Die Säkularisation
konnte im Lauf der Geschichte ihre Unmenschlichkeit nicht verbergen. Das sagte Kardinalstaatssekretär
Tarcisio Bertone gestern bei einer Internationalen Tagung zum Thema „Christentum und
Säkularisation. Herausforderungen für die Kirche.“ Um politisch aktiv zu werden, um
sich für das Gemeinwohl einzusetzen, müsse der Mensch sich den fundamentalen Werten
öffnen, so Bertone: „Aus christlicher Sicht kommen die grundlegenden Werte von
Gott, von ihm der die Person und die Menschheit erschaffen hat, die Person nach dem
Ebenbild Gottes, die Menschheit nach dem Bild der Gemeinschaft der Dreieinigkeit.
Das heißt zweifelsohne nicht, dass Nicht-Gläubige, die grundlegenden Werte nicht leben
können. Aber ohne Gottesbezug verlieren diese Werte alle ihre Kraft. Aber die Kirche
will gemeinsam mit allen eine Welt aufbauen, die auf Gerechtigkeit und auf Solidarität
gründet.“ Den Säkularisierungstendenzen sei es nicht gelungen, die Religiosität
ganz aus der Gesellschaft zu drängen, betonte Bertone. Gerade bei den Jugendlichen,
der lebendigsten Kraft der Gesellschaft, sei Religion wieder auf dem Vormarsch. Aber
der Kardinalstaatssekretär räumt ein: Es gibt ein großes Kommunikationsproblem, sowohl
Missverständnisse als auch mangelnde Kommunikation als solche. „Wir wollen mehr
kommunizieren, wir wollen alle Medien einbinden. Wir versuchen die Vernunft des Glaubens
zu erklären und das, was der Glaube der Gesellschaft anbietet um zu ihrem Gemeinwohl
beizutragen.“ Deutschsprachiger Referent bei der internationalen Tagung an
der Europauniverisität in Rom: der Philosoph und emeritierte Münchner Professor Robert
Spaemann. Er warnte davor, jeglichen Wahrheitsanspruch aufzugeben. „Politisch
korrekt erscheint es vielen Menschen, dass jemand überhaupt keine Überzeugungen mehr
haben darf. Damit wird auch der klassische Begriff der Toleranz zerstört, weil Toleranz
bedeutet, Menschen respektieren mit Überzeugungen, die wir für falsch halten. Wenn
aber jetzt im Namen der Toleranz es nicht mehr erlaubt sein soll, Überzeugungen überhaupt
zu haben, dann ist ein Punkt erreicht, an dem eine offene Feindschaft zwischen Kirche
und einer sich so verstehenden Gesellschaft unvermeidlich ist.“ (rv 30.05.2007
bp)