Vermutlich wird Papst
Benedikt bald die Erlaubnis geben, die Eucharistie wieder häufiger im überlieferten
oder klassischen oder tridentinischen Ritus zu feiern. Es wäre aber völlig falsch,
wenn sich die Katholiken darüber in die Haare kämen, die einen voll Freude über diese
Rückkehr, die anderen voll Ärger. Der Papst will die alte Liturgie keineswegs allgemein
einführen oder dazu verpflichten. Er ist nur der Überzeugung, dass das Verbot dieses
klassischen Ritus nach dem Konzil der kirchlichen Tradition widerspricht, denn Riten
werden seiner Überzeugung nach zwar fortentwickelt, aber nicht einfach abgeschafft.
Es dreht sich bei dem Ganzen vor allem nicht ums Latein und um die Zelebration
mit Rücken zum Volk. Denn beides kann auch im neuen Ritus geschehen. Die genauen Unterschiede
zwischen dem alten und dem neuen Ritus sind minimal und fast überhaupt nicht zu erkennen,
wenn der neue Ritus – wie erlaubt und gewünscht - auf Latein gefeiert wird und sogar
mit dem Rücken zum Volk. Unser eigentliches Problem jedenfalls in Europa ist meines
Erachtens, dass Gläubige heutige Messfeiern manchmal zu banal finden, zu wenig vom
Mysterium geprägt – manchmal auch in den Riten zu beliebig. Daher wünschen sich vor
allem Christen mit Stilgefühl wieder mehr klassische Verbindlichkeit und das Mysterium.
Dahinter steht vermutlich auch eine Sehnsucht nach dem verbindlich hochstehend Europäischem.
Damals wusste man: eine katholische Messe wird von Lissabon bis St. Petersburg überall
gleich gefeiert. Man war vor Überraschungen sicher. Aber geben wir es zu: Millionen
haben damals nur brav und auch gläubig teilgenommen, aber fast nichts verstanden und
daher Rosenkranz gebetet. Nur deutsche Intellektuelle hatten den Schott, den es in
anderen Ländern nicht gab. Der Wunsch, die Messe aktiv und verstehend mitzufeiern,
ist gut und wichtig. Daher kommt es meines Erachtens heute nur darauf an, dass wir
Priester wieder lernen, das Mysterium richtig zu feiern, sodass Glaube, Herz und Verstand
gleichzeitig angesprochen werden. Wenn wir dann freilich einen Blick in die wachsenden
Kirchen Afrikas und Asiens werfen, dann ist die Frage nach der richtigen Messfeier
in Europa nur ein Nachhutgefecht. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass in den
jungen Kirchen sich jemand nach dem alten Ritus sehnt. (rv 26.01.07 sk)