Einen Appell für den Weltfrieden sah Benedikt XVI. als seine Pflicht an, beim Angelus
vor San Francesco. „Die Waffen sollen schweigen und überall Hass der Liebe weichen.“
Hier die Ansprache im Wortlaut:
Vor 800 Jahren hätte sich Assisi wohl schwer
vorstellen können, welche Rolle die Vorsehung ihr zugedacht hatte, eine Rolle, die
eine Stadt heute in der Welt so berühmt macht, einen wahrhaft beseelten Ort. Das,
was sich hier ereignet hat, macht diesen Charakter, hat ihr ein unauslöschliches Zeichen
eingebrannt: Die Bekehrung des jungen Franziskus, der nach 25 Jahren eines ausschweifenden
und träumerischen Lebens, ganz aus auf die Suche nach irdischen Freuden und Erfolge,
sich der Gnade öffnet, zu sich selbst kommt und nach und nach in Christus das Ideal
seines Lebens erkennt. Meine Pilgerfahrt heute nach Assisi will dieses Ereignis wieder
in Erinnerung rufen, um seine Bedeutung und seine Wirkung wieder lebendig zu machen. … In
diesem Augenblick, von der Basilika San Francesco aus, wo seine sterblichen Überreste
liegen, will ich mir seinen Lobpreis zu eigen machen: „Erhabenster, allmächtiger,
guter Herr, dein sind der Lobpreis, die Herrlichkeit und die Ehre und jegliche Benedeiung.“
(Sonnengesang 1: FF 263). … Von dieser Stadt des Friedens aus habe ich das Verlangen,
eine Gruß an die Vertreter der anderen christlichen Konfessionen und der anderen Religionen
zu senden, die 1986 die Einladung meines Vorgängers angenommen hatten, hier, in der
Heimat des Heiligen Franziskus, einen Welttag des Gebets für den Frieden zu begehen.
Ich betrachte es als meine Pflicht, von hier aus einen dringlichen und sorgenvollen
Appell zu lancieren, dass alle bewaffneten Konflikte, die die Erde mit Blut tränken,
ein Ende haben; die Waffen sollen schweigen, und überall weiche der Hass, der Liebe,
der Angriff der Vergebung und die Zwietracht der Einheit! Wir fühlen geistig hier
die Anwesenheit aller, die weinen, leiden und sterben wegen des Kriegs und seiner
tragischen Folgen. Unser Gedenken geht besonders in das Heilige Land, vom Heiligen
Franziskus so sehr geliebt, in den Irak, den Libanon, den ganzen Nahen und Mittleren
Ostern. Die Bevölkerung dieser Länder kennt schon viel zu lange die Schrecken der
Kämpfe, des Terrorismus, der blinden Gewalt, kennt die Illusion, dass die Gewalt Konflikte
lösen könne und die Weigerung, die Argumente der anderen zu hören und ihnen Recht
zu verschaffen. Nur ein verantwortungsvoller und aufrichtiger Dialog, unterstützt
durch den großherzigen Beitrag der Internationalen Gemeinschaft, kann solch großem
Schmerz ein Ende bereiten und den Menschen, den Institutionen und den Völkern wieder
Leben und Würde geben.
Der Heilige Franziskus, Mann des Friedens, erwirke uns
vom Herrn, dass die zahlreicher werden, die bereit sind, sich zu „Werkzeugen seines
Friedens“ zu machen - durch die tausend kleinen Gesten des täglichen Lebens. Er erwirke
uns vom Herrn, dass die, die Verantwortung tragen, von einer leidenschaftlichen Liebe
zum Frieden beseelt werden und einem unbezwingbaren Willen, ihn zu erreichen. Die
Heilige Jungfrau, die der Poverello mit zärtlichem Herzen liebte und ihr Lobpreis
sang, helfe uns, das Geheimnis des Friedens im Wunder der Liebe zu erkennen, das sich
in ihrem Schoß in der Fleischwerdung des Gottessohnes erfüllt hat.