Zentralafrikanische Republik: „Männer gingen von Haus zu Haus“
Der Chefankläger des
Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Luis Moreno-Ocampo, hat Ermittlungen
wegen Kriegsverbrechen in der Zentralafrikanischen Republik angekündigt. Dabei handele
es sich hauptsächlich um Vergewaltigungen in den Jahren 2002 und 2003, erklärte er
vergangene Woche in Den Haag. Einzelne Verdächtige nannte er nicht. Innerhalb von
fünf Monaten seien mindestens 600 Menschen vergewaltigt worden. Die Vorfälle ereigneten
sich während eines Konflikts zwischen dem damaligen Präsidenten Ange-Félix Patassé
und Rebellen nach einem gescheiterten Putschversuch des heutigen Präsidenten François
Bozizé im Oktober 2002. Unsere Kollegen von der französischen Redaktion haben bei
Bernadette Sayo Nzale nachgefragt. Sie ist Opfer der Gewalttaten und Präsidentin einer
Organisation, die sich für die Opfer einsetzt. Die Beschreibung der Gewalttaten ist
schrecklich:
„Die Männer gingen von Haus zu Haus, um dort die Frauen zu
vergewaltigen und umzubringen. Wir haben das gesehen, wir waren dort. Und nun, nachdem
alles vorbei ist, möchten wir die Wahrheit kennen. Die Gewalttaten fanden tagelang,
monatelang statt. Dennoch können wir öffentlich nicht sagen, dass wir bedroht wurden.
Ich habe später erfahren, dass es eine schwarze Liste gab. Darauf stand auch der Name
meines Mannes sowie Namen von anderen Personen. Sie haben meinen Mann umgebracht.
In meinem Haus haben sie alles durcheinander gemacht.“
Aus Sicherheitsgründen
musste Bernadette Sayo Nzale ihr Heimatland verlassen. Die Zentralafrikanische Republik
grenzt an den Tschad, den Sudan, die Demokratische Republik Kongo, die Republik Kongo
und Kamerun.
„Nachdem alles vorbei war, konnten wir dennoch nicht viel für
die Opfer machen. Wir haben aber die Opfer mit medizinisch-psychologischer sowie juristischer
Hilfe unterstützt. Damit haben wir allen bewiesen, dass es sich lohn, sich für Gerechtigkeit
einzusetzen. Aber wissen Sie, es gab sehr viel Druck und somit fand unser Projekt
ein Ende. Wir wissen aber nicht, wer dafür verantwortlich ist. Ich weiß nur, dass
die meisten der Opfer Analphabeten sind.“
Dennoch versucht Bernadette Sayo
Nzale mit positiven Erwartungen in die Zukunft zu blicken.
„Heute bin eine
erniedrigte Frau, die stigmatisiert ist. Aber was soll ich machen? Nicht an die Gerechtigkeit
glauben? Daher ist das Ziel unserer Organisation die Menschen in Zentralafrika zu
informieren und zu mobilisieren. Der Glaube ist das Erste, was mir geholfen hat und
mir heute noch weiterhilft. Wir müssen den Glauben haben. Ohne Glauben kann man nicht
weitermachen.“