2007-01-19 11:42:13

EU: Lammert kritisiert Demokratiedefizit


Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft fühlt sich inspiriert durch die Haltung des Papstes bzw. des Vatikans zu Europa. Das sagte der Präsident des Deutschen Bundestags, Norbert Lammert, jetzt im Gespräch mit Radio Vatikan. Wörtlich meinte die protokollarische Nummer Zwei der Bundesrepublik mit Blick auf Benedikt XVI.: „Jedenfalls sehe ich sehr ähnliche grundsätzliche Überlegungen im Prozess dieser Selbstbesinnung der Europäischen Gemeinschaft, und ich hoffe umgekehrt – auch nach einem Gespräch, das ich selber mit dem Heiligen Vater im vergangenen Jahr in Rom führen konnte – dass er gerade diese Bemühungen der europäischen Gemeinschaft mit besonderer Sympathie verfolgt.“

Lammert kritisierte ein gewisses Demokratie-Defizit in der EU. „Die Modernisierung der Rahmenbedingungen der europäischen Gemeinschaft ist auch deshalb so dringlich geworden, weil es immer noch immer eine Schieflage gibt zwischen der Verlagerung von Zuständigkeiten aus den Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft und der demokratischen Legitimation dieser Entscheidungen durch die Gemeinschaft. Mit anderen Worten viele Zuständigkeiten sind aus den Mitgliedsstaaten, aus der Zuständigkeit der nationalen Parlamente an die europäische Gemeinschaft übertragen worden, werden dort aber noch nicht – schon gar nicht in vollem Umfang – vom europäischen Parlament wahrgenommen, sondern von der Gemeinschaft der Regierungen der Mitgliedsstaaten. Und dieses Demokratiedefizit ist aus grundsätzlichen Erwägungen, aus dem Selbstverständnis der Demokratieüberzeugungen der Mitgliedsstaaten nicht tolerabel und bedarf deswegen dringend einer Korrektur in Form einer Stärkung des europäischen Parlaments.“

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„Manches, was damals als ein gigantischer historischer Fortschritt empfunden wurde, nach jahrhundertlangen Rivalitäten zwischen Ländern, etwa zwischen Deutschland und Frankreich, wird inzwischen fast für eine Selbstverständlichkeit gehalten. Und deswegen wird die Mühsal in der Abbarbeitung täglicher Aufgaben stärker im öffentlichen Bewusstsein wahrgenommen, als der historsiche Fortschritt, der sich durch diese verlässliche und stabile Verbindung von Nationalstaaten in Europa für deren gemeinsame Sicherheit und deren gemeinsame Aussichten auf Wohlstand in Frieden ergibt.“

„Das 50jährige Jubiläum der Römischen Verträge ist eine besonders gute Gelegenheit, die Verbindung neu herzustellen zwischen den Anfängen dieser Gemeinschaft und ihren Zukunftsperspektiven. Und dass die Kanzlerin weit vor der Berliner Erklärung schon bei ihrem Antrittsbesuch als amtierende neue Ratspräsidentin vor dem europäischen Parlament keinen Zweifel daran gelassen hat, dass diese Gemeinschaft mehr ist als ein großer Markt und dass sie durch mehr zusammen gehalten wird als durch gemeinsame Handelsinteressen der Mitgliedsstaaten, das ist aus meiner Sicht ein willkommener Beitrag zu dem Prozess neuer Orientierung und einer neuen Selbstverständigung auf die eigentlichen Ziele dieser Gemeinschaft.

(rv 19.01.07 sk)







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