2007-05-16 14:57:00

Vergessen, abgelehnt? Flüchtlinge aus dem Irak


Wohin mit den Flüchtlingen aus dem Irak? Fast 20 Prozent der Bevölkerung ist auf der Flucht, darunter viele Christen. Im Irak herrscht „Chaos“, wir brauchen einen „Internationalen Vermittler“, forderte jüngst der republikanische US-Senator Chuck Hagel. Die USA müsse sich aus der Irak-Krise zurückziehen, da sie von den Menschen vor Ort als Besatzungsmacht wahrgenommen werde und das Problem nur „verschlimmere“. Die Nachbarländer, insbesondere Syrien, Libanon und Jordanien, sind mit den Flüchtlingswellen überfordert. Der Menschrechtsexperte von missio, Otmar Oehring, ist vor wenigen Tagen von seiner Nahostreise zurückgekehrt. Oehring ist schockiert:

„Die Berichte, die die Christen mitbringen über ihr eigenes Schicksal, sind zum Teil sehr berührend, wobei das Wort berührend es im Grunde genommen gar nicht richtig ausdrückt. Ich selber war in dem Maß berührt, dass ich mir gesagt habe: Ich wäre an einem Tag, als ich sehr viele solcher Geschichten gehört habe, froh gewesen, ich hätte vom Irak noch nie was gehört und hätte mit der Sache eigentlich nichts zu tun. So schlimm waren die Geschichten. Da geht es also wirklich um ganz viele Tötungsdelikte, deren Opfer die Christen geworden sind, um ganz brutale Vertreibungen, um die Entführung von Kindern und Jugendlichen. Man hat also insgesamt den Eindruck, dass die Menschen, die aus dem Irak geflohen sind, sich eigentlich durchgehend in einem Zustand befinden, der normalerweise als posttraumatisches Stresssyndrom bezeichnet wird.“

 
Es falle den Flüchtlingen schwer, die richtigen Schritte einzuleiten, so Oehring, etwa sich registrieren zu lassen, sich an die Kirche vor Ort oder an das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen zu wenden. Viele schämten sich gar für ihre unverschuldete Lebenssituation, so Oehring, und fänden keinen Zuspruch:
 
„Das, was ich natürlich traurig finde – mehr als traurig: skandalös – das ist einfach, das die Kirchen, die nicht betroffen sind in diesen Ländern, einfach so tun, als ob dieses Problem nicht existieren würde. Also die chaldäische Kirche, die syrisch-katholische Kirche und natürlich dann auch die orthodoxen Kirchen tun eigentlich nach unserem Dafürhalten - zumindest was die Spitzen dieser Kirchen betrifft - nicht das, was sie wirklich tun sollten.“

Nach Ansicht des Menschenrechtlers Otmar Oehring müssten die Kirchenführer klarere Worte sprechen und auch die Politiker zur Verantwortung ziehen:

„Wir müssen versuchen, gemeinsam Lösungen zu finden, wir müssen dann natürlich auch gemeinsam mit der Regierung nach Lösungen für die Flüchtlinge suchen, wir müssen aber gleichzeitig auch über die Kirche in Rom versuchen, den notwendigen Druck, respektive die notwendige Ermutigung bei den Regierungen in der westlichen Welt zu bewirken, so dass auch dort die Länder in der Region stärker unterstützt werden. Gleichzeitig aber auch darüber nachdenken, ob man nicht in Amerika, in Kanada, in Australien, aber auch in den Ländern der Europäischen Union die Grenzen weiter öffnet... oder sie überhaupt öffnet, um Menschen die aus dem Irak geflohen sind, aufnehmen zu können.“ (rv 16.05.2007 sis)







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