2007-03-11 15:46:43

D: Woche der Brüderlichkeit


Das „neue Verhältnis von Juden und Christen“ hat nach den Worten des römischen Kurienkardinals Walter Kasper als „Modell versöhnter Verschiedenheit“ einen besonderen Vorbildcharakter. Gerade heute könne es ein brauchbares und dringend notwendiges Modell dafür sein, wie religiös und kulturell verschiedene Menschen mit dem Hintergrund einer schwierigen Geschichte sich wieder versöhnen, schätzen lernen, in Frieden und oft sogar in Freundschaft zusammenleben könnten. Das sagte Kasper heute bei einer Veranstaltung der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Sie markierte den Start der diesjährigen „Woche der Brüderlichkeit“. Ihr Thema lautet diesmal: „Redet die Wahrheit“. Es greift den Titel eines am 11. September 2000 von mehr als 200 angesehenen Rabbinern und jüdischen Gelehrten zum gewandelten jüdischen Verhältnis verfassten programmatischen Artikels auf.

Für die katholische Kirche bedeute dieses Wort, dass das Recht des jüdischen Volkes auf das Land seiner Väter und „nicht nur die Existenz, sondern auch das Existenzrecht des Staates Israel“, anerkannt werde, sagte der Kurienkardinal. Ebenfalls erkenne die Kirche das Recht der dort seit Jahrhunderten lebenden Araber auf ein gesichertes, lebensfähiges, ihrer Menschenwürde entsprechendes eigenes Staatswesen an. In diesem Kontext bedeute das Wort auch, dass Jerusalem einen Status haben solle, der Juden, Christen und Muslimen einen rechtlich garantierten freien Zugang zu ihren heiligen Stätten und das Lebensrecht ihrer caritativen und schulischen Einrichtungen gewährleiste.

Die Aufforderung, die Wahrheit zu reden, sei nicht folgenlos. Auf beiden Seiten müsse die Geschichte aufgearbeitet werden. „Die Shoah zu leugnen oder sie auch nur zu minimalisieren, wie es leider geschieht – ist neues Unrecht an den Opfern und ist in Deutschland zu Recht unter Strafe gestellt“, sagte Kasper wörtlich. Geschichtliche Schuld, und sei es nur die Schuld der Unterlassung von Hilfeleistung, müsse anerkannt werden. Die katholische Kirche fürchte die Wahrheit nicht. Die immer wieder geforderte Öffnung der vatikanischen Archive sei im Gang und für den aus archiv-technischen Gründen noch nicht zugänglichen Teil „beschlossene Sache“.

Kardinal Kasper empfahl ausdrücklich, den Blick auf die Gegenwart und auf eine gemeinsame Zukunft zu richten. Juden und Christen verbinde die messianische Hoffnung „gegen alle schleichende und oft zynische Resignation, gegen alle bleierne Hoffnungslosigkeit, die meint, dass man doch nichts machen und nichts ändern kann“. Wer solle, so fragte er, die Fackel dieser Hoffnungswahrheit hochhalten, „wenn nicht Christen und Juden“. Das Judentum sei die Wurzel, in die das Christentum „eingepfropft ist und die es bleibend trägt“. So stünden Juden und Christen in einem religionsgeschichtlich einmaligen Verhältnis zueinander, das es sonst in der ganzen Religionsgeschichte nicht gebe.

(pm 11.03.07 sk)







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