2007-07-21 16:37:32

D: Evangelische Kirche lässt sich das Kirchesein nicht vorschreiben


RealAudioMP3 Das Papier der Glaubenskongregation hat für große Unruhe unter den deutschen Protestanten gesorgt, viele halten es für einen Rückschritt in der Ökumene. In Bensheim an der Bergstraße ist das konfessionskundliche Institut ansässig, das von der Evangelischen Kirche getragen wird. Radio Vatikan hat ein Interview mit Alexander Gemeinhardt geführt, dem Geschäftsführer des Instituts.

RV: Es ist jetzt eine gute Woche seit der Publikation vergangen. Wie ist nach Ihrem Eindruck das Papier auf evangelischer Seite aufgenommen worden?
Gemeinhardt: „Einerseits haben einige Bischöfe der evangelischen Kirchen sehr emotional reagiert und darauf verwiesen, dass in dieser Weise sich die evangelische Kirche nicht in ihr eigenes kirchliches Selbstverständnis und die eigene Definition von Kirche reinreden lassen möchte. Es ist auch mit Unverständnis darauf reagiert worden, dass relativ kurz nach dem letzten ähnlichen Papier „Dominus Jesus“ aus dem Jahr 2000 nun wieder in dieser Art und dieser Schärfe anderen Kirchen offenbar Prinzipien des ‚Kircheseins’ ins Stammbuch geschrieben werden müssen. Andererseits ist natürlich in der letzten Woche versucht worden einzuordnen, was aus Rom kam. Das haben sicherlich die evangelischen mit den katholischen Theologen gemein, dass das was aus Rom kommt, ja doch erstmal theologisch bewertet werden muss. Dort ist zu Tage getreten, dass sich dieses Schreiben nun nicht nur an die evangelischen und orthodoxen Kirchen richtet, sondern auch innerkatholisch einiges klären soll.“
RV: Kardinal Kasper hat in einer eigenen Stellungnahme die Erklärung als Einladung zum Dialog definiert? Nehmen sie diese Einladung an?
Gemeinhardt: „Kardinal Kasper ist ein ausgesprochen dialogfähiger Mann und wir hatten schon die Freude, ihn hier im Institut für Diskussionen und Veranstaltungen gewinnen zu können. Er ist auch regelmäßiger Leser unserer Zeitschriften (zum Beispiel dem „Materialdienst“, Anm. d. Red.) – das macht ihn natürlich um so dialogfähiger mit der evangelischen Seite. Es ist nun mal auch sein Amt und auch sein Charisma, in diesem Papier eine Einladung zum Dialog zu sehen. Es ist von evangelischer Seite her sicherlich nur mit ein bisschen Schmunzeln als Dialogeinladung zu verstehen, wenn eine andere Glaubensgemeinschaft ‚Regeln für das Kirchesein’ vorschreibt. Ich würde es andersherum definieren: Evangelische Kirchen sind nun auch in den letzten fünfhundert Jahren so selbstbewusst und gestärkt geworden, dass sie auch trotz eines solchen Papiers sicherlich auf allen Ebenen weiter den Dialog suchen werden. Aber eine Einladung zum Dialog ist das sicherlich nicht gewesen.“
RV: Was sind die entscheidenden Fragen, die jetzt in der Ökumene anstehen?
Gemeinhardt: „Die Fragestellungen haben sich nicht sehr verändert, sie sind nur neu ins Bewusstsein gerufen worden. Die Fragen von Amt und von der Zuordnung des Kirchenverständnisses sind weiter die wesentlichen Fragen. Die evangelische Seite muss sich im ökumenischen Dialog jetzt durchaus von der Form des Dialogs her noch ernsthafter fragen: Wie geht man überhaupt mit einem ökumenischen Partner um, nämlich der römisch-katholischen Kirche, die ihrerseits ‚Kriterien für das Kirchesein’ für andere Kirchen definiert. Und vielleicht muss da die evangelische Kirche auch umschalten. Vielleicht geht es letztlich gar nicht darum, ob die evangelischen Kirchen aus Rom als Kirche akzeptiert werden, sondern vielleicht muss sich Rom daran gewöhnen, von protestantischer Seite her akzeptiert zu werden – und zwar als christliche Glaubensgemeinschaft.“
 







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