2007-01-21 11:58:08

Kommentar: "Friede, Freude, Toleranz"


Der deutsche Ethiker Hans-Bernhard Wuermeling kritisiert Zürcher und Berner Initiativen zum Religionsunterricht. Wir dokumentieren hier seinen Text, den er uns zugänglich gemacht hat.
"Es ist 3 ½ Jahre her, daß man den Bibelunterricht in den Zürcher Primarschulen abgeschafft hat. Seither gab es deswegen Streit. 50.000 Unterschriften forderten die Wiedereinführung von „Biblische Gschichte“ - jetzt allerdings als nichtobligatorisches Fach. Nun hat der Regierungsrat dagegen ein obligatorisches Fach „Religion und Kultur“ vorgeschlagen. Darauf haben sich alle Fraktionen des Kantonalrates - teilweise geradezu begeistert - geeinigt. So soll es ab 2008 anstelle der Einführung in eine Religion für alle Zürcher Primarschüler einen Unterricht über Religionen (man beachte die Mehrzahl!) geben.
Die Kirchen glauben den Versprechungen der Kantonsregierung, daß das Christentum den Schwerpunkt des neuen Faches bilden werde. Sie scheinen darauf zu hoffen, ein alle verpflichtender Unterricht werde der Glaubensverbreitung dienen können.
Aber daran müssen Zweifel erlaubt sein. Ein Unterricht, an dem teilzunehmen der Staat verpflichtet, müsse wertneutral sein, sagen die Befürworter. Und ganz besonders zur Toleranz erziehen. Und der ethischen Schulung dienen. Da kommt es dann sehr darauf an, wer diesen Unterricht und wie erteilt. Die Verwaltung sagt, dafür kämen nur patentierte Lehrkräfte in Frage, demnach also keine Katecheten.
In jedem Falle werden sich die Kirchen darauf einrichten müssen, - auf welche Weise auch immer - neben der Schule und darüber hinaus für die Einführung der Kinder in die Religion zu sorgen. Denn schließlich kommt es nicht auf Wertneutralität und jedenfalls nicht zunächst auf Toleranz an, sondern auf die Vermittlung des Glaubens an die Gottgeschaffenheit und die Erlösung des Menschen. Sonst verflacht alles im Relativismus, etwa so wie in Bern, wo man jetzt ein Haus der Religionen baut, in dem sich der sogenannte religiöse Dialog womöglich in Diskussionen um das Einhalten von Feiertagen und Speisevorschriften in Hospitälern und Gefängnissen erschöpft, um den eigentlich religiösen Dialog zu vermeiden. Denn die Initiatoren dieses Hauses bezeichnen sich als nicht oder kaum religiös Gebundene, wollen offensichtlich nur Friedensbringer sein.
Von einem solchen Haus in riesigen Dimensionen, das Moscheen und Kirchen einschließt und sich über halb Jerusalem erstreckt, ist in der kurzen Erzählung vom Antichrist von Wladimir Solowjew die Rede. Das aber ist ein Haus des Teufels, der den Menschen mit verführerisch verpacktem Relativismus den Frieden verspricht - um den Preis der Wahrheit. Ob nicht den Zürchern und Bernern und uns allen, wenn wir Solowjew lesen, manche der gegenwärtigen schalen Friedensinitiativen etwas apokalyptisch unheimlich vorkommen? Darüber sollte man nachdenken!"
(rv 21.01.07 sk)








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