2007-06-05 17:10:35

Dossier: Der Dialog mit den Muslimen


RealAudioMP3 Die evangelische Kirche hat in den kritischen Punkten beim Dialog mit den Muslimen in Deutschland katholische Rückendeckung. Im Diskurs um eine Handreichung der EKD hatte der Koordinierungsrat der Muslime der evangelischen Kirche zuvor „Profilierung auf Kosten der Muslime“ und „Angstmacherei“ auf beiden Seiten vorgeworfen. Der Papst hatte diese Handreichung nach Worten des Evangelischen Ratsvorsitzenden Bischof Wolfgang Huber jedoch ausdrücklich gewürdigt.


Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, warnte jetzt vor dem „Diktat des Relativismus“:
„Es kann ja nicht erwartet werden, dass wir die Essentials, die wesentlichen Glaubensaussagen des Christentums, zurückführen auf eine allgemeine Religion, wobei dann der Islam meint, dass er sozusagen die Urreligion der Menschheit verkörpern würde. Da muss natürlich noch ein gewisser Abstand gefunden werden von sich selbst. Man muss doch auch lernen, mit dem Thema Gewissens- und Glaubensfreiheit umzugehen.“
Müller tritt entschieden für einen gemeinsamen christlichen Dialog ein. Von katholischer Seite gebe es den Kontakt zu anderen Religionen ja bereits über den Vatikan:
„So dass sich dann die Frage stellt, wie wir das konkret umsetzen für unser Verhältnis der katholischen Kirche in Deutschland.“
Entscheidungen seitens der Bischofskonferenz seien noch keine getroffen, so Müller, doch dass Dialog Not tut, stehe außer Zweifel: „Aber ich glaube nicht, dass wir jetzt einfach sozusagen in ein schon fahrendes Boot einsteigen, sondern wir werden da natürlich unsere eigenen Gesichtspunkte einbringen.“
Das Problem: Die evangelische Kirche sei eigenständig vorgegangen.
„Es gäbe ja auch noch die Möglichkeit, dass die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen als Dialogpartner eintritt, mit den Muslimen in Deutschland, denn das ist eine Zusammenfassung von vielen Christen, die über die katholische und evangelische Kirche hinausgehen.“
Unabdingbar: Der Dialog muss ein theologischer sein.
„Dieser Dialog muss sich ja unterscheiden von den staatlichen Initiativen wie der Islamkonferenz. Da geht es ja um die politische und gesellschaftliche Integration der Muslime. Wenn wir als Christen einen Dialog führen, müssen eher die theologischen Fragen im Mittelpunkt stehen. Es gibt da diese großen Themen: die Gottesfrage – haben wir den gemeinsamen Gott und ist dadurch der trinitarische Gottesglaube nur ein christlicher Sonderaspekt an einem allgemeinen Gottesglauben oder nicht vielmehr das Zentrum des christlichen Gottesglaubens, dann die Frage nach der Menschwerdung Jesu Christi und auch dem ganzen Leben der Kirche.“
Auch in einer eher theologischen Diskussion müsse die Frage nach der Religionsfreiheit gestellt werden, also die Frage nach den „religiösen Überzeugungen des persönlichen Wahrheitsgewissens im Verhältnis zu den gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen“.
Stichwort Gewalt:
„Natürlich ist für uns klar, dass der religiöse Akt, die innerste intime Beziehung zu Gott, dass das in keiner Weise mit Drohung und Gewalt in Verbindung gebracht werden kann. Denn der Glaube erschließt sich nur durch die Freiheit des Menschen, und ein erzwungener Glaube ist ein Widerspruch in sich selbst. Natürlich kann der Mensch durch körperliche Bedrohung gezwungen werden, dass er nach außen etwas anderes bekennt, als er innerlich glaubt. Aber für uns bedeutet eben Religionsfreiheit dass der innere Glaube und die entsprechenden äußeren Verhaltensweisen – in der Liturgie wie im ethischen und öffentlich-moralischen Verhalten – zusammen gehen müssen. Deshalb ist für uns eben Gewalt in Glaubensfragen auf jeden Fall auszuschließen.“
Der Regensburger Bischof kommt nicht umhin, auf die Universitätsrede des Papstes zu verweisen: „Der Heilige Vater hat ja auch diesen Dialog auf der Grundlage der Religionsfreiheit angemahnt. Die Reaktionen waren zuerst ja niederschmetternd, während dann weitere Reaktionen auch von Seiten hoher verantwortlicher Geistlicher oder Theologen von muslimischer Seite doch auch hoffen lassen, dass ein Gespräch auf einer friedlichen und wechselseitig sich respektierenden Grundlage stattfinden kann.“
Die Dialogpartner als solche sind für Müller auch nicht das Problem, sie hätten persönlich weniger mit Gewalt zu tun. Er hofft auf den positiven Einfluss: „Diese Menschen müssen dann auch bestärkt werden. Die anderen werden dann vielleicht auch beschämt beiseite stehen, wenn sie sehen, dass doch ein gutes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen in einer pluralistischen aber demokratischen und rechtsstaatlichen Gesellschaft möglich ist.“
Drehen wir den Spieß um: Was sagt der Bischof einer der ältesten katholischen Gegenden Deutschlands zum Umgang der Christen mit den muslimischen Mitbürgern? Stichwort Moscheestreit:
„Als Christen sind wir nicht daran interessiert, dass etwa der muslimische Gottesdienst unterbunden oder auch nur behindert wird. Natürlich muss das auch eingebunden sein in unsere allgemeine Kultur, so wie sie geworden und gewachsen ist. Deshalb müssen vielleicht auch die Muslime gewissen Einschränkungen nicht der Religionsfreiheit aber in der gebäudlichen Darstellung in Kauf nehmen. Es ist ja auch umgekehrt so, dass wir als Christen in muslimisch geprägten Ländern ja keineswegs nur den Anschein haben der Verwirklichung der Grundrechte. Aber es geht nicht darum, das gegeneinander aufzurechnen, sondern es geht darum, dass der Staat sich überall aus der Religion oder der Einmischung in religiöse Fragen zurückzieht. Das ist ein Ziel, das wir als Christen, aber auch als Bürger einer freien Gesellschaft auch weltweit verfolgen werden.“
(rv 05.06.2007 bp)







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