Wie bei seiner mittlerweile
berühmten Vorlesung von Regensburg hat Papst Benedikt XVI. auch heute wieder über
das im Wortsinn spannende Verhältnis von Glaube und Vernunft gesprochen. Anlaß war
diesmal das Fest des heiligen Thomas von Aquin. Dieser biete mit seinem "Charisma
des Philosophen und Theologen", so meinte der Papst beim Angelus, "ein Modell für
die Harmonie zwischen Vernunft und Glauben, diesen Dimensionen des menschlichen Geistes,
die sich im Aufeinandertreffen und Dialog untereinander erst vollständig realisieren".
Thomas von Aquin habe gezeigt, dass die menschliche Vernunft atme: "Sie bewegt sich
also in einem weiten, offenen Horizont". Wenn der Mensch sein Denken aber auf Materielles
und experimentell Beweisbares reduziere, verarme er, "denn er verschließt sich damit
den großen Fragen über das Leben, sich selbst und Gott." Papst Benedikt wörtlich:
"Die Beziehung zwischen Glauben und Vernunft ist eine ernsthafte Herausforderung für
die derzeit dominierende Kultur der westlichen Welt... darüber habe ich kürzlich in
der Rede an der Uni Regensburg gesprochen." Die moderne Wissenschaft bringe viel
Positives mit sich, so Papst Benedikt; mit ihrer Fixierung allein auf das Beweisbare
setze sie der menschlichen Vernunft aber eine Grenze und führe zu einer "furchtbaren
Schizophrenie". Das Ergebnis sei ein Mix von "Rationalismus und Materialismus, Hypertechnologie
und ungebremstem Instinktleben". Es gelte, erneut eine Rationalität wiederzuentdecken,
die sich dem "Licht des göttlichen Logos" öffne. Vernunft und Glaube gehörten zusammen. Der
Papst verzichtete diesmal auf Zitate, die islamischen Zorn hervorrufen könnten; stattdessen
wies er darauf hin, dass Thomas von Aquin sich intensiv mit dem "arabischen und jüdischen
Denken" seiner Zeit auseinandergesetzt habe. Dadurch könne er geradezu als "Meister
des Dialogs mit anderen Kulturen und Religionen" gelten. Die "bewunderswerte christliche
Synthese von Vernunft und Glauben", die ein wertvolles Erbe des Westens sei, gehe
auf Thomas von Aquin zurück. Papst Benedikt erinnerte heute außerdem an den Welt-Lepra-Tag.
Er wünsche sich mehr Anstrengungen für die Pflege derer, die unter Lepra leiden -
für den Papst "nicht nur eine Krankheit, sondern eine soziale Plage". Die Kirche solle
sich im Einsatz für die Leprakranken den seligen Damian de Veuster zum Vorbild nehmen.
Auf deutsch sagte der Papst: "Einen frohen Gruß richte ich an alle Brüder und
Schwestern deutscher Sprache. Gott hat uns erschaffen, damit wir ihn preisen und anbeten
und damit wir die Menschen lieben, wie er sie liebt. So betet die Kirche im Tagesgebet
des heutigen Sonntags. Die Liebe möge all unser Handeln bestimmen und leiten. Denn
sie macht unser Tun wertvoll, und ohne sie hat nichts Bestand. Der Herr gebe uns Kraft,
daß wir seine Liebe weiterschenken und das Gute tun. Gottes Segen begleite euch alle
durch diese Woche!" (rv 28.01.07 sk)