Vatikan: Ravasi, Kreuzweg geht uns alle an

Heute Abend findet am römischen Kolosseum der traditionelle Kreuzweg mit dem Papst statt. Benedikt XVI. wird der Andacht persönlich vorstehen und an der ersten und der letzten der 14 Stationen das Kreuz tragen. In der Liste der Kreuzträger befinden sich in diesem Jahr unter anderem eine junge Katholikin aus China und zwei Franziskaner von der Kustodie des Heiligen Landes in Jerusalem. Die Meditationen verfasste der in Italien populäre Bibelwissenschaftler Gianfranco Ravasi, Präfekt der Bibliothek Ambrosiana in Mailand. Der Zuschnitt, den er den Meditationen über das Leiden und Sterben Jesu Christi gegeben hat, ist kontemplativ, sagt Ravasi.

„Der christlichen Theologie zufolge müssen wir Christus zutiefst als Bruder der Menschheit sehen. Vergessen wir nicht: Die Passion, wie die Evangelisten sie erzählen, gibt das gesamte dunkle Spektrum des Leidens wieder. Vom körperlichen Leiden über die Angst vor dem Tod, das Verlassenwerden durch die Freunde, den Verrat bis hin zu jenem letzten Moment des Schweigens Gottes. So wird Christus zu unserem Bruder auf allen Kreuzwegen, in allen Leiden der Menschheit, von denen ich einige in meinen Meditationen nenne.“

Unter anderem bezieht sich Ravasi in einem seiner Texte auf die Frauen, die Christus auf seinem letzten Weg begleiteten. Er erinnert an israelische und palästinensische Mütter und alle ihre Leidensgenossinnen in anderen Kriegsländern, an gedemütigte, vergewaltigte und genitalverstümmelte Frauen, an alleingelassene junge Mütter, an Witwen und von ihren Kindern verlassene Frauen.

„Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass Jesus der Sohn Gottes ist, sogar dann, wenn er in die Finsternis des Grabes steigt. Und eben weil er Sohn Gottes ist, hinterlässt er im Tunnel unseres Schmerzes und unseres Todes einen Funken, einen Keim der Ewigkeit, des Lebens, der Hoffnung – einen Funken von Ostern eben. Aus diesem Grund sind Leiden und Tod nach der Passion Jesu Christi anders als davor.“

Radio Vatikan überträgt den Kreuzweg am römischen Kolosseum heute Abend mit einem eigenen Kommentar ab 21.05 Uhr auf KW, 6.120 kHz, sowie im Internet über "Rete Celeste". Außerdem hören Sie uns über unsere Partnersender.
(rv 06.04.2007 gs)