Der christliche Glaube
ist nach Überzeugung von Kardinal Karl Lehmann ohne das jüdische Erbe "nicht denkbar
und auch gar nicht lebensfähig". Der Dialog zwischen den beiden Religionen habe an
Tiefe und Reife gewonnen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz gestern
Abend in Mannheim. Er äußerte sich bei einer Veranstaltung im Rahmen der bundesweiten
christlich-jüdischen "Woche der Brüderlichkeit". Lehmann ging erneut auf die jüdischen
Reaktionen auf Vergleiche deutscher Bischöfe zwischen dem israelischen Sicherheitszaun
und dem Warschauer Getto ein. Die Bischöfe hätten ihre aus tiefer Betroffenheit gemachten
Sätze richtig gestellt. Er selbst habe diese sehr persönlichen Aussagen bedauert und
mit hochrangigen Vertretern des Judentums ausführlich darüber gesprochen, betonte
der Kardinal. Er wies erneut auf die bedrückende Lage der Palästinenser hin. Die Reise
der Bischöfe habe die Dringlichkeit einer baldigen Friedenslösung im Nahen Osten nachhaltig
vor Augen geführt. Der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz, Henry Brandt,
hat die Äußerungen katholischer Bischöfe zur Lage in den Palästinensergebieten als
"bedauernswertes Ereignis" bezeichnet. Solche Zwischenfälle dürften das Erreichte
aber nicht in Frage stellen, sagte Brandt gestern im Deutschlandradio Kultur. Die
katholische und evangelische Kirche hätten viel geleistet, um die Beziehung zum Judentum
neu zu definieren. Anstoß hatten zuvor die Äußerungen von Bischöfen erregt, die
während einer Pilgerreise ins Heilige Land die Lebenssituation von Palästinensern
in den Autonomiegebieten mit der von Juden in Gettos des Zweiten Weltkriegs verglichen
hatten. Es wurde erwartet, dass diese auch im internen Teil des Begegnungstreffens
zwischen Rabbinern und Bischöfen zur Sprache kamen, das am Montag in Mannheim im Rahmen
der "Woche der Brüderlichkeit" geplant war. Die umstrittenen Äußerungen seien nur
von zwei von 27 Bischöfen gemacht worden, betonte Brandt. Der Vorwurf des Antisemitismus
sei "wirklich total falsch am Platz". Insgesamt sei das Verhältnis zwischen Juden
und Christen in Deutschland eine "ziemlich gangbare Brücke". Dennoch müssten Menschen
von der Statur eines deutschen Bischofs ihr Vokabular sorgfältiger aussuchen. (agenturen,
domradio, kna 13.03.2007)