2007-03-13 15:02:44

Das neue Eucharistiedokument - eine Einschätzung


Prof. Markus Graulich ist Kirchenrechtler an der Salesianer-Universität in Rom und hat an der Bischofssynode über die Eucharistie im Herbst 2005 teilgenommen. Wir haben ihn um eine Einschätzung des Dokuments gebeten:
Papst Benedikt XVI. hat die Bischöfe und Priester zu mehr Gottesdienstkultur angehalten. Sie sollten "Achtung und Folgsamkeit" gegenüber dem Ritus zeigen. Breiten Raum nimmt das Wort "Schönheit"ein....

"Also ihm geht es nicht um schöne Liturgie, damit sie schön ist, sondern damit das Geheimnis, das da gefeiert wird, auch wirklich zum Ausdruck kommt. Das sagt er auch: Die Schönheit steht im Dienst des Geheimnisses, und die Schönheit der Feier und dass sie der liturgischen Normen angemessen sind, ist die erste Voraussetzung dafür, dass man diese „actuosa participatio“ der Gläubigen fördert, dass diese wirklich gerne daran teilnehmen."

Manche hatten die Wiederzulassung der Alten Messe erwartet.

"Er sagt in diesem Apostolischen Schreiben dazu kein Wort. Da ich ja nun die ganze Synode mitgemacht habe, kann ich bestätigen, dass das dem entspricht, was in der Synode passiert ist: Da hat diese Alte Messe keine Rolle gespielt. Die wurde von interessierten Kreisen gepusht und es wurde so getan, als hätte sie eine Rolle gespielt, aber de facto war das nicht der Fall, und deswegen kommt sie in dem Schreiben nicht vor."

Das heißt, Papst Benedikt verteidigt die "Neue Messe"?

"Speziell , was die Liturgiereform angeht, sagt er gleich am Anfang, wo er über die Entwicklung des Ritus spricht, dass diese Reform eine gute Reform war, dass sie Schätze birgt, die noch gar nicht gehoben sind, und dass auch alle Missbräuche, die beklagt werden, diese Reform nicht zerstören oder nicht geringer wertig machen, also dazu steht er ganz klar."

Viele Gemeinden können keine Eucharistie feiern, weil es nicht genug Priester gibt. Das wurde viel auf der Synode diskutiert. Hat der Papst hier eine Antwort?

"Für den Papst ist ganz klar, dass der Zölibat für die lateinische Kirche die Möglichkeit ist, das Priestertum zu leben. Und er sieht den einmal als Angleichung an den Lebensstil Jesu und als Zeugnis für das gefeierte Geheimnis. Also wenn wir in der Eucharistie die Ganzhingabe feiern, dann ist der Zölibat das Zeichen dafür, dass derjenige, der die Eucharistie feiert, sich mit seinem ganzen Leben hingibt, wie Christus, der eben die Eucharistie eingesetzt hat."

Insgesamt also eine eher spiritualisierende Sicht der Eucharistie?

"Nein! Nahezu der ganze dritte Teil beschäftigt sich mit dieser Frage „Eucharistie und Kultur“ und „Gerechtigkeit“. Dann spricht er die Sorge um die Gefangenen an, um die soziale Gerechtigkeit, um die Soziallehre, die Ökologie. Wenn wir in der Eucharistie Brot und Wein als Gaben der Schöpfung wieder darbringen und sie für die Feier der Liturgie verwenden, dann hat das auch einen Impetus für den Schutz der Schöpfung. Oder wenn die Gerechtigkeit dort verkündigt wird, hat das Auswirkungen auf unseren Gerechtigkeitssinn. Und wenn wir hören, die Selbsthingabe Christi für alle Menschen, dann stößt uns das an zum Einsatz für die Würde des Menschen und des Friedens. Das ist also schon sehr stark in dieser Bezeugung der Eucharistie drin."

Nun wird ja in dem Schreiben noch einmal klar festgestellt, dass Wiederverheiratete nicht zur Kommunion dürfen....

"Das ist etwas, was sich für ihn ganz logisch aus dem ergibt, was er vorher gesagt hat. Und dann macht er ja zwei Bemerkungen, die mir sehr wichtig erscheinen. Die eine: Man muss sehen, ob nicht auch die kirchlichen Gerichte verstärkt feststellen können, dass eine erste Ehe nichtig war. Da sagt er den für einen Kirchenrechtler wie mich wunderschönen Satz, dass sich Pastoral und Kirchenrecht in der Liebe zur Wahrheit begegnen. Das finde ich eine klasse Formulierung, die wirklich auch weiterbringt, ohne dass er jetzt sagt, wir können die Unauflöslichkeit aufgeben. Aber wir müssen Strukturen zur Verfügung stellen – und das wurde auch während der Synode oft betont – oft fehlen die Gerichte oder es ist gar nicht bekannt, dass diese Möglichkeit existiert auf der einen Seite. Auf der anderen Seite: Die Verantwortung der Pfarrer und der pastoralen Mitarbeiter für die Ehevorbereitung: Dass man dazu beiträgt durch eine gediegene Vorbereitung das Scheiten zu verhindern oder auch mal die Eheschließung zu verschieben, bis die Eheleute so reif sind, dass sie die Ehe schließen können. Also er lässt es also nicht bei dem Verbot stehen, sondern begründet es gut und zeigt auch Wege auf, wie man die Situation als solche verhindern kann: Das ist schon sehr positiv."

In einem solchen postsynodalen Dokument greift der Papst die Diskussionen auf der Synode auf und gießt sie in ein abschließendes Schreiben. Wieviel „Ratzinger“ ist in "Sacramentum Caritatis“ drin?

"Ihm geht es einfach darum, dass die Eucharistie nicht irgendwas ist, nicht eine Feier der Gemeinde als Gemeinde. Sondern die Gemeinde feiert das, was ihr Christus als Zeichen seiner Hingabe und seiner Liebe hinterlassen hat, und er stellt es ja auch in den größeren Zusammenhang, dass nicht nur die Hingabe Christi sich verdeutlicht, sondern auch die Liebe des Vaters, die Sendung des Geistes: Es ist einfach das Sakrament der Liebe. Das ist schon seine Theologie."

Ihrer persönlichen Einschätzung nach: Welchen Impuls wird das Dokument gerade für die Kirche in den deutschsprachigen Ländern bringen? Der Papst spricht spricht in seinem Dokument viel von Anbetung...

"Diese Dimension der Anbetung, da glaube ich, dass in weiten Teilen der deutschen Kirche ein Nachholbedarf besteht, das hat schon sehr stark abgenommen. Es gibt wohl Zentren, auch gerade in den Klöstern, und in der Cityseelsorge manchmal bewusst Anbetungskirchen geschaffen werden. Aber das könnte an noch verstärken. Dann diesen Zusammenhang wieder herzustellen, auf den er sehr stark verweist, den er auch schon in „Deus Caritas est“ hatte, zwischen der Eucharistiefeier und dem Dienst am Nächsten, dass da zwei Dinge sind, die nicht verschieden sind, sondern dass das eine aus dem anderen hervorgeht und wieder dazu zurückführt."

(rv 13.03.2007 mc)








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