte. Ich habe mich also gleich wohl gefühlt! Hier
arbeiten 13 Leute zusammen, vom Präsidenten bis zum Hausmeister.“
Und doch
– das Seelsorgerliche, der Kontakt mit Menschen draußen, fehlt dem Pater. Eine Aushilfe
hie und da in einem Oratorium, das könnte ihm gefallen. Oratorien sind typisch italienische
Einrichtungen von Pfarren oder Klöstern, an denen Kinder und Jugendliche am Nachmittag
mit Priestern oder Ordensleuten herumtollen, Fußball spielen, Hausaufgaben machen
oder auch einmal einen halben Rosenkranz beten.
„Das wäre was für mich!
Ich liebe Sport und habe auch immer einen guten Zugang zu Kindern und Jugendlichen
gehabt. Das würde mir sehr fehlen, wenn ich nichts mit Sport und Kindern zu tun haben
würde. Falls jemand sich meldet bei mir, um Sportaktivitäten zu unternehmen, bin ich
dankbar…! Arbeiten tu ich immer Montag bis Frei, bis Samstag, leider, das ist anders
hier in Rom als in Österreich, eine Umstellung für mich, aber ich hoffe, dass ich
am Sonntag Zeit finde für Sport Aktivitäten. Ich würde diese Initiative, Oratorium,
sehr begrüßen, aber zur Zeit gibt’s noch kein Angebot…!“
Noch eine weitere
große Leidenschaft verrät uns Pater Solo: Die Musik.
„Ich liebe Sport,
ich liebe Musik, die sind für mich im Leben wir Blumen vor einem Haus. Von Österreich
hab ich auch meine ganzen Karaoke-Apparate mitgeschleppt in einem Bus, und abends
wenn ich zu Hause bin, fange ich an Karaoke zu singen und mich zu relaxen dabei. (rv
25.07.2007 gs)