Während der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft veröffentlicht Radio Vatikan monatlich eine Kolumne des deutschen
Botschafters beim Heiligen Stuhl, Hans-Henning Horstmann. Sein Thema diesmal: die
EU, der G8-Gipfel und die Verantwortung für Afrika:
Deutschland hat sich im
nationalen, und im internationalen Rahmen seit Jahrzehnten durch staatliche und nichtstaatliche
wirtschaftliche, finanzielle, kulturelle und politische Zusammenarbeit Afrika zugewandt.
Am 21. Mai 2007 hat Bundeskanzlerin Merkel verdeutlicht: „Uns liegt dieser Kontinent
am Herzen“. Im Mittelpunkt unserer Anstrengungen und Leistungen für den Nachbarkontinent
steht der Mensch. Wir wissen uns um die Dringlichkeit der Partnerschaft für und mit
Afrika mit dem Heiligen Vater und der Kurie einig: Papst Benedikt XVI. appelliert
an uns alle, in der Hilfe für diesen von Krieg, Armut und Krankheit geplagten Kontinent
nicht nachzulassen. Die Kanzlerin hat die Bundesministerin für Entwicklung und Zusammenarbeit,
Frau Wieczorek-Zeul als „persönliche Afrikabeauftragte der Bundeskanzlerin“ ernannt.
Wir wollen unsere staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika bis zum Jahr 2010,
also innerhalb von drei Jahren, verdoppeln. Die acht wichtigsten Industrieländer (G
8) hatten bereits vor zwei Jahren erklärt, die Hilfen für Afrika bis zum Ende des
Jahrzehnts auf 25 Mrd. Doller zu erhöhen – das wäre mehr als eine Verdoppelung im
Vergleich zum Jahr 2004.
Am 15. Mai 2007 hat in Brüssel die EU-Afrika-Troika
getagt. Ihr gehören der deutsche Vorsitz in der EU, der Hohe Beauftragte der EU für
die Außen- und Sicherheitspolitik, der für die Außenbeziehungen verantwortliche EU-Kommissar
und der Vorsitzende der Afrikanischen Union an. Diese Troika hat über einen Aktionsplan
für Afrika beraten, der auf einem EU-Treffen der Staats- und Regierungschefs mit der
Afrikanischen Union in diesem Jahr in Lissabon verabschiedet werden soll. Als konkrete
Ziele wurde vereinbart: Ausbau und Vertiefung der politischen Beziehungen, Förderung
von Frieden, Sicherheit, nachhaltige Entwicklung, Menschenrechte und nachbarschaftliche
Beziehungen in Afrika, gemeinsames Herangehen an die globalen Herausforderungen und
eine Intensivierung der Beziehungen der Zivilgesellschaften zwischen der EU und Afrika.
Europäer und Afrikaner werden sich gemeinsam Fragen der Zukunft, z.B. der Energiesicherheit,
des Klimaschutzes und der Sicherheit annehmen.
Von den 900 Millionen Afrikanern
leben 300 Millionen in menschenunwürdiger Armut. Den Kampf gegen Armut, d.h. insbesondere
durch Konfliktbeilegung und Krisenprävention werden wir genauso fortsetzen wie den
Kampf gegen HIV/Aids und für Gesundheit und Bildung. Wir verzeichnen die ersten Erfolge:
Afrika hatte in den Jahren 2003 bis 2006 ein wirtschaftliches Wachstum zwischen 4,6
und 5,9 Prozent. Vor kurzem tagte in Berlin ein Forum, bei dem Afrika als Investitionsstandort
präsentiert wurde.
Wirtschaftliches Wachstum trägt nur dann Früchte für die
Menschen, wenn die Regierungen in Afrika sozial verantwortliche Politik gestalten,
d.h. eine Politik, die sich dem Menschen zuwendet. Im Rahmen der neuen Partnerschaft
für afrikanische Entwicklung (Nepad) die seit dem G 8-Gipfel von 2002 im kanadischen
Kananaskies verwirklicht wird, hat good governance (gute Regierungsführung) eine erste
Priorität. Sie setzt sich für Demokratie, Menschenrechte und Frieden ein. Wir sehen
in vielen Staaten Afrikas gute, eigenständige Entwicklungen, z.B. in Ghana, in Mali
und in Tansania. Auf der anderen Seite bedürfen die Menschen z.B. im Sudan und in
Zimbabwe unserer besonderen Zuwendung. In Zimbabwe haben die Bischöfe in einem mutigen
und eindrucksvollen Hirtenbrief den Verfall der Rechtsstaatlichkeit und somit auch
der sozialen Ordnung hingewiesen. Die Europäische Union hat sich mit einem eindringlichen
Aufruf an die Führung von Zimbabwe gewandt. Die Bundeskanzlerin Merkel hat klar gestellt:
„Die Politik von Präsident Mugabe ist nicht akzeptabel.“
Für die Entwicklungen
in Afrika war und ist Europa mitverantwortlich. Deutschland und Papst Benedikt XVI.
stellen sich dieser Verantwortung und sehen Afrika als Partner und nicht als Almosenempfänger.
Für mich persönlich, der ich als Student und Diplomat in Afrika sein durfte, hat dieser
Kontinent neben seiner großen Weite und bisweilen überwältigenden Natur, die uns immer
wieder die Schöpfung nahe bringt, eine besondere Anziehungskraft: der afrikanische
Mensch. In den einfachsten Verhältnissen strahlt er voller Fröhlichkeit, Zuversicht,
gelassener Würde und einem unerschütterlichen, kraftvollen Glauben an unseren Schöpfer.
(Hans-Henning Horstmann)