Die geteilte Stadt
Jerusalem könnte zum Ausnahmefall des internationalen Rechts werden. Das hat der frühere
Vatikandiplomat Kardinal Jean-Louis Tauran vorgeschlagen. Tauran, den der Papst vergangene
Woche zum Präsidenten des Rates für den interreligiösen Dialog ernannt hat, äußerte
sich bei einer Tagung in Rom zu den politischen Beziehungen Israels mit den Ländern
Europas.
„Jerusalem ist ein symbolischer Ort, und es gibt hier zwei Probleme:
ein politisch-territoriales Problem – also zu wissen, ob Jerusalem die Hauptstadt
bloß eines Staates oder zweier Staaten sein soll – und ein spirituelles Problem über
das Statut der Heiligen Stätten der drei Religionen Judentum, Christentum und Islam.
Die Anwesenheit dieser Heiligen Stätten verleiht Jerusalem einen heiligen und einigenden
Charakter. Die Heiligkeit müssen wir für die Zukunft schützen, und die Einigkeit sollte
Gegenstand eines Spezialstatutes werden, das international geschützt ist.“
Der
Heilige Stuhl bemüht sich Tauran zufolge, mit Blick auf den Nahen Osten stets neutral
zu bleiben. Da seine Macht moralischer und religiöser Art sei, stütze sich der Heilige
Stuhl auf die immer gleichen Prinzipien.
„Aus meiner Sicht sind es vier
Prinzipien: Erstens, die Päpste wollten immer überparteilich bleiben und so eine höhere
Instanz als mögliche Anlaufstelle für alle Konfliktparteien sein. Zweitens: Der Heilige
Stuhl als Subjekt internationalen Rechts und moralischer Natur wollte niemals technische
Lösungen vorschlagen, sondern hat eher versucht, solche zu begünstigen. Das dritte
Prinzip erkennt die legitimen Rechte sowohl der Israelis als auch der Palästinenser
auf einen eigenen Staat an. Denn für den Heiligen Stuhl handelt es sich um ein Problem
des internationalen Rechts. Und viertens, der Heilige Stuhl vergisst niemals die Anwesenheit
christlicher Gemeinden in Israel und Palästina und hat immer ihre Rechte verteidigt,
besonders jene auf Gewissens- und Religionsfreiheit.“ (rv 04.07.2007 gs)