Bischöfe planen Grundsatzdokument Die derzeit in Brasilien tagenden Bischöfe
Lateinamerikas planen ein kirchenpolitisches Grundsatzdokument, das am Abschluss ihrer
Fünften Generalversammlung stehen soll. „Wir werden dieses „Dokument von Aparecida“
verabschieden“, sagte ein Sprecher des Treffens gestern in Aparecida. Zu den Verfassern
gehören unter anderen der Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio,
der honduranische Kardinal Oscar Andres Rodriguez Maradiaga sowie der Leiter der vatikanischen
Kleruskongregation, Kardinal Claudio Hummes. Das Schlussdokument soll Orientierungen
für die Seelsorge in Lateinamerika enthalten und wird auf Grundlage der Verhandlungen
in den kommenden zwei Wochen entstehen, hieß es. Bei der letzten Generalversammlung
der Bischöfe in Santo Domingo wäre das Schlussdokument beinahe gescheitert. Erst nach
mehr als 5.000 Änderungsanträgen kam es zu Stande. (kna 17.05.2007 gs)
"Rede
läßt hoffen" Benedikt XVI. hat während der Brasilienreise die „Option für die
Armen“ „neu und vertieft christologisch“ begründet. Das betonte jetzt Franz Grave,
Vorsitzender der Bischöflichen Kommission Adveniat. Die Ansprache des Papstes zur
Eröffnung der V. Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik nähre
die Hoffnung auf konkrete Antworten zur Situation der Gesellschaft in Lateinamerika.
Der Essener Weihbischof begrüßte es, dass der Papst die Soziallehre der Kirche als
eines der wichtigsten Instrumente aufgezeigt habe, um die Option für die Armen zu
leben und die Probleme der Gesellschaft anzugehen. Adveniat sei daher mit seinen Projekten
in Lateinamerika, die stets in Zusammenarbeit mit kirchlichen Partnern laufen, gut
verankert. Grave ist nach der Teilnahme an der Eröffnungssitzung in Aparecida nach
Chile und Ecuador weitergereist. (pm 16.05.2007 bp)
Kardinal Erdö in
Aparecida
Auf Einladung des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM nehmen
an der Bischofsversammlung in Aparecida auch Bischöfe aus Europa teil. Ein Austausch
sei nötig und möglich, sagt der Präsident des Rates der europäischen Bischofskonferenzen
(CCEE), der Ungar Peter Erdö. Denn die Probleme seien gar nicht so verschieden: „Wie
überall in der Welt herrschen Säkularisierung und der Verlust einiger Werte, nicht
nur christlicher, sondern auch solcher, die auch zur Zeit der Aufklärung als menschlich,
als natürlich galten. Ich würde sagen, dass die so genannte dritte Generation der
Menschenrechte mitunter die erste Generation dieser grundlegenden Rechte verändert,
bzw. deren Sinn: z.B. das Recht auf Leben oder alle Fragen rund um die Familie. Wir
erleben einen anthropologischen Wandel - und der bedeutet auf der einen Seite, dass
die Kultur des geschriebenen und gesprochenen Wortes ihren Platz einer Kultur der
Umgangssprache, der Bilder und Symbole zu überlässt. Deshalb müssen natürlich auch
wir alle diese Möglichkeiten nutzen, die uns zum Beispiel die Massenmedien bieten,
aber auch die Möglichkeiten dieser großen internationalen Treffen. Gleichzeitig
müssen wir aber auch für die Kultur des Wortes kämpfen. Wir bringen das Wort Jesu
Christi, er hat uns nur einige symbolische Zeichen gegeben, er hat uns eine Lehre
überlassen, die müssen wir weitertragen. Wir müssen auch die menschliche Fähigkeit
einfordern, logisch zu argumentieren.“ Erdö selbst wolle während der Bischofsversammlung
in Aparecida sich kurz zu Wort melden. Vor allem wolle er die Solidarität mit dem
großen Kontinent Lateinamerika und seinen Bischöfen zum Ausdruck bringen. „Dann
werde ich ein wenig nach den Grundlagen für diese besondere Solidarität suchen, denn
wir haben besondere Gründe, uns verbunden zu fühlen. Der Begriff „Europa“ ist ein
Kulturbegriff und die Kultur basiert auf besondere Weise auf dem christlichen Glauben.
Auch der Begriff „Lateinamerika“ ist das Resultat der missionarischen Arbeit. Die
Länder Westeuropas helfen seit vielen Jahren auch auf materielle Weise; sie haben
die Absicht, diese Arbeit fortzusetzen, ungeachtet eventueller wirtschaftlicher Schwierigkeiten
in einigen Ländern. Diese Absicht spiegelt sich auch in der Anwesenheit verschiedener
Verantwortlicher aus dem caritativen Bereich wider.“ (rv 16.05.2007 bp)
"Papst
warnt vor Zersplitterung" Vertreter der indigenen Volksstämme in Lateinamerika
haben einzelne Passagen aus der Rede Benedikts XVI. vor den Bischöfen Lateinamerikas
und der Karibik kritisiert. Der Papst hatte am Sonntag Abend gesagt: „Die Verkündung
Jesu und des Evangeliums brachte in keinster Weise eine Entfremdung der vorkolumbianischen
Kultur mit sich, auch nicht die Besetzung oder Auferlegung durch eine fremde Kultur.
… In der letzten Instanz ist es die Wahrheit, die verbindet - und ihre Bewährung ist
die Liebe. Aus diesem Grund ist Christus … die im Herzen der Kulturen ersehnte Antwort,
die ihnen ihre letztendliche Identität verleiht, die Menschheit vereint; aber gleichzeitig
den Reichtum der Vielfältigkeit respektierend an dem Wachstum der wahren Menschlichkeit,
diesem wahrhaftigen Prozess teilhaben lässt.“ Der Adveniat-Geschäftsfüher Bernd
Klaschka versucht eine Einordnung: „Wenn das so von den indigenen Bevölkerungen
bzw. von Vertretern aufgenommen wird, ist das für mich verständlich, denn auch die
Anwesenheit Gottes in den vorkolumbianischen Religionen erkennt die Kirche ja an.
Das hat sie ausdrücklich in Puebla ja auch getan, indem sie sagte, ,das Wort, der
Samen des Wortes Gottes, ist auch in diesen Religionen anwesend und entfaltet sich
zur Fülle in Christus.“ Die Wogen glätten könne - wie nach Regensburg - die katholische
Welt nun nur mit einem intensiven Dialog „und durch Gespräche, die die Position des
Papstes noch einmal verdeutlichen, aber auch die Position bzw. die Glaubenserfahrung
der indigenen Bevölkerung hier in Lateinamerika aufnehmen. Der Papst möchte vor einer
Zersplitterung warnen, denn es gibt ja hier in Lateinamerika mehr als 450 unterschiedliche
Kulturen. Und es hat ja auch durch die Begegnung der Kulturen mit dem Evangelium ein
Prozess statt gefunden, der zu einer Vereinheitlichung im Guten Sinn, oder zu einer
Einheit des Subkontinents führt, das möchte der Papst noch einmal stärker betonen.“ (rv/domradio
15.05.2007 bp)
Lombardi: "Ausgeglichene Rede" Benedikt XVI. hat es
geschafft, in seiner Ansprache an die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik den
pastoralen Ton mit der Nennung konkreter Aufgaben zu verbinden. Seine Rede sei zutiefst
genährt gewesen von der Gegenwart des Subkontinents. So kommentiert der Vatikansprecher
und Jesuitenpater Federico Lombardi die Worte des Papstes von Aparecida: „Die Ansprache
des Papstes war alles andere als eine spiritualistische Rede, ohne Bezug zur Realität.
Man hatte mit Spannung darauf gewartet, wie er mit dem christlichen Schlüssel den
Herausforderungen begegnen würde, welche die großen Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten
dieses Kontinents auslösen. Herausforderungen, denen man sich bis heute auf der Basis
verschiedener Ideologien genähert hat: des materialistischen Liberalismus auf der
einen, des Marxismus auf der anderen Seite. Der Papst hat in einer extrem ausgeglichenen
und tiefschürfenden Rede geantwortet. Er hat gut unterschieden zwischen dem Verkündigungsauftrag
der Kirche und dem direkt politischen Auftrag. Er hat zu verstehen gegeben, dass die
Kirche Werte vertritt, dass sie dem Menschen und der Realität die notwendige religiöse
Sicht verleiht; so werden Mensch und Welt nicht reduziert und rein materiell betrachtet;
so sucht man nicht nach Teillösungen, die negative Folgen nach sich ziehen. Werte
wie Liebe und Gerechtigkeit helfen auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit, helfen bei der
Suche nach Lösungen, die der Ganzheit des Menschen Rechnung tragen.“ (rv 15.05.2007
bp) "Kein Kreuzzug" Die Papstreise darf keineswegs als „Kreuzzug
gegen Sekten“ aufgearbeitet werden. Das betont der frühere Provinzial der Franziskaner
in Sao Paolo, Stefan Ottenbreit, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress.
Die katholische Kirche könne mit ihrem weitmaschigen Netz von Pfarreien die Kontaktaufnahme
mit den vielen Menschen auf Sinnsuche nicht bewerkstelligen. Die „Evangelikos“ hakten
da eben ein, erläuterte Ottenbreit den Erfolg der Sekten. (kathpress 15.05.2007
bp)
Telegramm zum Abschied Das Gastgeberland des Papstes solle im
„Konzert der Menschheitsfamilie“ zum Aufbau einer friedvollen Zukunft beitragen und
sich seinen Herausforderungen stellen. So Benedikt XVI. im Abschiedstelegramm an Präsident
Inazio „Lula“ da Silva. Das Volk solle seinen menschlichen und christlichen Werten
treu bleiben, die Teil des reichen kulturellen Erbes Brasiliens sein. (rv 14.05.2007
bp)
Papst beendet Brasilienreise
Papst Benedikt XVI.
hat in Sao Paolo am Sonntag Abend seine Lateinamerika-Reise beendet. Das Sonntagnacht
in Sao Paulo gestartetePapstflugzeug landete am Montagmittag gegen 12.30 Uhr auf dem römischen
Flughafen Ciampino. Von dort begab sich der Papst unmittelbar in seinen nahe gelegenen
Landsitz Castelgandolfo, um sich zu erholen. Verabschiedet wurde der Papst in
Sao Paolo vom brasilianischen Vize-Präsidenten; in seiner Abschlußrede sprach Benedikt
von "intensiven und unvergeßlichen Stunden", die er in Brasilien verbracht habe. Er
bedankte sich für "den Enthusiasmus und die Frömmigkeit" der Lateinamerikaner, denen
er begegnet sei. Der "Kontinent der Hoffnung" habe seinen Glauben an Christus und
seine Liebe zum Papst unter Beweis gestellt.
Unser Korrespondent, Dominikanerpater
Max Cappabianca, schickte uns aus Sao Paolo sein Resümee dieser Papstreise.
Es
lief besser als gedacht, wird sich auch mancher im päpstlichen Gefolge gedacht haben,
nachdem die Alitalia-Maschine den Flughafen von Sao Paulo verlassen hatte, um Benedikt
XVI. wieder nach Hause zu fliegen. Aber galt dieses positive Resümee nicht schon für
die erste Reise und die Begegnung Benedikts mit einer Million Jugendlichen beim Weltjugendtag
in Köln oder noch viel mehr für seine schwierige Reise in die Türkei? Benedikt kommt
auf seine Weise an – auch hier im temperamentvollen Brasilien, wo die Erinnerung an
den charismatischen Papst Johannes Paul II. noch sehr lebendig ist. Die Menschen
in Brasilien empfingen den Papst herzlich – und dieser zeigte sich zugänglich und
ließ sich immer wieder von der brasilianischen Fröhlichkeit anstecken. Gleichzeitig
signalisierte Benedikt in seinen Ansprachen Festigkeit in der Sache – das vermittelte
Sicherheit und ließ seine Wortmeldungen inmitten aller Verunsicherung zu einem Orientierungspunkt
werden. Spürbar war: dem Papst sind die Sorgen und Nöte der Menschen in Brasilien
und ganz Lateinamerika nicht gleichgültig, gleichwohl er selber noch zu Beginn der
Reise gesagt hatte, dass sein Pontifikat bisher eher von Problemen in anderen Teilen
der Welt geprägt gewesen sei, wie zum Beispiel im Nahen Osten. In Sao Paulo und Aparecida
wurde deutlich: Der Kontinent Lateinamerika – auf dem ein Drittel aller Katholiken
weltweit leben – liegt dem Papst am Herzen. Benedikt ging daher differenziert auf
die politischen, sozialen und wirtschaftlichen auf der einen Seite und auf die kirchlichen
Probleme auf der anderen Seite ein. Oppositionen vergangener Zeiten haben an Bedeutung
verloren: Es geht in Lateinamerika nicht mehr um links oder rechts innerhalb der Kirche.
Die Befreiungstheologie ist nicht mehr der vermeintliche Angstgegner konservativer
Kreise der vatikanischen Kurie, wie gerne von manchen dargestellt, die Option für
die Armen ist auch für den Benedikt XVI. in der Mitte des Glaubens angesiedelt. Es
geht um den Gottesglauben selbst: Und hier erscheint der ganz eigene Akzent des Theologenpapstes
aus Deutschland: Nur wenn die Substanz des Glaubens gewahrt bleibt, hat die Kirche
eine Zukunft. Sein Rezept ist daher nicht in erster Linie dieses oder jenes politische
Programm, sondern die Rückbesinnung auf den Kern christlicher Existenz. Nach dem
Besuch Benedikts ist ebenso klar, dass der Kampf gegen das grassierende Sektenproblem
keine Frage von Strategien ist, sondern von Glaubwürdigkeit: Die Bischöfe müssen ihre
Aufgabe als Hirten und Lehrer des Glaubens wahrnehmen, das sakramentale Leben als
Mitte kirchlichen Lebens schützen und die Laien dazu befähigen, Verantwortung zu übernehmen
und lauter als vielleicht bisher ihre Stimme in der öffentlichen Wertedebatte zu erheben.
Die Kirche muss den suchenden Menschen wirklich Heimat bieten und ihren missionarischen
Charakter wiederentdecken. Papst Benedikt bezog aber auch überraschend klar Stellung
zu politischen Fragen, zur Umweltpolitik im Amazonasgebiet, zur Drogenproblematik,
zur Notwendigkeit einer ethisch geleiteten Globalisierung und zum Demokratisierungsprozess
in den von früheren Diktaturen geprägten Ländern. Welche Wirkung wird die Reise
haben? Es steht zu hoffen, dass bei der Versammlung in Aparecida die versammelten
Bischöfe Lateinamerikas den Faden aufgreifen werden, einen innerlichen Reinigungsprozess
der Kirche initiieren und die Kräfte bündeln, damit die Christen auf dem „Kontinent
der Hoffnung und der Liebe“ der Kirche aus jener von Benedikt beschworenen geistlichen
Mitte heraus neue Vitalität verleihen. (rv 14.05.2007 mc)