Der Bischof von Augsburg, Walter Mixa, versucht, mehr Sachlichkeit in die heftige
familienpolitische Debatte in Deutschland zu bringen. Mixa hatte Pläne der Familienministerin
Ursula von der Leyen zu mehr Krippenplätzen scharf angegriffen. In der ARD-Talkshow
"Sabine Christiansen" meinte der Bischof, seine Äußerung, Frauen würden zu Gebärmaschinen
degradiert, sei aus dem Zusammenhang gerissen worden. "Ich wollte mit diesem Wort
ganz eindeutig eintreten für die Frau. Mir ist sehr wohl bewußt, dass es beruftstätige
Frauen gibt und geben muss. Mir ging es nur darum, auch zu sagen: Es kann ja nicht
nur sein wegen der Demographie, dass wir sagen, wir sind in Deutschland ein sehr kinderarmes
Land, und die Frauen sollen die Kinder zur Welt bringen, aber sie sollen dann möglichst
schnell auch wieder berufstätig sein... Ich bin der festen Überzeugung: Das muß der
Frau persönlich viel stärker überlassen werden." Mixa betonte, er sei nicht gegen
Kinderkrippen, ihm gehe es auch nicht um ein bestimmtes Weltbild, sondern um das Wohl
des Kindes. Der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet (CDU) hat derweil
die Schärfe und Polemik der Diskussion kritisiert. Deutschland sei bei den Krippenplätzen
Schlusslicht in Europa und müsse dringend mehr tun, um Eltern Wahlfreiheit zu gewähren.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, bedauerte
heute im Deutschlandfunk die Polemik der Debatte auf beiden Seiten. Er begrüßte die
Krippenoffensive der Bundesregierung; allerdings teile er mit Mixa die Einschätzung,
dass zu viel staatlicher Einfluss auf die Kindererziehung schädlich sein könne. Das
"Forum Deutscher Katholiken" hat sich hinter Mixas Kritik an der Familienministerin
gestellt. In einer Erklärung von heute weist es "alle Versuche der Politiker, die
den Bischöfen wie in Zeiten Bismarcks einen Maulkorb verpassen wollen", zurück. Der
Verband kritisiert auch eine Äußerung des SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, der in einem
Witz zu Lasten Mixas von einem "streunenden kastrierten Kater" gesprochen hatte. Das
sei eine Diffamierung "im Stil des Stürmers und Völkischen Beobachters". Beck beteuerte
hingegen, er habe Mixa gar nicht gemeint. Der Politiker stellte heute eine SPD-Initiative
vor, die Kindern ab 2010 ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf Ganztags-Betreuung
geben soll. Von der Leyen will die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder bis drei
Jahre in der kommenden Legislaturperiode auf 750.000 verdreifachen. Das würde einer
Betreuungsquote von rund 40 Prozent entsprechen. Die Kosten dafür bezifferte sie auf
drei Milliarden Euro jährlich, die auf Bund, Länder und Kommunen verteilt werden sollen.
Der Ausbau von Krippenplätzen ist nach Ansicht des Bundesverbandes Katholischer
Tageseinrichtungen für Kinder dringend geboten. Eltern müsse die Wahlfreiheit gegeben
werden, wie ihre Kinder unter drei Jahren betreut werden, sagte der Geschäftsführer
des Caritas-Fachverbands, Frank Jansen, heute in Freiburg. Dabei gehe es aber nicht
nur um die Betreuung, sondern auch um die Möglichkeit für Kinder, an dem Bildungsangebot
der Krippen teilzunehmen. Das sei vor allem für sozial benachteiligte Kinder wichtig,
damit deren Chancengleichheit gewahrt werde. (kna, agenturen, ard 26.02.07 sk)