Nach acht Jahren in libyscher Haft sind die in einem Aids-Prozess verurteilten bulgarischen
Krankenschwestern und ein palästinensischer Arzt frei. Cecilia Sarkozy, die Frau des
französischen Präsidenten, und EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, die in
Libyen noch einmal vermittelt hatten, brachten sie zurück nach Bulgarien. Bei ihrer
Ankunft wurden die sechs vom Präsidenten sofort begnadigt. Die ursprünglich verhängten
Todesstrafen waren vor einer Woche in lebenslange Haft umgewandelt worden, nachdem
die Familien, der angeblich vorsätzlich mit HIV infizierten Kinder Entschädigungszahlungen
erhalten hatten. Ein „normaler Prozess in der islamischen Welt“, sagte gegenüber Radio
Vatikan Pater Klaus Voecking, Islamwissenschaftler und beim Rat der Europäischen Bischofskonferenzen
Experte für Islam und Migration. „Das islamische Recht sieht vor, dass man bei
der Verurteilung auch die Möglichkeit hat, sich frei zu kaufen.“ Die EU-Kommission
lobte dagegen die „humanitäre Geste“ Libyens und des Revolutionsführers Muammar el
Gaffadi und sagte noch einmal Hilfe für die in Bengasi mit AIDS infizierten Kinder
zu. Es war ein Schauprozess, so Voecking, jedoch kein Islamischer, sondern ein
libyscher. „Es ging um die libysche Politik. Gadafi will mit Europa sich wieder
versöhnen, wenn man so will.“ Die harte Haltung bis zuletzt sei aus politischem
Kalkül nötig gewesen: „Man muss sein Gesicht wahren in der islamischen Welt. Mit
diesem Prozess hat man wirklich in Beispiel, wie man Politik betreiben kann, muss
oder nicht soll.“ Auch wenn jetzt westliche Politiker die Beziehungen zu Libyen
wieder intensivieren wollten – am Mittwoch reist beispielsweise Frankreichs Präsident
Nicolas Sarkozy nach Tripolis – Islamexperte Voecking hält den ganzen Prozess für
eine „Negativmeldung“ und „eine sehr böse Sache“: „Der Prozess an
sich hilft nicht für die Beziehung zwischen Christen und Muslime.“ Als Grund
für die HIV-Infektion hatten Wissenschaftler über Jahre hinweg die schlechten hygienischen
Bedingungen in den libyschen Krankenhäusern angeführt. Der Prozess sei eine Farce
gewesen, betont Voecking. Nach langen Jahren im Maghreb weiß er, Aids und Geschlechtsverkehr
sind in der öffentlichen Diskussion dort ein Tabuthema. (rv/dw 24.07.2007 bp)