2007-03-14 15:12:11

Die Befreiungstheologie und die Glaubenskongregation


Befreiungstheologie heißt eine Denkströmung, die in den 1960er und 1970er Jahren in Lateinamerika entstanden ist. In ihrem Mittelpunkt steht die „Option für die Armen“. Sie reagierte auf die politische und soziale Situation, auf Massenarmut und Korruption. Der Lateinamerikanische Bischofsrat CELAM erklärte 1968 die „Option für die Armen“ zum Maßstab seines Handelns. In den folgenden Jahrzehnten entstanden Tausende sozialpolitisch engagierter Basisgemeinden. Zu den bekanntesten Vertretern zählen die Brüder Leonardo und Clodovis Boff, der nicaraguanische Ex-Kulturminister Ernesto Cardenal, der 1980 ermordete salvadorianische Erzbischof Oscar Romero, der verstorbene brasilianische Bischof Dom Helder Camara und der Peruaner Gustavo Gutierrez. Dessen Buch „Teologia de la liberacion“ von 1971 gab der Bewegung ihren Namen.
Der Vatikan kritisiert vor allem, dass die Befreiungstheologen in ihrer Gesellschaftsanalyse auch marxistische Deutungsmuster gebrauchen.
Die Befreiungstheologie ist im Ursprung eine Theologie der Armen selbst. Die Basisgemeinden feierten Gottesdienst ohne Amtsträger. Ihre Vertreter verstehen sich nicht als Erfinder einer neuen Theologie sondern als Sprachrohr der Unterdrückten. Diese entdeckten in der Bibel ihr ureigenstes Thema wieder, die Befreiung aus jeder Form der Sklaverei, und leiteten daraus politische Folgerungen ab.
Seit dem Scheitern des Kommunismus in Europa hat das Medien-Interesse an der Befreiungstheologie weltweit abgenommen. Dennoch entwickelte sie sich weiter. Impulse finden sich unter anderem in der feministischen und in der indigenen Theologie sowie in ökumenischen Initiativen. Auch in Afrika und Asien wirkt die Befreiungstheologie nach. Der deutsche Fundamentaltheologe Elmar Klinger sieht in ihr weltweit die einzige Strömung, in der die Anliegen des Zweiten Vatikanums tatsächlich verwirklicht sind.


Die Glaubenskongregation wacht über die Einhaltung der kirchlichen Lehre. Die sei mit einer marxistischen Denkrichtung der Befreiungstheologie nicht vereinbar. Das stellte die wichtigste Kurienbehörde unter ihrem Präfekten Kardinal Joseph Ratzinger 1984 und 1986 in zwei Instruktionen fest. Sie warnte davor, diese missverstehe die Idee des Reichs Gottes, vergöttere die Politik und verrate den Glauben des Volkes zu Gunsten revolutionärer Projekte. Mehrere Theologen, darunter Leonardo Boff, erhielten Lehr- und Publikationsverbot. Papst Johannes Paul II. ernannte umgekehrt zahlreiche Bischöfe, die dieser politisch links gerichteten Theologie fern stehen. Aus kirchenrechtlichen Gründen maßregelte der Papst darüber hinaus jene katholischen Geistlichen, die - etwa in Nicaragua - als Minister in linken Regierungen mitwirkten.
Noch unter Joseph Ratzinger hatte die Glaubenskongregation im Jahr 2001 eine theologische Überprüfung der Schriften des Jesuiten Jon Sobrino begonnen, weil diese „Ungenauigkeiten und Irrtümer“ enthielten. 2004 übersandte die Vatikan-Behörde durch den Generaloberen der Jesuiten, Peter-Hans Kolvenbach, eine Liste bemängelter Aussagen an den Autor, auf die Sobrino 2005 mit Änderungen antwortete. Diese beträfen aber nicht die Substanz der strittigen Thesen, befand die Kongregation 2005. Die heute veröffentlichte Erklärung trägt die Unterschrift von Präfekt William Levada und das Datum vom 26. November 2006. Der Papst habe das Schreiben am 13. Oktober approbiert.
(rv/kna 14.03.2007 bp)








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