Die Teilnehmer des Kongresses der EU-Bischofskommission COMECE haben Italiens Premier
Romano Prodi eine Botschaft an die in Berlin versammelten EU-Staats- und Regierungschefs
überreicht. Darin betonen sie die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit,
um aktuelle Probleme wie die Armut in Afrika, die Ausbeutung von Frauen und Kindern
sowie die Verletzung der Menschenrechte effektiv zu bekämpfen. Ebenso weist die römische
Erklärung auf die Verantwortung aller Staaten für die alarmierenden Klimaveränderungen
und deren Folgen hin. (rv 24.03.2004 ms)
Wir dokumentieren hier im Wortlaut
die “Botschaft von Rom“ des europäischer Kongress der COMECE „Werte und Perspektiven
für Europa - 50 Jahre Römische Verträge“.
Aus Anlass des 50. Jahrestages
der Unterzeichnung der Römischen Verträge trafen sich in Rom auf Einladung der Kommission
der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) vom 23. bis 25. März
2007 über 400 Delegierte aus Bischofskonferenzen, Ordensgemeinschaften, katholischen
Verbänden und Bewegungen sowie anderen christlichen Kirchen zu einem europäischen
Kongress unter dem Titel „Werte und Perspektiven für Europa - 50 Jahre Römische Verträge“.
Sie richten an die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen
Union, sowie den Präsidenten des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission,
die am 25. März 2007 aus gleichem Anlass zu einer feierlichen Sitzung des Europäischen
Rates in Berlin zusammen kommen, die nachstehende Botschaft.
1. Im Lichte
der Geschichte der Europäischen Gemeinschaften halten wir die Römischen Verträge für
einen wichtigen Schritt auf dem Weg einer Integration der europäischen Staaten und
Völker. Wir sind dankbar für die Anstrengungen vieler Vertreter unserer Völker für
den Frieden und zugunsten einer europäischen Wiedervereinigung, die jedoch noch nicht
vollendet ist. Aus den Verirrungen eines übersteigerten Nationalismus und totalitärer
Ideologien, die zu Krieg, Vernichtung und Freiheitsverlust führten, haben sie die
richtigen Lehren gezogen. Die Ergebnisse dieses halben Jahrhunderts sind im Bericht
„Ein Europa der Werte“ beschrieben, den der Kongress entgegen genommen hat. Es ist
unsere Aufgabe, den Aufbau Europas heute fortzusetzen, ohne zu vergessen, dass es
sich dabei um eine Jahrhundertaufgabe handelt. Unsere Vorfahren brauchten mehr als
hundert Jahre, eine neue Kathedrale für nur einige Menschen zu bauen; in 50 Jahren
haben wir eine neue „Kathedrale“ für alle Europäer gebaut.
2. Wir erinnern
daran, dass sich alle Mitgliedsstaaten, durch Unterzeichnung und Ratifizierung der
Römischen Verträge wie der folgenden europäischen Abkommen, freiwillig für den Integrationsprozess
entschieden haben. Heute, im März 2007, steht die Europäische Union wieder vor wichtigen
Herausforderungen. Sie müssen angenommen werden, um die Zukunft der Europäischen Union
zu gestalten. Sie muss eine internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Armut
vor allem in Afrika, der Ausbeutung von Frauen und Kindern und auch von Menschenrechtsverletzungen
entwickeln. Sie muss sich den Ursachen und Folgen des Klimawandels stellen. Dabei
gilt es, die Erfahrungen möglichst vieler Mitgliedstaaten der Union zu berücksichtigen.
Sie muss den gestiegenen Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Europäische
Union gerecht werden, eine Antwort auf die Globalisierung zu geben. Sie muss eines
angemessenen sozialen Schutz bewahren. Es wird immer dringender, den Bürgerinnen und
Bürgen weit entfernte und schwer durchschaubare politische Institutionen näher zu
bringen. All dies verlangt dringend danach, den eingeschlagenen Weg zu bekräftigen
und der Europäischen Union eine neue, umfassendere Begründung zu geben. Dies wird
es ermöglichen, ihre ursprüngliche Dynamik wieder zu finden. Auf diese Weise würden
viele junge Menschen Europas größter Reichtum werden.
3. Wir verfolgen mit
großem Interesse die Gespräche zwischen den Staats- und Regierungschefs, sowie den
Präsidenten des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission, die eine
einvernehmliche Lösung zur Überwindung der Phase des Nachdenkens in Europa zum Ziel
haben. Wir hoffen, dass eine institutionelle Lösung - wie auch immer sie aussehen
wird - die Menschenwürde und die sich daraus ableitenden Werte, wie die Religionsfreiheit
in all ihren Dimensionen, sicherstellt. Sie muss auch die institutionellen Rechte
der Kirchen und Religionsgemeinschaften schützen. Sie sollte außerdem ausdrücklich
das christliche Erbe dieses Kontinentes erwähnen. Im Dialog über und für das Gemeinwohl
aller Buerger tragen wir zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts bei. Dieser ist heute
für Europa sehr wichtig und notwendig.
4. Wir bestehen darauf, dass sich die
Europäische Union an den Werten und Prinzipien orientiert, die das europäische Einigungswerk
seit seinen Anfängen motiviert haben. Diese sind die Würde des Menschen, die Gleichberechtigung
von Mann und Frau, Friede und Freiheit, Wiederversöhnung und gegenseitige Achtung,
Solidarität und Subsidiarität, die Rechtstaatlichkeit, Gerechtigkeit und die Ausrichtung
am Gemeinwohl. Diese sind unverzichtbar, besonders im Licht einer Wiederkehr nationalistischer,
rassistischer, fremdenfeindlicher und egoistischer Tendenzen in unseren Ländern. Die
europäischen Institutionen sollten nur in den Bereichen ihrer Kompetenz tätig werden
und nicht in Bereichen nationaler Zuständigkeit. Wir fordern daher die Mitgliedstaaten
auf, im Rahmen ihrer demokratischen Gesetzgebung das Leben von der Empfängnis an bis
zu seinem natürlichen Ende zu achten und die Familie als die natürliche Verbindung
von Mann und Frau in der Ehe zu fördern. Die Achtung der individuellen bürgerlichen
Rechte darf nicht die Institution der Ehe und der Familie als Grundlage der Gesellschaft
untergraben.
5. In unseren Gemeinschaften, Vereinen und Bewegungen tragen
wir Christen mit unserem Einsatz dazu bei, jene Initiativen zu unterstützen, welche
die ursprüngliche menschliche Natur - nach Gottes Ebenbild geschaffen und in der Person
Jesu Christi offenbart - achten, und die daher wirkliche Versöhnung, Frieden, Freiheit,
Solidarität, Subsidiarität und Gerechtigkeit fördern. „Im Integrationsprozess des
Kontinents“, so Papst Johannes Paul II, „ist es von grundlegender Bedeutung zu berücksichtigen,
daß die Union keinen festen Bestand haben wird, wenn sie nur auf geographische und
ökonomische Dimensionen beschränkt bliebe; vielmehr muß sie vor allem in einer Übereinstimmung
der Werte bestehen, die im Recht und im Leben ihren Ausdruck finden.“ (Ecclesia in
Europa, 110).