2007-04-07 14:17:50

Kreuzweg: "Für das Sehen mit dem Herzen"


RealAudioMP3 Die Augen zu öffnen und mit dem Herzen zu sehen – das ist laut Papst Benedikt XVI. der tiefere Sinn des Kreuzwegs, mit dem Christen das Leiden und Sterben Jesu nachvollziehen. Gestern Abend betete der Papst den traditionellen Kreuzweg am römischen Kolosseum.

Zehntausende Menschen hatten sich mit brennenden Kerzen an dem antiken Amphitheater eingefunden, das als zeitlose Metapher blutigen Leidens gilt. Jugendliche aus China, Ecuador oder dem Kongo halfen dem Papst symbolisch, das Kreuz zu tragen. Benedikt übernahm es an der ersten und der letzten Station. Die Meditationen stammten in diesem Jahr aus der Feder des italienischen Bibelwissenschaftlers Gianfranco Ravasi. Jesus rufe allen Menschen die Pflicht in Erinnerung, von der Wahrheit Zeugnis zu geben, hieß es in seiner Betrachtung zur dritten Station:

„Dieses Zeugnis muss auch dann zum Ausdruck gebracht werden, wenn die Versuchung stark ist, sich zu verbergen, sich im Strom der vorherrschenden Meinung treiben zu lassen. Eine junge jüdische Frau, die in einem Konzentrationslager sterben musste, sagte: „Jedem weiteren Verbrechen, jeder weiteren Grausamkeit müssen wir ein weiteres Stück Liebe und Güte gegenüberstellen, das wir in uns selbst erobern müssen. Wir dürfen zwar leiden, aber wir dürfen nicht daran zerbrechen“.

Sie kamen zur Schädelhöhe; dort kreuzigten sie ihn, hieß es in der zehnten Station.
 „Unter jenem sterbenden Leib geht die Menge vorüber, die ein makabres Schauspiel „sehen“ will. Es ist das Abbild der Oberflächlichkeit, der banalen Neugier, der Suche nach starken Empfindungen, ein Bild, in dem man auch eine Gesellschaft wie die unsrige wiederkennen kann, in der Provokation und Ausschweifung fast als Droge dienen, um eine bereits abgestumpfte Seele, ein gefühlloses Herz, einen getrübten Verstand anzuregen.“
Christsein heißt indessen, für das Leid der anderen empfindlich zu sein, erinnerte Papst Benedikt in seiner kurzen abschließenden Betrachtung am Ende des Kreuzwegs.

„Unser Gott ist kein ferner Gott, unnahbar in seiner Glücksseligkeit. Unser Gott hat ein Herz aus Fleisch, er ist Fleisch geworden, um mit-leiden zu können, um uns in unserem Schmerz zur Seite zustehen. Bitten wir den Herrn, dass er uns ein Herz aus Fleisch gibt und uns zu Botschaftern seiner Liebe nicht nur mit Worten macht, sondern mit unserem ganzen Leben.“
(07.04.2007 gs)








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