Toleranz, Demokratie,
Minderheitenrechte, und wie unterschiedlich sie in Christentum und Islam gesehen werden
- darum ging es jetzt bei einer internationalen Konferenz in Wien. Bei der von der
Stiftung "Pro Oriente" und der Universität Wien organisierten Tagung habe man sich
inhaltlich nichts geschenkt, sagt "Pro Oriente"-Präsident Johannes Marte. Probleme
der Minderheiten seien offen ausgesprochen worden - ein guter Ausgangspunkt für künftige
Gespräche. Der koptische Christ Adel Guindy aus Ägypten beklagte auf der Tagung
die Lage seiner Glaubensbrüder in Ägypten. Guindy ist Publizist und Politologe; er
lebt mittlerweile in Frankreich. Solange es im Islam keine Trennung von Politik und
Religion gibt, werde sich an der dramatischen Situation für die christlichen Minderheiten
nichts zum Besseren wenden, so Guindy. In Ägypten sei die Lage für die christliche
Minderheit heute sogar schlechter als vor hundert Jahren. Christen würden von Muslimen
einfach nicht als gleichberechtigt anerkannt, Zugeständnisse würden als "Geschenk"
angesehen, von einem Rechtsanspruch könne keine Rede sein. Letztlich stütze die Rechtsordnung
sogar die Diskriminierung. Joseph Yacoub, ein chaldäischer Christ, der in Lyon
lebt und an der örtlichen Universität unterrichtet, warnte vor einer Pauschalverurteilung
des Islam. "Feind" sei lediglich der Fundamentalismus. Dieser habe aber inzwischen
etwa im Irak dazu geführt, dass das Christentum tatsächlich "im Sterben liegt". Yacoubs
These, dass alle Probleme der christlichen Minderheiten in der muslimischen Welt letzten
Endes auf das Fehlen demokratischer Zustände zurückzuführen seien, wurde von den Tagungsteilnehmern
grundsätzlich geteilt. Demokratie müsse aber mehr beinhalten als bloß das Recht, bei
Wahlen seine Stimme abzugeben. Demokratie bedeute vielmehr eine freie, tolerante Gesellschaft,
in der die Menschenrechte weitgehend verwirklich sind. Wenn dies nicht der Fall sei,
könnten bloße Wahlen - wie das Beispiel Irak zeigt - für Minderheiten fatale Folgen
haben. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung sprechen sich die Konferenzteilnehmer
für die Intensivierung des interreligiösen und kulturellen Dialogs aus.