Der Krakauer Kardinal
Stanislaw Dziwisz sieht die polnischen Katholiken nach der kommunistischen Unterdrückung
erneut als Opfer. Die Kirche leide zutiefst unter den Kollaborationsanschuldigungen
gegen Priester, sagte Dziwisz gestern Abend vor Journalisten in Rom. Menschen, die
unter dem sozialistischen Regime lebten, würden ungerechterweise nach heutigen Kriterien
beurteilt. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt der Krakauer Kardinal, dass sich hinter
dem Angriff vermutlich eine Attacke gegen den verstorbenen Papst Johannes Paul II.
verberge:
„Vielleicht möchten die Kritiker nicht die Johannes Paul II. selbst
angreifen, weil sie Angst haben vor der Reaktion der Bevölkerung. Deshalb greifen
sie die Kirche an, die immer treu war und zwar treu gegenüber der Nation, und die
immer das Volk verteidigt hat. Während der Diktatur war die Kirche der einzige Ort,
an dem noch Freiheit herrschte. Es gab dort die freie Meinungsäußerung. Und auch heute
noch ist die Kirche die gleiche geblieben. Daher kann man doch nicht die Kirche für
die Sünden des Regimes kritisieren.“
Dziwisz verwahrte sich erneut gegen
Vermutungen, dass auch Papst Johannes Paul II. im Vatikan von Informanten des polnischen
Geheimdienstes ausgehorcht worden sei. Es sei absurd zu behaupten, dass es um den
Papst herum Spione gab. Die Liebe zum verstorbenen Papst sei aber bei den Gläubigen
stark geblieben.
„Ich frage mich auch, wie es immer noch diese langen Schlangen
vor dem Grab von Johannes Paul II. geben kann. Doch diese Leute gehen nicht hin, um
einen Toten zu besuchen. Sie gehen hin, um ihn zu treffen und seine Botschaft wieder
aufzunehmen. Ich verstehe diese Menschen. Das Geheimnis dieser Verehrung ist die Liebe.“