Wenn Politiker durch
den Nahen Osten reisen, dann besuchen sie normalerweise Tel Aviv, Jerusalem und vielleicht
Ramallah. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat das bisher auch so
gemacht – aber bei seiner Tour durch die Region an diesem Wochenende wich er von der
üblichen Route ab: Zwischen politischen Gesprächen und Hintergrundinformationen besuchte
der Minister mit seiner Delegation die Bethlehemer Geburtskirche, die Brotvermehrungskirche
in Tabgha sowie die Ausgrabungen von Kapharnaum. Gabi Fröhlich war bei dieser ungewöhnlichen
Politiker-Tour am See Genezareth dabei:
„Sonntagmittag in Tabgha: Pater Jeremias,
Prior der deutschen Benediktiner an der Brotvermehrungskirche, erklärt dem Außenminister
die Bedeutung des biblischen Ortes. Steinmeier fragt immer wieder nach – man merkt,
dass er mit christlichen Themen vertraut ist. Schließlich ist der SPD-Mann über die
evangelische Jugendarbeit zur Politik gekommen und spricht bis heute regelmäßig auf
Kirchentagen. „Dies ist keine Pilgerreise“, betont Steinmeier – als Außenstehender
könnte man glatt auf die Idee kommen. Schließlich geht es gleich von Tabgha nach Kapharnaum,
zu den Ausgrabungen der Stadt Jesu, wie sie in der Bibel genannt wird. Und am späten
Nachmittag endet der Ausflug in den Norden Israels mit der klassischen Pilgerbootsfahrt
über den See Genezareth. Allerdings hört die Delegation dort nicht das Evangelium
vom Gang Jesu über das Wasser, sondern wird über die Wasserknappheit in der Region
informiert. Und schon ist der Nahostkonflikt wieder präsent. Für Steinmeier ist klar:
„Wir sollten nicht zu sehr darauf hoffen, dass Wunder in dieser Region geschehen.
Für die Wunder, die hier geschehen müssen, sind die politisch Verantwortlichen verantwortlich.
Und dafür müssen wir arbeiten.“ Dennoch hält der Minister die Arbeit der kirchlichen
Institutionen im Nahen Osten für ungeheuer wichtig. In den kirchlichen Schulen etwa
werde das Miteinander von christlichen und muslimischen Kindern in bewundernswerter
Weise gelebt, betont er. Und auch die Ordensleute mit ihren Pilgerhäusern hätten eine
Botschaft, die in Politik und Gesellschaft hineinreiche – so auch die Benediktiner
in Tabgha: „Überzeugt hat mich der Grundsatz, nach dem hier gelebt wird: „Ruht ein
wenig aus und rastet“ - das ist ein Grundsatz, den man all denjenigen zurufen möchte,
die an viel zu vielen internationalen Konflikten an der Eskalation beteiligt sind.“ Am
Samstag hatte Steinmeier Bethlehem einen ganzen Tag gewidmet und besuchte dabei auch
die Geburtsbasilika. Die Delegation übernachtete sogar einmal in Bethlehem – es war
das erste mal seit langem, dass ein deutsches Regierungsmitglied dort bei den Palästinensern
ins Hotel ging. Steinmeier wollte damit auch einen Anreiz für Touristen und Pilger
geben, die seit dem Bau der israelischen Sperranlagen der Geburtsstadt Jesu eher fern
bleiben. Außerdem versprach er den Bethlehemer Handelsleuten, sich für sie einzusetzen:
Statt nur von europäischen Subventionen zu leben, sollen sie in Europa ihren Christbaumschmuck
und ihre buntbestickten Stoffe besser verkaufen können. Solche politischen Entscheidungen
gingen für den Außenminister Hand in Hand mit den Besuchen an den Pilgerstätten im
Heiligen Land: „Zu wissen, dass auch für unser Geschäft ein wenig christliche Zuversicht
notwendig ist – und sich dieser Tatsache an so einem Ort zu vergewissern, ist schon
wichtig.“ (rv 07.05.2007 mg/gf)