Gestern hat die Glaubenskongregation eine Erklärung „Zu einigen Aspekten bezüglich
der Lehre über die Kirche“ veröffentlicht, die zum Teil heftigen Reaktionen auf evangelischer
Seite geführt haben. Das Dokument wirke „ökumenisch brüskierend“, erklärte der Ratsvorsitzende
der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber. Die Hannoveraner
Landesbischöfin Margot Käßmann nannte es ein „Trauerspiel, das ökumenische Pflänzchen
so austrocknen zu lassen“. Der Ökumeneminister des Papstes, Kardinal Kasper betont
hingegen heute in einer Erklärung, dass in dem Dokument nichts Neues stehe und es
daher keinen sachlichen Grund zur Empörung gäbe.
Eine sorgfältige Lektüre des
Textes mache deutlich, daß das Dokument nicht sagt, die evangelischen Kirchen seien
keine Kirchen, sondern sie seien keine Kirchen im eigentlichen Sinn, d.h. sie sind
nicht in dem Sinn Kirchen, wie die katholische Kirche sich als Kirche versteht. Die
evangelischen Kirchen legten Wert darauf, ein anderes Kirchen- und Amtsverständnis
zu haben, das Katholiken wiederum nicht für das eigentliche halten.
Wenn er,
Kasper, nach der Erklärung „Dominus Jesus“ formulierte, die protestantischen Kirchen
seien Kirchen „anderen Typs“, so sei dies nicht – wie einige Reaktionen von evangelischer
Seite vorauszusetzen scheinen – ein Gegensatz zu der Formulierung der Glaubenskongregation,
sondern der Versuch einer sachgemäßen Interpretation, an der er festhalte.
Grundlage
des Dialogs sei freilich nicht das, was trennt sondern das Größere, das verbinde.
Deshalb solle man nicht überlesen, was die Erklärung positiv über die evangelischen
Kirchen sagt. In der Erklärung werde nichts von den erreichten ökumenischen Fortschritten
zurückgenommen, sondern es werde vielmehr auf die verbleibende ökumenische Aufgabe
hingewiesen. Kasper wörtlich: „Diese Unterschiede sollten uns aufregen und nicht diejenigen,
die sie beim Namen nennen.“ Es handle sich also um eine dringliche Einladung zu einem
sachbezogenen weiterführenden Dialog.
(rv 11.07.2007 mc)Hier die Erklärung
im Wortlaut:
Die Erklärung der Glaubenskongregation – eine Einladung zum
Dialog Ein Statement von Kardinal Walter Kasper vom 11.07.2007
Die
Erklärung der Glaubenskongregation „Zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die
Kirche“ hat in raschen ersten Reaktionen bei evangelischen Christen zu Irritationen
geführt. Eine ruhige zweite Lektüre wird zeigen, daß das Dokument nichts Neues sagt,
sondern die schon bisher vertretene Position der katholischen Kirche in knapper Zusammenfassung
darlegt und erläutert. Deshalb ist keine neue Situation entstanden und auch kein sachlicher
Grund zu Empörung oder ein Anlass sich brüskiert zu empfinden gegeben. Jeder Dialog
setzt Klarheit über die unterschiedlichen Positionen voraus. In diesem Sinn waren
es gerade evangelische Partner, die in letzter Zeit einer Ökumene der Profile das
Wort redeten. Wenn nun die Erklärung das katholische Profil darlegt und ausspricht,
was uns aus katholischer Sicht leider noch immer trennt, dann hindert dies nicht den
Dialog sondern fördert ihn.
Eine sorgfältige Lektüre des Textes macht deutlich,
daß das Dokument nicht sagt, die evangelischen Kirchen seien keine Kirchen, sondern
sie seien keine Kirchen im eigentlichen Sinn, d.h. sie sind nicht in dem Sinn Kirchen
wie die katholische Kirche sich als Kirche versteht. Das ist für jeden auch nur halbwegs
Unterrichteten eine pure Selbstverständlichkeit. Denn die evangelischen Kirchen wollen
gar nicht Kirche im Sinn der katholischen Kirche sein; sie legen Wert darauf, ein
anderes Kirchen- und Amtsverständnis zu haben, das Katholiken wiederum nicht für das
eigentliche halten. Hat nicht das jüngste evangelische Dokument über Amt und Ordination
etwas Ähnliches getan und in der Sache behauptet das katholische Kirchen- und Amtsverständnis
sei aus evangelischer Sicht nicht das eigentliche?
Wenn ich nach der Erklärung
„Dominus Jesus“ formulierte, die protestantischen Kirchen seien Kirchen anderen Typs,
so war dies nicht – wie einige Reaktionen von evangelischer Seite vorauszusetzen
scheinen – ein Gegensatz zu der Formulierung der Glaubenskongregation sondern der
Versuch einer sachgemäßen Interpretation, an der ich festhalte. Das um so mehr als
Katholiken nach wie vor von evangelischen Landeskirchen, von der EKD als der Evangelischen
Kirche Deutschlands, von der VELKD als der Vereinigten evangelisch lutherischen Kirche
Deutschlands, von der Church of England usw. sprechen. Die Erklärung der Glaubenskongregation
tut nichts anderes als daß sie zeigt, daß wir dabei das eine und selbe Wort Kirche
nicht völlig in demselben Sinn gebrauchen. Eine solche Feststellung dient der Klarheit
und damit dem Fortschritt des Dialogs.
Grundlage des Dialogs ist freilich
nicht das, was uns trennt sondern das Größere, das uns verbindet. Deshalb sollten
wir nicht überlesen, was die Erklärung positiv über die evangelischen Kirchen sagt,
nämlich daß Jesus Christus in ihnen zum Heil ihrer Glieder wirksam gegenwärtig ist.
Das ist im Blick auf die Vergangenheit keineswegs eine selbst-verständliche Aussage;
sie schließt die Anerkennung der Taufe ein und – bei allen wichtigen bestehenden Unterschieden
– nach dem II. Vatikanum auch eine Reihe von positiven Aussagen über das evangelische
Abendmahl (Ökumenismusdekret, 22). So wird in der Erklärung nichts von den erreichten
ökumenischen Fortschritten zurückgenommen sondern auf die ökumenische Aufgabe hingewiesen,
die noch vor uns steht. Diese Unterschiede sollten uns aufregen und nicht diejenigen,
die sie beim Namen nennen. Das letztere ist vielmehr eine dringliche Einladung zu
einem sachbezogenen weiterführenden Dialog.